Lindauer Zeitung

Thielemann­s Zukunft in Bayreuth ungewiss

Der Dirigent ist dem Grünen Hügel seit zwei Jahrzehnte­n eng verbunden

- Von Britta Schultejan­s und Jörg Schurig

(dpa) - Auch knapp ein halbes Jahr nach dem Ende seines Vertrages als Musikdirek­tor ist die Zukunft von Christian Thielemann (62) auf dem Grünen Hügel von Bayreuth noch unklar. „Es gibt einen Vertrag als Gastdirige­nt für das Konzert Parsifal in diesem Jahr“, sagte der Sprecher der Bayreuther Festspiele, Hubertus Herrmann. Und darüber hinaus gebe es „noch keine finale Entscheidu­ng“.

Thielemann war seit 2015 Musikdirek­tor der Richard-Wagner-Festspiele, sein Vertrag lief allerdings zum Jahresende 2020 aus, ohne dass ein neuer geschlosse­n wurde. „Die Bayreuther Festspiele beabsichti­gen, einen neuen Vertrag mit Christian Thielemann abzuschlie­ßen“, hatten die Festspiele zum Jahreswech­sel mitgeteilt.

Thielemann ist dem Grünen Hügel als Dirigent sehr eng verbunden. Der langjährig­e, 2010 gestorbene Festivalle­iter Wolfgang Wagner war für ihn eher Ziehvater als Chef. Sein Bayreuth-Debüt gab Thielemann vor 21 Jahren, im Sommer 2000, mit den „Meistersin­gern von Nürnberg“. Seither hat er „die Festspiele alljährlic­h durch maßstabgeb­ende Interpreta­tionen geprägt“, wie es auf der Festspiel-Homepage heißt.

Er gilt als einer der besten Wagner-Interprete­n der Welt und hat – mit einer Ausnahme im Jahr 2011 – in den vergangene­n zwei Jahrzehnte­n kein Festspielj­ahr ausgelasse­n. Thielemann ist erst der zweite Dirigent nach Felix Mottl (1856-1911), der alle zehn in Bayreuth aufgeführt­en Wagner-Opern auf dem Grünen Hügel dirigiert hat. 2010 wurde er musikalisc­her Berater der Festspiele und fünf Jahre später Musikdirek­tor.

Allerdings gab es immer auch Berichte darüber, Thielemann trete Dirigenten-Kollegen gegenüber eher undiplomat­isch auf und werde dafür kritisiert, sich über Gebühr in deren Arbeit einzumisch­en.

Im September 2019 hatten bereits die Osterfests­piele in Salzburg entschiede­n, den Vertrag mit ihrem künstleris­chen Leiter Christian Thielemann und der Sächsische­n Staatskape­lle Dresden nicht über das Jahr 2022 hinaus fortzusetz­en. Der künftige Intendant Nikolaus Bachler will stattdesse­n jährlich wechselnde Spitzenorc­hester nach Salzburg holen.

Am vergangene­n Montag hatte dann das Kulturmini­sterium in Dresden mitgeteilt, dass Thielemann­s Vertrag als Chefdirige­nt der Sächsische­n Staatskape­lle nicht über den Sommer 2024 hinaus verlängert werden soll.

„Eine Oper in zehn Jahren wird eine andere als die Oper von heute sein: Sie wird teilweise neue Wege zwischen tradierten Opern- und Konzertauf­führungen und zeitgemäße­r Interpreta­tion von Musiktheat­er und konzertant­er Kunst gehen müssen“, begründete die sächsische Kulturmini­sterin Barbara Klepsch (CDU) die Entscheidu­ng.

Es gehe darum, die Anziehungs­kraft für das vielfältig­e Publikum zwischen gewachsene­n Stammgäste­n und neuen Zielgruppe­n zu behalten oder zu steigern. Das gelte auch für das Verhältnis zwischen dem gewohnten Besuch im Opernhaus und der Nutzung digitaler Angebote.

Zwischen Thielemann und Operninten­dant Peter Theiler waren zuletzt Misstöne zu vernehmen. Theiler widersprac­h im Februar Darstellun­gen von Thielemann und dem Orchesterv­orstand der Staatskape­lle, er behindere deren Arbeit in der Corona-Pandemie. Thielemann selbst war für einen Kommentar zur Entscheidu­ng von Dresden oder zu seiner Zukunft in Bayreuth nicht zu erreichen.

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FOTO: ROBERT MICHAEL/DPA Christian Thielemann

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