Weniger durchgestylt, aber mit Lindauer Beteiligung
Geschäftsführerin Claudia Knoll über das Besondere der Lindauer Gartenschau und Corona-Auflagen
- Die Zitterpartie ist fürs Erste vorbei. Die Lindauer Gartenschau startet am Donnerstag pünktlich. Die Veranstalter versprechen ein „sinnliches Erlebnis aus Gärten, Wasser und Panorama“. Über das Besondere der Lindauer Gartenschau, Corona-Auflagen und die Sorgen vor steigenden Infektionszahlen hat sich LZ-Redakteurin Yvonne Roither mit Geschäftsführerin Claudia Knoll unterhalten.
Frau Knoll, wie geht es Ihnen so kurz vor der Gartenschau?
Es geht mir gut, weil ich merke, dass etwas vorwärtsgeht. Man spürt aber auch die Anspannung im Team, es ist schon gerade ein Vibrieren in der Luft, im Büro, aber auch draußen im Gelände.
Die Bauarbeiten für die Gartenschau starteten bereits Ende 2019. Hatten Sie jetzt im Endspurt noch viel zu tun?
Ja, jetzt kamen die Dinge, die es ausschmücken und einfach das schöne Bild abgeben. Die ganzen Schilder, Rundwege und Pflanzetiketten mussten gesteckt werden, die Möbel und Sonnenschirme aus den Lagern geholt und auf dem ganzen Gelände verteilt werden. Das war schon noch noch mal eine ganz schöne Knochenarbeit.
Sind Sie da als Geschäftsführerin auch immer vor Ort?
Ich versuche eher die Ruhige im Hintergrund zu sein. Bei mir laufen alle Fäden zusammen, am Abend besprechen wir gemeinsam, was die obersten Prioritäten für den nächsten Tag sind. Wir sind ja ein Team, das komplett zusammengewürfelt ist. Es sind welche dabei, die schon einmal eine Gartenschau gemacht haben, aber auch Gartenschau-Neulinge und Mitarbeiter, die aus der Verwaltung kommen. Das ist eine Mischung, die man zusammenführen muss, die aber ein gemeinsames Ziel hat: den 20. Mai.
Sie haben Glück, dass die Inzidenzen in Lindau zurückgehen – und sie den Eröffnungstermin tatsächlich halten können. Wie viele schlaflose Nächte hatten Sie wegen der großen Unbekannten Corona?
Ich hatte viele schlaflose Nächte. Nachts um drei Uhr fielen mir dann immer die Dinge ein, die wir noch tun sollten. Es ist schon bewundernswert, das Lindau die Inzidenz gerade so niedrig hält. Ich kann mich nur bei den Lindauern bedanken, dass die sich so korrekt verhalten. Die Inzidenzen gehen natürlich nicht wegen uns runter, sondern weil wir mittlerweile in Lindau so ein gutes Testangebot haben und die Leute prinzipiell vernünftig sind. Hoffen wir, dass es so bleiben kann.
Wenn Sie auf die Gartenschau blicken: Über was freuen Sie sich besonders?
Im Moment haben wir eine ziemlich intensive Diskussion über die Stadtentwicklung in Lindau. Dass die Menschen anfangen über die Qualität von Grün und die Qualität eines zukünftigen Stadtquartiers zu diskutieren, ist für mich einer der Höhepunkte. Unsere Gartenschau ist aus den Lindauerinnen und Lindauern heraus entstanden. Sie ist eine Gartenschau, die sich die Menschen selbst zusammengesetzt haben. Normalerweise gibt es Planer, die festlegen, wo was hinkommt. Hier in Lindau haben die Leute gesagt, die Skater müssen noch mit rein, dann kam der Boulderblock dazu, dann der Bund Naturschutz. Es sind viele Dinge entstanden, weil Menschen gesagt haben, dass sie auch Teil davon sein wollen. Das ist spannend in der Entwicklung, ich finde das wunderbar.
Ist das bei anderen Gartenschauen nicht so?
So habe ich es schon lange nicht mehr erlebt. Bisher hatte ich Gartenschauen, bei denen ein Landschaftsarchitekt den Ausstellungsbereich durchstylt und plant. Bei uns gibt es sicher Ecken und Kanten, die einfach nicht perfekt sind, die ein bisschen selbst gemacht wirken. Aber wir haben es geschafft, dass sich die Region einbringt. Nehmen wir als Beispiel die Gastronomie, die auf der Schützinger Promenade mit Produkten aus der Region vertreten ist. So ein Engagement ist auch für uns neu.
Es ist für viele Anbieter ja auch die einzige Möglichkeit, überhaupt etwas zu machen. Komm und See ist abgesagt, aber bei der Gartenschau sind die Winzer am Start...
Ja, viele sehen in der Gartenschau ihre Chance. Die Winzer sind ein gutes Beispiel. Sie bereichern die Gartenschau mit einem traumhaften Beitrag. Mit ihrer Etage auf einem Container bieten sie Blicke und Perspektiven, die man bisher nicht hatte. Mit der Gartenschau hat sich auch die Qualität der Hinteren Insel verändert. Man hat uns immer ein bisschen in die Gartentage-Ecke gestellt. Wir wollen aber keine verrosteten Frösche zeigen, sondern Qualität in der Anlage.
Die Gartenschau lebt ja auch von Veranstaltungen. Sind diese überhaupt möglich?
Es sind nicht alle Veranstaltungen abgesagt, sondern nur die, die ein gewisses Gefahrenpotenzial haben. Bis Mitte Juni werden wir daher erst mal keine aerosolbildenden Veranstaltungen haben. Darunter fällt Gesang, inwieweit auch andere Instrument darunter fallen, gilt es noch abzuklären. Aber das bunte Klassenzimmer findet beispielsweise statt. Prinzipiell gilt: Sobald Veranstaltungen in der Stadt wieder erlaubt sind, sind sie auch in der Gartenschau wieder erlaubt.
Ein Höhepunkt ist auch die Ausstellung der bekannten Fotografin und Dokumentarfilmerin Herlinde Koelbl. Wie kam es zu der Zusammenarbeit mit der gebürtigen Lindauerin?
Als sie bei Alexander Warmbrunn zu Besuch war, sagte er, ich solle mal runterkommen, er habe da jemanden. Kulturpreisträgerin, Lindauerin – wie wär’s denn? Das war der Anfang eines langen Weges. Sie ist eine faszinierende Frau. Es ist wahnsinnig, wie sie die Welt sieht mit ihrem fotografischen Auge und dabei die Menschen herausarbeitet. Sie hat 60 Wissenschaftler fotografiert, die ihre Botschaft auf die Hand geschrieben haben. Die Herausforderung war, einen Teil dieser Porträts ins Freie zu bringen, wo sie nun eine ganz andere Wirkung haben als in einem Saal oder Museum. Das hat uns die letzten Monate in Anspruch genommen. Ihre Porträts werden im Luitpoldpark zu sehen sein – auf Folie gezogen, und auf über zwei Meter große Stellagen eingespannt.
Die Öffnung der Gartenschau wird auch weiterhin von den Inzidenzen abhängen. Wäre es möglich, dass die Gartenschau für ein paar Wochen zumacht, wenn sich die Corona-Zahlen wieder verschlechtern? Machen Sie sich darüber Gedanken?
Nach all den Vorbereitungen und dem pünktlichen Start will man natürlich auch, dass die Gartenschau zu einem Fest wird – und dass man das dann auch durchziehen kann. Auch wenn wir nicht daran glauben wollen, dieses wunderbare Gelände wieder zumachen zu müssen, spielen wir verschiedene Szenarien durch. Aber prinzipiell setzen wir auf das Prinzip Hoffnung, die Inzidenzen, die Zahl der Geimpften und Genesenen weisen ja in die richtige Richtung.
Es gibt aber auch Lindauer, die befürchten, Muss der Besucher bestimmte Zeiten buchen und gibt es BesucherObergrenzen?
Wir haben uns unterschiedliche Modelle in Überlingen und Ingolstadt angeschaut und uns dann dazu entschieden, dass Tagesgäste sich registrieren müssen, aber dann den ganzen Tag auf dem Gelände bleiben dürfen. Dauerkarten-Besitzer sind davon komplett ausgenommen, für die haben wir einen Puffer, die können immer rein. Es wird eine Obergrenze geben, wie hoch die sein wird, wissen wir aber noch nicht.
Erhoffen Sie sich von den sogenannten Satelliten auch eine Entlastung?
Die innerstädtischen Satelliten wurden wegen der Pandemie immer wichtiger. Wenn der Besucher ankommt, aber noch nicht ins Gelände kann, brauchen wir Orte, wo er einen Spaziergang unternehmen kann wie den Hoyerberg, Lindenhofpark, Aeschacher Friedhof und den Naturbeobachtungssteg.
Sie haben aber auch Satelliten, die weiter weg sind wie Schlachters oder Scheidegg. Wie passen die ins Konzept?
Die richten sich an Gäste, die einen längeren Aufenthalt hier haben. Außerdem ist es für solche Orte auch wichtig, in einem Zug mit der Gartenschau genannt zu werden. Zu Schlachters gibt es inhaltlich eine sehr starke Verbindung über das Obst und die Obstbauschule, in Scheidegg und Weiler sind es eher der Naturraum, also die Scheidegger Wasserfälle und die Hausbachklamm, die im Vordergrund stehen. Dass es jetzt eine neue Buslinie gibt auf dieser Strecke, ist für den Landkreis eine große Errungenschaft.
360-Grad-Rundgang über die Lindauer Gartenschau unter:
www.schwaebische.de/gartenschau
Podcast mit Claudia Knoll unter:
www.schwaebische.de/podcasts