Hoteliers wünschen sich sicheres Konzept
Mit der Öffnung schwingt bei vielen auch die Angst vor der erneuten Schließung mit
- Am 21. Mai ist es so weit. Dann sollen Übernachtungsgäste wieder nach Lindau dürfen – und die Lindauer werden sich langsam wieder an den Anblick von Touristen auf der Insel gewöhnen müssen. Zumindest dann, wenn die Inzidenzwerte weiter mitspielen. Ist das nun der lang erhoffte Silberstreif am Horizont für Gastwirte und Campingplatzbetreiber? Viele haben allerdings die Sorge, dass sie bei steigenden Inzidenzwerten bald wieder schließen müssen.
Melanie Kreutz vom Hotel Nagel freut sich, wieder Gäste empfangen zu können. Dass die Menschen wieder verreisen möchten, ist deutlich zu spüren, entsprechend zahlreich sind die Buchungsanfragen. Nach Monaten des Lockdowns nun den Betrieb kurzfristig hochzufahren, ist aber keine leichte Aufgabe. Bedenkenlose Begeisterung herrscht bei ihr nicht: Denn auch wenn die Gäste Impf- oder Testnachweise erbringen müssen, bleibt die Öffnung vom allgemeinen Inzidenzwert abhängig. Sollte der, vielleicht auch durch Touristen, wieder über 100 ansteigen, bekämen die Gastronomen schnell ein Problem. Müssten sie dann alle Urlauber wieder direkt nach Hause schicken?
Franz-Ulrich John, Pressesprecher des bayerischen Hotellerie- und Gastroverbandes Dehoga, erklärt, dass für diesen Fall ein Rahmenkonzept von der Staatsregierung noch nicht vorliege. Allerdings habe ohnehin das Bundesrecht Vorrang. Und da gilt noch immer die allgemeine Notbremse. Demnach müssten Gäste nach Hause geschickt werden, wenn die Hundertermarke drei Tage in Folge überschritten wird. Für die Gastwirte eine fatale Konsequenz. Die Dehoga wartet und hofft darauf, dass die Politik bald eine praxisnahe Lösung für diese Situation bietet. Sogenannte Konzeptöffnungen sind, was John sich wünscht: „Wer ein sicheres Konzept hat, sollte öffnen dürfen.”
Wenn es um die Hygienekonzepte geht, fühlen sich die Lindauer Gastgeber allerdings gut aufgestellt. Hotelier Karl Nitsche erklärt mit einem Augenzwinkern, sie seien nicht mehr „Hotelleristen“, sondern inzwischen eher „Hochhygienesicherheitsbeauftragte”. Im Hotel Helvetia hat Nitsche die Abläufe noch mal nachgeschärft und auch weiter „aufgerüstet”. Dort wird per Wärmebildkamera die Körpertemperatur der Gäste diskret im Auge behalten. Viele Gastwirte haben auf den Sicherheitskonzepten aus dem letzten Jahr aufgebaut und fühlen sich gut vorbereitet.
Besonders gefragt sind auch schon die Campingplätze. Die Lindau Tourismus und Kongress GmbH betreibt das Park Camping am See erst seit Anfang des Jahres komplett selbst. Wie die meisten, hat sie auch hier die Lockdownzeit für Verbesserungen und Renovierungen genutzt. Für Geschäftsführer Carsten Holz ist die Situation ein andauernder Lernprozess, in dem man flexibel bleiben muss. Trotz der vielen Buchungen will das Team vom Campingplatz auch die Anreisezeiten etwas entzerren.
Holz vertraut darauf, dass sich die Infektionszahlen weiter positiv entwickeln. Die Menschen, die kommen, seien ja auch genesen, geimpft oder getestet. „Im Umgang mit dem Virus sind wir inzwischen alle geübt”, meint er. Er ist sich sicher, dass die regelmäßigen Testungen, wie auch auf der Insel Sylt, die ja als Pilotregion startete, einfach zum Tagesablauf gehören werden. Der Gitzenweiler Hof bleibt vorerst noch zu. Chefin Heidrun Müller wartet lieber ab, welchen Rahmen der Gesetzgeber setzt. Die Lindauer Betreiber stehen in regem Austausch. Denn sie sind in Bayern mit die ersten, die öffnen sollen. Und Müller erscheint vieles noch höchst unklar. Auch, wie die regelmäßigen Testungen nachgewiesen
ANZEIGE werden sollen. Wie genau die Testinfrastruktur für die Gäste aussehen soll, da rätseln manche Gastwirte noch. Denn jeder Übernachtungsgast muss alle 48 Stunden getestet werden. Allerdings nicht von den Hotels. Die brauchen aber den Nachweis. Die überstürzte Öffnung des Gastgewerbes hat viele überrumpelt. Eigentlich hatte die Branche fest damit gerechnet, erst am 15. Juni öffnen zu dürfen. Nun muss im Eiltempo der Betrieb hochgefahren werden, müssen Mitarbeiter zurückgeholt oder neu gesucht werden und die Lager gefüllt werden. Das bedeutet auch, viel Geld in die Hand nehmen zu müssen – obwohl die Bundesnotbremse und der Inzidenzwert noch immer ein Risiko bedeuten.
Bei der vorgezogenen Öffnung bleiben also einige Fragen bisher ungeklärt. Aber die Türen verschlossen zu lassen, sei langfristig auch keine Option. Darin sind sich die meisten einig. „Es hilft nur, mutig nach vorne zu gehen und die Chance der Perspektive zu ergreifen”, so Nitsche. „Irgendwo muss es ja mal losgehen”, sagt auch Melanie Kreutz mit demonstrativem Optimismus. Denn schön, dass es jetzt alles wieder losgeht, ist es eben doch.