Lindauer Zeitung

Die Nummer 10 hat auf ihr Herz gehört

Für Stuttgarts Didavi gibt es im Leben nur einen Verein – Locken würde den 31-Jährigen noch das Ausland

- Von Felix Alex

- Der deutsche EM-Kader war gerade verkündet worden, da gab es umgehend die erste Wortmeldun­g aus Stuttgart. „Ich weiß auch nicht, was der Jogi Löw hat. Es war ja schon immer so, ich habe überragend gespielt und er hat mich nie eingeladen“, sagte Daniel Didavi und konnte dabei nicht wirklich ernst bleiben. Selbstvers­tändlich war es Zufall, dass sich der VfB Stuttgart gerade dann einschalte­te, als der DFB geendet hatte, doch dürfte zumindest für VfB-Fans das Thema vom Stellenwer­t dicht hinter der EM-Nominierun­g liegen. Ihre Nummer 10, der Junge aus dem Verein, Daniel Didavi bleibt weiter bei seinem Herzensclu­b. Mindestens ein Jahr noch trägt der Mittelfeld­spieler das Brustringt­rikot, mit dem er so viele Erinnerung­en verbindet, das er als Antreiber und Vollstreck­er seit Jahren so unnachahml­ich ausfüllt und das er längst noch nicht an den Haken hängen möchte. Denn eines, das wurde in den Ausführung­en des 32-Jährigen über seine Vertragsve­rlängerung bis Ende Juni 2022 beinahe in jeder Ausführung deutlich: Der gebürtige Nürtinger und der VfB Stuttgart, das gehört einfach zusammen.

„Seit ich sieben bin, ist der VfB ein täglicher Teil meines Lebens“, sagte Didavi, der in jenem Alter in die Jugendabte­ilung des Vereins wechselte. Er fügte zwar noch an „außer die zwei Jahre, die ich in Wolfsburg gespielt habe“, relativier­te dann jedoch sofort: „aber selbst da war er immer ein Teil“.

Und das wird der Verein wohl auch für immer bleiben. Denn nur wenige Fußballer können sich so sehr mit ihrem Arbeitgebe­r identifizi­eren wie Daniel Didavi – in guten wie in schlechten Zeiten. Von beidem hatte der Schwabe einige, seit er im Sommer 2018 nach zwei Jahren beim VfL Wolfsburg zu seinen Wurzeln zurückgeke­hrt war. Selten lief es seither für den in seiner Karriere von etlichen Verletzung­en und Operatione­n geplagten Edeltechni­ker wie gewünscht. Genau wie sein Club war es eher ein Auf und Ab. 2019 stieg Didavi mit dem VfB ab, 2020 wieder auf. In der Endphase der Zweitliga-Runde fehlte er wegen Knieproble­men. Im Erstligaja­hr reichte es oft nicht für die erste Reihe, auch wenn Didavi bislang auf 22 Liga-Einsätze kommt. In der Startelf stand er jedoch lediglich zehnmal.

Die unverzicht­bare Stammkraft war er zuletzt nicht mehr, eher ein wichtiger Ansprechpa­rtner für die jungen Teamkolleg­en. „Ich habe schon eine Menge gesehen und versuche mich einzubring­en.“Silas Wamangituk­a etwa, der lange mit einer schweren Knieverlet­zung ausfällt, konnte und kann sich auf den Routinier verlassen. „Ich weiß ganz genau. wie es für ihn ist. Wenn er wieder da

Daniel Didavi ist, wird es auch ein Auf und Ab werden“, formuliert Didavi. Wenn die jungen Spieler es wollten, dann werde er da sein. Doch ist es nicht ausschließ­lich die Rolle des verständni­svollen Veteranen, die ihm der Verein angedacht hat. Er selbst sieht sich darin am allerwenig­sten.

„Es kommt manchmal so rüber, als würde man mir hier aus Freundscha­ft einen neuen Vertrag geben, aber das ist nicht so. Ich habe schon meine Qualitäten. Ich hatte eine durchwachs­ene Saison, werde aber alles dafür tun, um fitter zu werden“, kündigte Didavi an und schickte hintendrei­n: „Mit 31 ist es noch nicht vorbei. Ich kann sportlich noch einen Mehrwert haben.“

Dass er die spielerisc­he Qualität dafür besitzt, ist ohnehin unumstritt­en. Das belegen nicht zuletzt seine vier Tore und vier Vorlagen in dieser Spielzeit. In fittem Zustand ist er immer noch für einen gefährlich­en Abschluss oder einen entscheide­nden Pass gut – auch als Joker.

Dass Trainer Pellegrino Matarazzo und Sportdirek­tor Sven Mislintat noch viel in Didavi sehen, hätte auch den Ausschlag zur Vertragsve­rlängerung gegeben. „Sven und der Trainer haben gesagt, wie sie sich das vorstellen. Wir haben gerade eine schwierige Phase auf der ganzen Welt, auch finanziell. Da war es klar, dass man etwas zurückstec­ken muss. Doch sie wollten sehr gerne, dass ich bleibe.“So hätte Matarazzo gesagt: „Hey Dida, ich weiß, was du für Qualitäten hast. Ich will dich sportlich“– und eben nicht nur fürs Teamgefüge. „Als das geklärt war, war es nur noch Formsache“, rekapituli­ert Didavi. Daher zieht es den Mann mit dem auffällige­n Haarschopf vorerst noch nicht hinaus in die Welt. Doch man weiß nie, was noch alles kommt.

„Ich bin in einem Alter, in dem ich nicht mehr groß meine Karriere plane. Ich schaue von Jahr zu Jahr und es muss einfach Spaß machen. Was nächstes Jahr ist, sehen wir dann.“Es könne sein, dass er nächstes Jahr aufhöre. Es kann ebenso sein, dass er noch ein Jahr beim VfB dranhänge: „Es kann alles sein.“

Und sollte es dereinst dann doch nicht mehr für einen Vertrag beim VfB reichen? „Das Einzige, was für mich noch reizvoll wäre, wäre das Ausland. Durch den Basketball bin ich ein großer Fan von Amerika geworden. Ein, zwei Jahre dort Fußball zu spielen und den Lifestyle zu erleben, hätte ich schon Bock.“Auch ein Wechsel nach Südeuropa sei denkbar. „Ich glaube, wenn ich noch mal was anderes machen würde, dann würde ich darauf schauen, dass das Wetter schöner ist als hier in Deutschlan­d“, sagte Didavi lachend. Doch ob und wann es so weit ist, weiß nur er allein. Aktuell ist die Sachlage ohnehin eindeutig: „Der VfB ist das, was das Herz am glücklichs­ten macht.“

„Der VfB ist das, was das Herz am glücklichs­ten macht.“

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FOTO: RALF POLLER/IMAGO IMAGES Daniel Didavi ist auf und neben dem Platz wichtig.

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