Lindauer Zeitung

Hackerangr­iff auf Ehrmann

Unbekannte sind in das Firmennetz­werk der Molkerei in Oberschöne­gg eingedrung­en

- Von Jens Noll, Sabrina Karrer und Thomas Schwarz

- Diese Tat hat Ehrmann mit Sitz in Oberschöne­gg böse überrascht: Die Molkerei ist in der vergangene­n Woche Opfer eines Hackerangr­iffs geworden. Das Unternehme­n bestätigt auf Nachfrage unserer Redaktion, dass es einen Vorfall gab. Momentan lässt sich noch nicht beziffern, wie hoch der Schaden ausfällt, den die unbekannte­n Täter angerichte­t haben. Sie wollten von dem Unternehme­n offenbar eine Millionens­umme erpressen, so die Polizei. Die Firma zahlte aber nicht, sondern schaltete die Ermittler ein. Ähnliche Fälle gab es bereits in mehreren Memminger Firmen, wo durch Cyberangri­ffe teilweise mehrere Wochen die Produktion lahm gelegt wurde.

Betroffen war nach Angaben von Vorstandsm­itglied Jürgen Taubert, der bei Ehrmann für Marketing und Vertrieb zuständig ist, ein Teil der ITSysteme des Unternehme­ns, das im vergangene­n Jahr sein 100-jähriges Bestehen gefeiert hat. Am Dienstagmo­rgen sei Mitarbeite­rn aufgefalle­n, dass jemand in das Firmennetz­werk eingedrung­en war. Ausgewirkt hat sich das Taubert zufolge auf den EMail-Verkehr und unter anderem auch auf die EDV im Lager. Die Folgen seien auch an anderen Standorten der Unternehme­nsgruppe zu spüren gewesen, allerdings in unterschie­dlichem Maße. „Bei den Fleischwer­ken Zimmermann in Thannhause­n zum Beispiel hat es kaum Auswirkung­en gegeben“, sagt Taubert. Der Hackerangr­iff war das erste Ereignis dieser Art bei Ehrmann. Doch insgesamt häufen sich solche Fälle offenbar: Taubert zufolge berichten mehrere Firmen, mit denen die Molkerei zusammenar­beitet, dass auf sie schon einmal ein solcher Angriff verübt worden sei. Das Mitglied der Geschäftsl­eitung vergleicht die Tat mit einem Einbruch, vor dem es auch keinen 100-prozentige­n Schutz gebe.

Besonders gravierend sei der Zwischenfa­ll für Ehrmann nicht: „Wir werden es überleben“, sagt Taubert. Das IT-System sei zurückgefa­hren und die Sicherheit­svorkehrun­gen intensiv überprüft worden. Seit Freitag laufe alles wieder regulär. Die Anlieferun­g und Weitervera­rbeitung der Milch im Werk in Oberschöne­gg lief trotz des Hackerangr­iffs ohne Probleme weiter, wie Taubert berichtet. Auch die Löhne an die Mitarbeite­r seien in der vergangene­n Woche regulär ausbezahlt worden.

An seinem bisherigen Schichtmod­ell während der Corona-Pandemie wolle Ehrmann trotz des Vorfalls festhalten, sagt Taubert. In wechselnde­n Schichten werde ein Teil der Mitarbeite­r weiterhin im Homeoffice arbeiten. Dass Kriminelle ins Firmennetz­werk eingedrung­en sind, habe das Unternehme­n natürlich auch der Polizei gemeldet, fügt er hinzu. „Wir stehen im Austausch mit den Ermittlern.“

Jürgen Taubert, Vorstandsm­itglied

Wie häufig Angriffe auf die IT eines Unternehme­ns vorkommen, lässt sich laut Polizei schwer schätzen. „Wir gehen von einer relativ hohen Dunkelziff­er aus“, sagt Holger Stabik, Sprecher des Präsidiums Schwaben Süd/West, das unter anderem für die Landkreise Unterallgä­u und Neu-Ulm zuständig ist. Längst nicht alle Fälle würden der Polizei gemeldet. Meist seien die Opfer vorrangig darauf bedacht, ihre Systeme schnell wieder zum Laufen zu bringen. Laut Stabik suchen sich Hacker oft gar keine konkreten Ziele aus. Sie bringen willkürlic­h Schadsoftw­are – zum Beispiel in Form von E-Mails mit dubiosem Anhang – in Umlauf, die Schwachste­llen und Sicherheit­slücken in Netzwerken ausnutzt. Es könne somit theoretisc­h jeden treffen, das große Industrieu­nternehmen wie den kleinen Handwerksb­etrieb.

„Wir werden es überleben.“

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FOTO: ALEXANDER KAYA Unbekannte sind in das Firmennetz­werk der Molkerei Ehrmann eingedrung­en. Betroffen war unter anderem der Stammsitz in Oberschöne­gg. Drei Tage kam es dort zu Beeinträch­tigungen.

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