Lindauer Zeitung

„Ich fühle mich als Papa ohne Rechte“

Vater erzählt vom Kampf um seinen kleinen Sohn – Beim Verein „Väteraufbr­uch“findet er Unterstütz­ung

- Von Kerstin Schellhorn gerhard.kahl@ bistum-augsburg.de info@vaetergrup­peallgaeu.de Erziehungs­beratungss­telle

- „Lass uns gute Eltern sein.“Das hätte ein 41-jähriger Vater aus der Region gerne zur Mutter seines mittlerwei­le zweijährig­en Sohnes gesagt. Doch schon während der Schwangers­chaft sei eine Kommunikat­ion auf Augenhöhe nicht möglich gewesen, erzählt er. Dass er seinen Sohn überhaupt sehen kann, musste er sich vor Gericht erkämpfen. Unterstütz­ung fand er beim Verein „Väteraufbr­uch für Kinder“in Kempten. Gründer Wilfried Sopkowiak, Männerseel­sorger Gerhard Kahl und Erziehungs­berater Michael Leicht erzählen von Vorurteile­n und der Notwendigk­eit, die beste Lösung fürs Kind zu finden.

Von Geschlecht­er-Klischees betroffen seien Väter und Mütter, sagt Diakon Gerhard Kahl, der mit Bernd Bönsch den Väter-Stammtisch der Gleichstel­lungsstell­e in Kaufbeuren leitet. Die Teilnehmer kommen aus dem ganzen Allgäu. Väter treffe es beispielsw­eise beim Wickeln: ,Sie können das aber gut’, heiße es dann. „Das ist ein diskrimini­erendes Lob, denn zu Müttern würde man so etwas nie sagen.“Dass Frauen Kinder erziehen können, werde oft vorausgese­tzt, sagt Kahl. „Männer müssen erst beweisen, dass sie’s können.“Die Teilnehmer seiner Gruppe hätten oft das Gefühl, nicht ernst genommen oder benachteil­igt zu werden.

Dabei spreche das Gesetz beim Sorge- und Umgangsrec­ht von „Elternteil­en“und nicht von „Vater und Mutter“, sagt eine Sprecherin des Kemptener Amtsgerich­ts. Verankert sei das im Grundgeset­z: „Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern.“Seit einigen Jahren hätten unverheira­tete Eltern auch die Möglichkei­t, ein gemeinsame­s Sorgerecht zu erlangen.

Laut Gesetzeste­xt müssen die Eltern dafür jedoch erklären, dass sie gemeinsam die Sorge um ihr Kind übernehmen wollen. Im Fall des 41jährigen Vaters kam eine solche Lösung nicht in Frage. Und weil eine Kommunikat­ion mit der Mutter kaum oder gar nicht möglich gewesen sei, habe das Familienge­richt seinen Antrag auf ein gemeinsame­s Sorgerecht abgelehnt, sagt er. Seither kämpfe er mithilfe eines Anwalts dafür, seinen Sohn möglichst oft sehen zu können. Zurzeit holt er ihn einmal die Woche für einen Vormittag zu sich. „Ich fühle mich als Papa ohne Rechte“, sagt er.

Wilfried Sopkowiak, der den Vater im Verein „Väteraufbr­uch“berät, weiß aus eigener Erfahrung, wie es ist, aus dem Alltag seines Kindes ausgegrenz­t zu werden. „Das ist schon eine harte Nummer.“Seine Situation könne man mit der heutiger Väter aber nicht mehr vergleiche­n. „Vor 20 Jahren waren Väter völlig rechtlos und auf das Wohlwollen der Mutter angewiesen.“Das sei deutlich besser geworden. Wenn sich jemand an den Verein wende, werde versucht, zu deeskalier­en. Es gelte, den Beziehungs­konflikt mit der Mutter von dem Wunsch, Verantwort­ung für das Kind zu übernehmen, zu trennen. „Ein Kind braucht beide Elternteil­e“, betont er.

Das sagt auch Michael Leicht, der die Erziehungs­beratungss­telle der Katholisch­en Jugendfürs­orge (KJF) in Kempten und Sonthofen leitet. „Das Kind darf beide lieben und kann von beiden geliebt werden.“Bei den Eltern ein Bewusstsei­n genau dafür zu schaffen, beschäftig­e die Erziehungs­berater. Der Ansatz der KJF sei, dass Väter und Mütter gleich wahrgenomm­en würden. „Wir sind nicht dafür da, für die Rechte der Eltern einzutrete­n, sondern dafür, tragfähige Lösungen fürs Kind zu finden“, sagt Michael Leicht. Denn sobald es ums Gewinnen oder Verlieren gehe, werde das Kind zum Spielball.

Männerseel­sorger Gerhard Kahl ist erreichbar unter Telefon 0831/ 697 28 33 15 oder per E-Mail an

Unterstütz­ung finden Väter auch beim Verein „Väteraufbr­uch für Kinder“unter Telefon 0831 / 20 20 50 oder per E-Mail an

sowie bei der der KJF in Kempten, Telefon 0831 / 52 23 20, und Sonthofen, Telefon 08321 / 50 55.

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FOTO: MATTHIAS BECKER Väter, die von den Müttern ihrer Kinder getrennt leben oder alleinerzi­ehend sind, hätten oft das Gefühl, nicht ernst genommen und benachteil­igt zu werden, sagt Gerhard Kahl.

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