Ulm verlangt dem Pokalsieger alles ab
Im Halbfinale des Final Four fehlt Caupain & Co. gegen Bayern München nicht viel
(dpa/SID/sz) - BayernPräsident Herbert Hainer reckte beim „Stern des Südens“die Hände in die Höhe und sang mit wie bei einem Rockkonzert. Die spontane Basketballparty des neuen Pokalsiegers schien dem Vereinsoberhaupt genauso viel Spaß zu machen wie die jüngsten Erfolge der Münchner Fußballer. „FC Bayern, deutscher Meister“, schallte es lautstark aus den Boxen im menschenleeren Audi Dome. Der Gastgeber hatte den Rivalen Alba Berlin am Sonntag mit 85:79 (41:39) besiegt und damit seinen dritten Pokaltriumph perfekt gemacht.
Das verleitete auch Erfolgscoach Andrea Trinchieri zu riesiger Freude. „Heute trinke ich keinen Pool, wir stehen vor den Play-offs. Heute gibt es nur eine gute Flasche, vielleicht zwei – und eine gute Zigarre“, sagte der Italiener, nachdem der Widersacher aus der Hauptstadt diesmal besiegt werden konnte. Anfang April hatte Trinchieri nach einem Euroleague-Sieg noch angekündigt, er werde „einen Pool voller Rotwein leertrinken“.
„Supergeil, das Ding zu Hause zu gewinnen“, sagte Nationalspieler Paul Zipser. „Ich hatte persönlich auch eine offene Rechnung, weil wir es hier schon mal verloren haben. Ich finde es extrem geil, dass wir uns mit dem ersten Titel belohnen.“Zuvor hatten die Münchner einen Jubeltanz am Mittelkreis aufgeführt.
Und das nach einem Kraftakt sondergleichen: Im Halbfinale hatte Bayern-Ehrenpräsident Uli Hoeneß, gebürtiger Ulmer, allerbeste Unterhaltung. Erst lag sein FC Bayern gegen Ratiopharm Ulm deutlich vorne, dann deutlich hinten, anschließend gab es eine erste Verlängerung, eine zweite – und dann hatte der Favorit aus München die Pokal-Tortur doch noch für sich entschieden. Mit 104:102 (91:91, 84:84, 49:36) nach insgesamt 50 Minuten Spielzeit gewann das Team von Andrea Trinchieri gegen die furios aufspielenden Gäste.
„Das Spiel war fast schon weg, aber wir sind wieder zurückgekommen. Normalerweise können solche Spiele mit einem Desaster enden“, sagte Trinchieri nach der Zitterpartie, in der er – versteht sich – auf alle zuletzt geschonten Kräfte zurückgriff. So waren Vladimir Lucic (24 Punkte) und Wade Baldwin (20) wieder an Bord. „Das war ein verrücktes Spiel“, befand Lucic. „Am Ende haben wir es irgendwie geschafft zu gewinnen.“
„Sie treten heute mit dem besten Line-up an, das sie in der Bundesliga aufbieten können, und das merkt man“, sagte Ulms Sportdirektor Thorsten Leibenath. Sein Team hielt erstklassig dagegen, obwohl es auf die Leistungsträger Per Günther, Christoph Philipps und Thomas Klepeisz verzichten musste. Es startete in der zweiten Spielhälfte ein großes Comeback, machte einen 13-Punkte-Rückstand wett und hat danach zeitweise deutlich geführt. Troy Caupain (24 Punkte) und Andreas Obst (23) spielten exzellent, doch die Bayern hatten immer wieder eine Antwort.
Als wären zwei Verlängerungen nicht packend genug, folgte nach Abpfiff noch ein Ulmer Protest, weil Bayern-Spieler Baldwin auch nach seinem fünften Foul noch für ganz kurze Zeit auf dem Feld stand. „Die Referees haben es versäumt. Ganz ehrlich, ich erwarte keine Sanktion. Aber lassen wir uns überraschen“, gab sich Ulms Coach Jaka Lakovic fatalistisch. „Baldwin hat mit fünf Fouls noch gespielt, Schluss, Ende“, hatte Andreas Obst das Geschehen kommentiert – die BBL-Jury indes hat den Protest letztlich mit Verweis auf Artikel 40, Absatz 1 der FIBA-Regeln (die FIBA ist der Welt-Basketballverband) abgelehnt. „Demnach muss ein
Spieler, der fünf Fouls begangen hat, von einem Schiedsrichter darüber informiert werden und sofort aus dem Spiel ausscheiden. Die FIBA-Regeln sehen für einen solchen Fall keine Strafe vor – trotz der kurzzeitigen regelwidrigen Teilnahme am Spiel“, so die Liga. Baldwin war von den Schiedsrichtern zunächst nicht informiert worden; als die Regelwidrigkeit angezeigt wurde, „verließ Wade Baldwin das Spielfeld, ohne die gegnerische Mannschaft zu benachteiligen“, schrieb die BBL mit Verweis auf Artikel 36, Absatz 15 weiter.
Jaka Lakovic blieb nur, das zu akzeptieren und seinen Spielern „großes Lob“zu zollen, „weil sie heute Charakter bewiesen haben. Wir waren heute ein ehrlicher Herausforderer und hatten mehrfach die Chance, das Spiel zu gewinnen. Unsere Würfe sind aber letztlich nicht gefallen“