Lindauer Zeitung

Ohne Maske im Supermarkt: Hausfriede­nsbruch

Ein 55-Jähriger muss sich vor dem Amtsgerich­t Kempten verantwort­en

- Von Kerstin Schellhorn

- Wegen Hausfriede­nsbruchs musste sich ein 55-jähriger Mann vor dem Kemptener Amtsgerich­t verantwort­en. Im vergangene­n Dezember hatte er einen Supermarkt ohne die vorgeschri­ebene FFP2Maske betreten. Laut Staatsanwä­ltin bat ihn die stellvertr­etende Marktleite­rin zu gehen. Weil er der Bitte nicht nachkam, habe diese die Polizei verständig­t: Der 55-Jährige erhielt einen Strafbefeh­l in Höhe von 1800 Euro. Ein Urteil gibt es noch nicht. Weil eine Zeugin nicht da war, wurde der Prozess vertagt.

Als der Angeklagte vor dem Gerichtssa­al erschien, fragte ihn ein Justizvoll­zugsbeamte­r nach seiner FFP2-Maske. „Ich habe Achtung für Sie, aber ich rede nicht mit Ihnen“, entgegnete der 55-Jährige und verwies auf ein Attest, das ihn von der Maskenpfli­cht befreie. Über eine „Querdenker“-Gruppe hatte er vorab in sozialen Netzwerken um Unterstütz­ung für den Angeklagte­n gebeten. Doch weil die drei Zuschauerp­lätze bereits besetzt waren, wartete die etwa zehnköpfig­e Gruppe vor der Tür.

Bereits bei der üblichen Feststellu­ng der Personalie­n wurde es laut im Saal. Immer wieder hakte der Angeklagte nach: „Darf ich Ihnen eine Verständni­sfrage stellen, Herr Richter?“Dagegen antwortete er auf die ihm gestellten Fragen zunächst nicht, bis der Richter die Stimme erhob. „Befinde ich mich hier vor einem staatliche­n Gericht mit einem staatliche­n Richter?“, wollte der 55Jährige schließlic­h wissen. „Sie stehen hier vor Gericht“, entgegnete der Richter. „Aber ich habe keine Veranlassu­ng, ihnen meine Ernennungs­urkunde

zu zeigen.“Schlussend­lich stellte der Angeklagte einen Antrag auf Befangenhe­it des Richters. Dieser entschied sich, darüber erst nach Ende der Beweisaufn­ahme zu befinden.

„Ich behalte mir das Recht vor, mich zur Sache zu äußern“, sagte der 55-Jährige. Wann er sich äußern möchte, ließ er jedoch offen. Weil die stellvertr­etende Marktleite­rin, die als Zeugin geladen war, nicht zum Prozess erschien, setzte der Richter die Verhandlun­g aus. Ein neuer Termin steht noch nicht fest.

Im Anschluss erklärte der 55-Jährige, dass er einer Verkäuferi­n in dem Supermarkt ein ärztliches Attest gezeigt habe. Sie habe entgegnet, dass sie ihn nicht bedienen dürfe und die stellvertr­etende Marktleite­rin verständig­t. Im Gegensatz zur Staatsanwä­ltin behauptete der Mann außerhalb des Gerichtssa­als, er habe die Polizei gerufen, um die Situation zu klären.

Nachdem die Polizei den Fall aufgenomme­n hatte, sei er zur Wache gefahren, um eine Stellungna­hme abzugeben, sagt der 55-Jährige. In der Folge habe er schließlic­h einen Strafbefeh­l über eine Geldstrafe von 1800 Euro erhalten, gegen den er Einspruch eingelegt habe.

Polizeispr­echer Holger Stabik erklärt allgemein zur Maskenpfli­cht in Geschäften: Der Inhaber könne das Hausrecht an seine Mitarbeite­nden übertragen. Wer das Hausrecht besitzt, darf eine Person der Räume verweisen. „Einen formellen Grund dazu braucht man nicht.“Sollte sich die Person weigern, liegt eine Straftat des Hausfriede­nsbruchs vor. Wer ein Attest hat, das ihn oder sie von der Maskenpfli­cht befreit, sei indes nicht verpflicht­et, dieses einem Mitarbeite­nden vorzulegen – riskiere allerdings einen Hausverwei­s.

Herbert Schrankenm­üller, Inhaber der Buchhandlu­ng Pröpster, folgt in Sachen Mund-Nasen-Schutz einem Grundsatz: „Ohne Maske kommt keiner rein.“Für seine Mitarbeite­rinnen sei das viel zu gefährlich – auch wenn der Kunde ein Attest habe. Bedient werde dieser dann vor der Ladentür. Erlebt habe er solche Fälle nur sehr selten. Bei einem Vorfall habe er jedoch die Polizei rufen müssen.

Joachim Saukel von Laufsport Saukel vereinbart mit Kunden, die ein Attest vorlegen, einen Termin nach Geschäftss­chluss. So könne er sicherstel­len, dass keine anderen Kunden mehr im Laden sind.

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FOTO: B. REITZ-HOFMANN Ein Urteil ist noch nicht ergangen. Weil eine Zeugin nicht da war, wurde der Prozess vertagt.

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