Wie Preise für ETFs zustande kommen
Neben Angebot und Nachfrage spielen auch Kosten und Handelszeiten eine Rolle
- Sie gehören seit ihrer Einführung im Jahr 2000 zu den neuen Lieblingen der Anleger, nicht nur in Deutschland, sondern rund um den Globus. Die Rede ist von börsengehandelten Indexfonds, auf Englisch „Exchange-Traded Funds“, oder kurz: ETFs, in die Anleger mittlerweile weltweit insgesamt 7737 Milliarden Euro (Stand: Ende 2020) gesteckt haben – Tendenz weiter steigend. Doch während ETFs mitunter als „das neue Sparbuch“bezeichnet werden, liegt die Preisfindung der Indexfonds für manchen im Unklaren.
Okay, für ETFs sprechen vor allem die günstigen Kosten. „Insbesondere die engen Geld-/Briefspannen zahlen sich für Anleger aus und senken ihre Orderkosten“, sagt Peter Smolny, Leiter des ETF-Handels an der Börse Stuttgart, an der aktuell 1675 Indexfonds gelistet sind. Tatsächlich können ETFs wie einzelne Aktien schnell und günstig über die Börse ge- und verkauft werden. In Stuttgart sind ausgewählte ETFs auf Dax, Euro Stoxx 50 und MSCI World in der Haupthandelszeit ohne Geld-/Briefspanne, sogenannte Spreads, handelbar. An den Börsen stellen Spezialisten oder sogenannte Designated Sponsors (auf Xetra) permanent Kauf- und Verkaufsangebote zur
Verfügung. Diese haben sich zur Einhaltung von Qualitätsstandards mit maximalen Spreads und handelbaren Mindestgrößen verpflichtet. Passen zwei Aufträge zusammen, kommt es zu einem Abschluss und es wird ein Preis festgestellt, bei manchen ETFs mehrmals in der Minute. Wie die Preise tatsächlich zustande kommen, ist freilich etwas tricky.
Denn anders als bei Aktien erfolgt die Preisbildung bei ETFs nicht überwiegend durch Angebot und Nachfrage. Neben dem Wert des Fondsvermögens spielen hier auch Faktoren wie Kosten oder Handelszeiten
eine Rolle. Aber kurzfristig betrachtet wird der Preis auch von der Marktlage beeinflusst. Zunächst beschränken sich ETFs darauf, einen Index wie den Deutschen Aktienindex Dax oder den Dow Jones abzubilden. Sie sind also passiv gemanagte Fonds, die keine aktive Wertpapierauswahl vornehmen. Das heißt, ETF-Anteile entwickeln sich immer genauso wie der Index, den sie abbilden – abzüglich der Kosten, die in Form von Transaktionskosten und Verwahrungsgebühr anfallen. Wer aber keine aktive Anlagestrategie wie Investmentfonds betreibt, benötigt auch kein teures Management. Daher zahlt man als Anleger für einen ETF deutlich weniger als 1,0 Prozent Verwaltungsgebühr pro Jahr auf den Depotwert. Bei aktiv gemanagten Investmentfonds liegt diese Quote zwischen 1,25 und 5,0 Prozent oder darüber. Hinzu kommt bei Letzteren oft ein sogenannter Ausgabeaufschlag in der Größenordnung von 1,0 bis 5,0 Prozent, der ganz oder teilweise von der Investmentfondsgesellschaft an die vermittelnde Bank abgeführt wird.
Einen ETF kann man sich wie einen Korb mit Wertpapieren vorstellen, dessen Börsenwert sich laufend verändert. In diesen Korb wird das Geld der Anleger eingezahlt, wofür diese im Umkehrschluss Anteile an dem ETF erhalten. Andere Einnahmen des Fonds wie Dividenden, Zinszahlungen oder etwa durch Wertpapierleihe fließen auch in den Korb mit ein. Kosten wie die Verwaltungsgebühr, Handelskosten, Quellensteuern oder Dividendenauszahlungen bei ausschüttenden ETFs fließen ab. Der Korb des Portfolios hat durch die Börsenbewertungen und den Barbestand einen Gesamtwert, der, geteilt durch die Anzahl der umlaufenden Anteile, den Preis je Anteil ergibt. Diesen Anteilspreis bezeichnet man auch als Nettoinventarwert, kurz NAV für „Net Asset Value“, der von Fondsanbietern einmal täglich veröffentlicht werden muss. Das gilt für alle öffentlich angebotenen Publikumsfonds – egal ob sie passiv oder aktiv verwaltet werden.
Für ETFs berechnen entweder die Börsen oder ein anderer Dienstleister während der Handelszeit den „indikativen Nettoinventarwert“, kurz iNAV. Dabei wird das Fondsvermögen anhand der Kurse der Einzelpositionen im Fonds-Portfolio ermittelt und die Barmittel des Fonds addiert. Das so berechnete Fondsvermögen geteilt durch die Zahl der im Umlauf befindlichen Fondsanteile wird minütlich veröffentlicht. Damit sind die börslichen Preise aktuell und transparent, ganz im Gegensatz zu denen einer Investmentfondsgesellschaft, die den NAV eines jeden Fonds nur einmal am Tag, und das auch noch auf Schlusspreisbasis des Vortags, bekannt gibt.