Andrang bei spontaner Impfaktion in Nonnenhorn
Dr. Thorsten Huber hat am Dienstag 100 Dosen verimpft – jeder durfte kommen und sich anstellen
- Hausarzt Dr. Thorsten Huber aus Nonnenhorn hat am Dienstagnachmittag 80 Menschen im Akkord geimpft, das Besondere: Sie brauchten keinen Termin. Der Andrang war groß, für den Hausarzt eine gelungene Aktion, die er wiederholen will.
„Astrazeneca Impftag für alle – ohne Voranmeldung und solange der Impfstoff reicht.“So bewarb Thorsten Huber seine Impfaktion, und das kam an. Schon um 14 Uhr am Dienstagnachmittag bildet sich eine Schlange auf der Seehalde mitten in Nonnenhorn, dabei soll die erste Spritze erst um 14.30 Uhr gesetzt werden. Rund 30 ältere und jüngere Menschen reihen sich ein, einige in Gespräche, andere in ihre Handys vertieft. Dazwischen sind Thorsten Huber und seine Arzthelferinnen, sie verteilen Zettel mit handgeschriebenen Zahlen darauf.
Karl-Heinz hat die 42 gezogen. Der Mitarbeiter eines Bauunternehmens will ungern seinen Nachnamen in der Zeitung lesen, verrät jedoch, warum er nach Nonnenhorn gekommen ist. „Ich habe es schon in einem Impfzentrum probiert, aber da kriegt man einfach keinen Termin.“Er habe nicht erwartet, dass so viel los sein wird, sagt Karl-Heinz dann und blickt auf einer Mauer sitzend die
Straße entlang. Da sei es umso besser, dass er so früh da war.
Dann tritt noch einmal Hausarzt Thorsten Huber aus seiner Praxis, verteilt wieder einige Zettel und ruft in die Runde: „Die Nummern 30 bis 60 sind erst ab 15 Uhr dran, Sie können gerne nochmal nach Hause oder einen Kaffee trinken gehen.“Die Impfwilligen blicken prüfend auf ihre Zettel, dann auf die Uhr. KarlHeinz schüttelt den Kopf. „Was soll ich denn jetzt da nochmal rumfahren und wieder her.“Er arbeite im Bodenseekreis, das lohne sich nicht, er bleibt auf seiner Mauer sitzen.
Derweil rufen die Arzthelferinnen die ersten Nummern auf, und einer nach dem anderen verschwindet in der kleinen Praxis – nach wenigen Minuten kommen sie wieder raus. Am Tag zuvor hatte Hausarzt Thorsten Huber noch die Sorge geäußert, dass der Andrang zu viel werden könnte. In anderen deutschen Städten sind derartige Aktionen aus dem Ruder gelaufen und mussten von der Polizei begleitet werden. Huber hat sich dennoch für diese Form der Impfung entschieden. „Um 50 Leuten an einem Nachmittag einen Termin zu geben, muss man 75 Anrufe machen“, erklärt Huber – es sei ein riesiger organisatorischer Aufwand. Die Aktion sei daher eine Möglichkeit, den Aufwand klein zu halten und mehr Menschen zu impfen als es die Kapazität seiner Praxis eigentlich hergeben würde. Auf der gleichen Mauer wie Karl-Heinz sitzen auch Jaron und Leon, beide 18 Jahre alt. Sie gehen noch zur Schule, schreiben nächstes Jahr Abitur und erzählen, wie schwer es die jetzigen Abschlussklassen haben. „Das große Ziel ist es doch, dass alles wieder normal wird“, erklärt Leon, warum er sich heute impfen lässt. „Wir wollen einfach wieder mehr Sachen machen können“, sagt Jaron. Er wohnt im gleichen Haus wie seine Großeltern, sie will er natürlich auch schützen. Für Jaron ist die Impfaktion in Nonnenhorn eine einmalige Gelegenheit, „denn sonst haben wir in unserem Alter ja gerade keine Chance auf eine Impfung“.
Thorsten Huber und sein Team halten den Zeitplan ein: Nach rund einer Dreiviertelstunde sind bereits 30 Menschen geimpft – einige Wartenden sind erstaunt, dass es doch recht zügig vorangeht. So auch Rosi aus Tettnang. „Meine Hausärztin hat mir gesagt, dass ich bei ihr mindestens bis Juli warten muss“, sagt die 56-Jährige. Ihre Mutter wohne in einem Altenheim, „ich kann sie zwar regelmäßig besuchen, aber wenn ich geimpft bin, wäre das eine große Erleichterung.“Aber auch aus beruflichen Gründen ist Rosi zur Impfaktion gekommen. Sie ist Frisörin und wünscht sich wieder einen entspannteren Umgang mit ihren Kunden.
Während sich die Seehalde langsam leert, sitzt Karl-Heinz nach seiner Impfung auf einer Bank gleich neben dem Praxiseingang. Er müsse noch eine Viertelstunde hier warten, wenn er sich dann gut fühle, bekomme er den Impfpass und darf gehen. Wegen der Warnungen vor dem Astrazeneca-Impfstoffes, der in seltenen Fällen eine Hirnvenenthrombose verursacht, macht sich KarlHeinz keine Sorgen. „In meiner Altersgruppe sollte da nichts passieren.“Bei Dr. Huber und seinem Team habe er sich gut aufgehoben gefühlt, sagt er. „Ich habe jetzt schon meinen zweiten Termin bekommen. Das machen die echt gut, und die sind alle auch noch gut drauf da drin.“
Tatsächlich ist auch Hausarzt Thorsten Huber nach der Aktion noch voller Elan. „Ich bin extrem zufrieden, es war ein entspanntes Klima, alle waren nett und dankbar“, sagt er, „zum ersten mal hat Impfen mal Spaß gemacht.“Natürlich habe er auch Glück gehabt, dass die Anzahl der Interessierten so gut zu der Anzahl der Dosen gepasst habe. Huber will die Aktion auf jeden Fall wiederholen, vermutlich in vier Wochen.
Video der Impfaktion unter: www.schwaebische.de/impfennonnenhorn