Lindauer Zeitung

Wie Preise für ETFs zustande kommen

Neben Angebot und Nachfrage spielen auch Kosten und Handelszei­ten eine Rolle

- Von Thomas Spengler

- Sie gehören seit ihrer Einführung im Jahr 2000 zu den neuen Lieblingen der Anleger, nicht nur in Deutschlan­d, sondern rund um den Globus. Die Rede ist von börsengeha­ndelten Indexfonds, auf Englisch „Exchange-Traded Funds“, oder kurz: ETFs, in die Anleger mittlerwei­le weltweit insgesamt 7737 Milliarden Euro (Stand: Ende 2020) gesteckt haben – Tendenz weiter steigend. Doch während ETFs mitunter als „das neue Sparbuch“bezeichnet werden, liegt die Preisfindu­ng der Indexfonds für manchen im Unklaren.

Okay, für ETFs sprechen vor allem die günstigen Kosten. „Insbesonde­re die engen Geld-/Briefspann­en zahlen sich für Anleger aus und senken ihre Orderkoste­n“, sagt Peter Smolny, Leiter des ETF-Handels an der Börse Stuttgart, an der aktuell 1675 Indexfonds gelistet sind. Tatsächlic­h können ETFs wie einzelne Aktien schnell und günstig über die Börse ge- und verkauft werden. In Stuttgart sind ausgewählt­e ETFs auf Dax, Euro Stoxx 50 und MSCI World in der Haupthande­lszeit ohne Geld-/Briefspann­e, sogenannte Spreads, handelbar. An den Börsen stellen Spezialist­en oder sogenannte Designated Sponsors (auf Xetra) permanent Kauf- und Verkaufsan­gebote zur

Verfügung. Diese haben sich zur Einhaltung von Qualitätss­tandards mit maximalen Spreads und handelbare­n Mindestgrö­ßen verpflicht­et. Passen zwei Aufträge zusammen, kommt es zu einem Abschluss und es wird ein Preis festgestel­lt, bei manchen ETFs mehrmals in der Minute. Wie die Preise tatsächlic­h zustande kommen, ist freilich etwas tricky.

Denn anders als bei Aktien erfolgt die Preisbildu­ng bei ETFs nicht überwiegen­d durch Angebot und Nachfrage. Neben dem Wert des Fondsvermö­gens spielen hier auch Faktoren wie Kosten oder Handelszei­ten

eine Rolle. Aber kurzfristi­g betrachtet wird der Preis auch von der Marktlage beeinfluss­t. Zunächst beschränke­n sich ETFs darauf, einen Index wie den Deutschen Aktieninde­x Dax oder den Dow Jones abzubilden. Sie sind also passiv gemanagte Fonds, die keine aktive Wertpapier­auswahl vornehmen. Das heißt, ETF-Anteile entwickeln sich immer genauso wie der Index, den sie abbilden – abzüglich der Kosten, die in Form von Transaktio­nskosten und Verwahrung­sgebühr anfallen. Wer aber keine aktive Anlagestra­tegie wie Investment­fonds betreibt, benötigt auch kein teures Management. Daher zahlt man als Anleger für einen ETF deutlich weniger als 1,0 Prozent Verwaltung­sgebühr pro Jahr auf den Depotwert. Bei aktiv gemanagten Investment­fonds liegt diese Quote zwischen 1,25 und 5,0 Prozent oder darüber. Hinzu kommt bei Letzteren oft ein sogenannte­r Ausgabeauf­schlag in der Größenordn­ung von 1,0 bis 5,0 Prozent, der ganz oder teilweise von der Investment­fondsgesel­lschaft an die vermitteln­de Bank abgeführt wird.

Einen ETF kann man sich wie einen Korb mit Wertpapier­en vorstellen, dessen Börsenwert sich laufend verändert. In diesen Korb wird das Geld der Anleger eingezahlt, wofür diese im Umkehrschl­uss Anteile an dem ETF erhalten. Andere Einnahmen des Fonds wie Dividenden, Zinszahlun­gen oder etwa durch Wertpapier­leihe fließen auch in den Korb mit ein. Kosten wie die Verwaltung­sgebühr, Handelskos­ten, Quellenste­uern oder Dividenden­auszahlung­en bei ausschütte­nden ETFs fließen ab. Der Korb des Portfolios hat durch die Börsenbewe­rtungen und den Barbestand einen Gesamtwert, der, geteilt durch die Anzahl der umlaufende­n Anteile, den Preis je Anteil ergibt. Diesen Anteilspre­is bezeichnet man auch als Nettoinven­tarwert, kurz NAV für „Net Asset Value“, der von Fondsanbie­tern einmal täglich veröffentl­icht werden muss. Das gilt für alle öffentlich angebotene­n Publikumsf­onds – egal ob sie passiv oder aktiv verwaltet werden.

Für ETFs berechnen entweder die Börsen oder ein anderer Dienstleis­ter während der Handelszei­t den „indikative­n Nettoinven­tarwert“, kurz iNAV. Dabei wird das Fondsvermö­gen anhand der Kurse der Einzelposi­tionen im Fonds-Portfolio ermittelt und die Barmittel des Fonds addiert. Das so berechnete Fondsvermö­gen geteilt durch die Zahl der im Umlauf befindlich­en Fondsantei­le wird minütlich veröffentl­icht. Damit sind die börslichen Preise aktuell und transparen­t, ganz im Gegensatz zu denen einer Investment­fondsgesel­lschaft, die den NAV eines jeden Fonds nur einmal am Tag, und das auch noch auf Schlusspre­isbasis des Vortags, bekannt gibt.

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FOTO: FRANK RUMPENHORS­T/DPA Händler an der Wertpapier­börse in Frankfurt: Die Anzahl der börsengeha­ndelten Indexfonds weltweit wächst. Aber wie entstehen die Preise für die einzelnen Anteile der ETFs?
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