Lindauer Zeitung

Maschinenb­au will von E-Mobilität profitiere­n

Heidelberg­er Druckmasch­inen und Trumpf erschließe­n neue Produktber­eiche

- Von Julia Giertz

(dpa) Strom statt Benzin oder Diesel: Auf Deutschlan­ds Straßen sind immer mehr Autos mit neuen Antriebste­chnologien unterwegs. Nach einer Studie des Verbandes Deutscher Maschinenu­nd Anlagenbau (VDMA) werden weltweit bis zum Jahr 2040 knapp 45 Prozent von insgesamt 128 Millionen verkauften Autos rein batterieel­ektrisch oder mit Brennstoff­zelle betrieben. Der Verbrennun­gsmotor wird zum Auslaufmod­ell. Für Maschinenb­auer wie die Heidelberg­er Druckmasch­inen oder Trumpf ergeben sich damit neue Chancen.

Die 170 Jahre alte Heidelberg­er Druckmasch­inen AG mit Sitz in Wiesloch (Rhein-Neckar-Kreis) rüstet sich für die Zukunft und will weniger anfällig für den rückläufig­en Verkauf von Druckmasch­inen werden. Das Unternehme­n mit einem Umsatz von 1,913 Milliarden Euro im Jahr 2020/21 will seine technologi­sche Kompetenz in neue Projekte fließen lassen – von gedruckten Sensoren für Zahnmedizi­n und Pflege über eine Industriep­lattform für Lieferante­n und Kunden bis zu Automatisi­erungslösu­ngen. Dem Trend zu EAutos folgend ist es auch in die EMobilität eingestieg­en, allerdings mit den umsatzmäßi­g noch bei etwa einem Prozent liegenden Wallboxen, also Ladestatio­nen für E- und Hybridauto­s. „Wir haben unseren Transforma­tionsproze­ss schon vor der Corona-Krise begonnen, die Pandemie hat wie ein Katalysato­r gewirkt und vieles beschleuni­gt“, erläutert Heidelberg-Chef Rainer Hundsdörfe­r.

Auch der Maschinenb­auer Trumpf hat sich in alternativ­e Antriebsko­nzepte

ANZEIGE

eingearbei­tet: Zum Angebot gehören nun auch Lasermasch­inen, die Kupferstäb­e im E-Motor zusammensc­hweißen oder die Wanne für die Batterie biegen und luftdicht verschweiß­en können. Das Ditzinger Unternehme­n beteiligt sich auch finanziell an einem US-Start-up für die Wiederverw­ertung von Batterien. Auf Kunden aus der Autoindust­rie entfallen knapp 20 Prozent des Umsatzes von 3,5 Milliarden Euro im Geschäftsj­ahr 2019/20, darunter auch die Erlöse aus der E-Mobilität. „Wir sind technologi­eoffen, deshalb werden auch Wasserstof­fantriebe ein Thema für uns sein“, sagt ein Sprecher.

Nach Angaben des Heidelberg­er Konzerns brummt das Geschäft mit den Wallboxen. „Wir werden von Aufträgen fast überschwem­mt“, sagt Hundsdörfe­r. Der Konzern beschäftig­t sich seit Jahren mit Steuerungs­technik und Leistungse­lektronik, ein Wissen, das er auch für Wallboxen einsetzen kann. Dabei geht es um Ladesystem­e für E- und Hybridauto­s, die vornehmlic­h zu Hause an der Garagenwan­d oder auf einem Metallfuß installier­t werden. Sie bilden die deutlich schnellere Ladealtern­ative zu den im Auto aufgerollt­en Kabeln. „Die nehmen im Kofferraum viel Platz ein, obwohl sie meist nur am Abend zum Aufladen benutzt werden“, erläutert Hundsdörfe­r.

Das Thema Elektromob­ilität spiele für den Maschinenb­au eine wichtige Rolle, heißt es beim VDMA. „Er liefert die Produktion­stechnolog­ien für die Mobilität von morgen, für Batteriepr­oduktion, E-Motoren oder die Ladeinfras­truktur“, erläutert Hartmut Rauen, Vize-Hauptgesch­äftsführer des VDMA. „Damit steht der Maschinenb­au im Zentrum der Entwicklun­g mit vielen Geschäftsp­otenzialen.“Vor allem für Europa sieht die VDMA-Studie einen deutlichen Umschwung voraus. Die Verschärfu­ng der Abgasgeset­ze der EU werde dazu führen, dass in Europa 2040 keine Neuwagen mit Verbrennun­gsmotor mehr verkauft werden dürfen. Damit verbunden sehen die Studienaut­oren eine positive Entwicklun­g des Geschäftsp­otenzials für den Maschinenb­au.

Seit 2018 hat Heidelberg 45 000 Wallboxen verkauft. Einen Schub hat ein 400 Millionen Euro schweres Förderprog­ramm der Kreditanst­alt für Wiederaufb­au (KfW) ausgelöst, das bis zu 900 Euro Entlastung pro Wallbox bringen kann. Die Preisspann­e bei KfW-förderfähi­gen Produkten liegt zwischen 550 Euro und mehr als 2000 Euro. „Jeder Euro Förderung in die Ladeinfras­truktur erhöht die Attraktivi­tät des E-Autos, fast mehr als eine Kaufförder­ung für das Fahrzeug selbst“, sagt André John vom Zentralver­band Elektrotec­hnikund Elektronik­industrie.

Er freue sich über jedes Unternehme­n, das Ladeinfras­truktur entwickelt, sagt der Mobilitäts­experte des Verbandes. „Wir können die Energiewen­de nur mit vereinten Kräften hinkriegen.“Dabei spiele die Ladeinfras­truktur eine Schlüsselr­olle. In den nächsten vier Jahren seien mindestens 300 000 öffentlich­e Ladepunkte notwendig, die Bundesregi­erung peile für 2030 eine Million an – bei derzeit 40 000 öffentlich­en Ladepunkte­n noch ein weiter Weg. John: „Wir werden die Verkehrswe­nde nur schaffen, wenn wir schnelles Laden an der Autobahn, öffentlich­es Laden und private Wallboxen kombiniere­n und erheblich ausbauen.“

 ?? FOTO: UWE ANSPACH/DPA ?? Ein Mitarbeite­r montiert im Stammwerk der Heidelberg­er Druckmasch­inen AG in Wiesloch ein Ladegerät vom Typ „Wallbox Energy Control“. Die Geräte kümmern sich um die Lastvertei­lung beim Laden von bis zu 16 E-Autos und können selbst produziert­en Strom mit Strom aus der Steckdose verbinden.
FOTO: UWE ANSPACH/DPA Ein Mitarbeite­r montiert im Stammwerk der Heidelberg­er Druckmasch­inen AG in Wiesloch ein Ladegerät vom Typ „Wallbox Energy Control“. Die Geräte kümmern sich um die Lastvertei­lung beim Laden von bis zu 16 E-Autos und können selbst produziert­en Strom mit Strom aus der Steckdose verbinden.

Newspapers in German

Newspapers from Germany