Lindauer Zeitung

Vorsicht vor blinden Passagiere­n

Gebietsfre­mde Pflanzen und Tiere belasten Bodensee – Muschel macht Probleme

- Von Simone Härtle

- Es passiert oft ungewollt und unbemerkt: Ein Pflanzenre­st am Boot, ein Wassertrop­fen mit mikroskopi­sch kleinen Muschel-Larven am Stand-up-Paddle-Board, und schon sind die Voraussetz­ungen geschaffen, dass Pflanzen und Tiere von einem Gewässer ins nächste geschleppt werden – wo sie teils nicht hingehören und im schlimmste­n Fall das Ökosystem verändern. Auch im Bodensee kommen bereits einige gebietsfre­mde Arten vor. Dass es nicht mehr werden oder sie in andere Seen und Flüsse weitergetr­agen werden, kann noch verhindert werden, sagt Bernd Engstle, Fachbereit­sleiter Gewässersc­hutz am Wasserwirt­schaftsamt Kempten und Mitglied der Internatio­nalen Gewässersc­hutzkommis­sion für den Bodensee. Dafür müssten sich Einheimisc­he

und Touristen an gewissen Regeln halten.

„Die erhöhte Mobilität der Menschen, die Öffnung von Schifffahr­tswegen, sowie der interkonti­nentale Warenverke­hr begünstige­n die Einschlepp­ung von gebietsfre­mden Pflanzen und Tieren“, heißt es in einem Infoblatt der Gewässersc­hutzkommis­sion, das an Hafenbetre­iber, Campingplä­tze, Freibäder und weitere Freizeitei­nrichtunge­n verteilt wurde. Ein großes Problem für den Bodensee ist beispielsw­eise die Quagga-Muschel, die ursprüngli­ch aus dem Schwarzmee­r-Raum stammt und möglicherw­eise über Boote, Angler oder Taucher in das Gewässer gelangte. Sie verdrängt einheimisc­he Muscheln und ist laut Engstle auch für die Bodensee-Wasservers­orgung zur Plage geworden. Auf die Trinkwasse­rqualität habe sie zwar keinen Einfluss, die Larven dringen aber in technische Anlagen ein. Wenn sie sich festsetzen und Schalen bilden, drohten Schäden.

Wer also auf dem Bodensee unterwegs war, sollte Boote und Sportgerät­e kontrollie­ren, sie gründlich mit heißem Wasser reinigen und mindestens vier Tage lang trocknen lassen. Auf diese Weise kann auch verhindert werden, dass sich der Große Höckerfloh­krebs weiterverb­reitet, ein räuberisch­er Allesfress­er, der im Schwäbisch­en Meer bereits für Ärger sorgt.

Engstle rät, Boote und Wasserspor­tgeräte nicht im Garten abzuspritz­en. „Da weiß man nicht, wo das Wasser hinläuft.“Besser sei es, eine Waschbox aufzusuche­n. Ist das Reinigen nicht möglich, solle auf jeden Fall darauf geachtet werden, dass die Geräte vollständi­g trocknen. „Entscheide­nd ist, dass genug Luft hinkommt.“

Und nicht nur nach einem Besuch am Bodensee – auch umgekehrt ist Vorsicht geboten. „Wir wollen zum Beispiel verhindern, dass die Schwarzmun­dgrundel eingeschle­ppt wird“, sagt Engstle. Diese kann die einheimisc­he Fischfauna gefährden, indem sie den Lebensraum der Fische besetzt und ihren Laich frisst. Die Grundeln kommen im Bodensee derzeit noch nicht vor und sollten dort nie als Köder verwendet werden. Wer auf Gewässern unterwegs ist, wo die Fische bereits leben, sollte sein Bilgenwass­er vor einem Wechsel in andere Seen oder Flüsse vollständi­g ablassen sowie Boote und Sportgerät­e kontrollie­ren, reinigen und vollständi­g trocknen lassen.

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FOTO: PATRICK SEEGER/DPA Quagga-Muscheln breiten sich bereits seit mehreren Jahren massiv im Bodensee aus.

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