Von Leitwölfen und Überraschungen
Löw holt Müller, Hummels und Volland für die EM zurück in die Nationalmannschaft
(SID) - Thomas Müller hob mit einem Lausbuben-Grinsen den Daumen vor dem Fernseher, Mats Hummels postete sofort ein Bild in der Nationalmannschaftsjacke. Die vor zwei Jahren aussortierten Weltmeister reagierten mit viel Vorfreude und ohne zur Schau gestellte Genugtuung auf die Rolle rückwärts von Joachim Löw. Gemeinsam mit den 24 weiteren EMFahrern inklusive der Kader-Überraschungen Kevin Volland und Christian Günter wollen sie dem scheidenden Bundestrainer einen goldenen Abschied bescheren. „Die Chance, den EM-Titel zu holen, reizt mich sehr“, sagte Müller.
In 90 Minuten plus Nachspielzeit verkaufte der angriffslustige Löw sein Umdenken voller Selbstbewusstsein. „Wir haben gesagt, dass wir alles nochmals auf den Kopf stellen, jeden Stein umdrehen, um die bestmöglichen Entscheidungen zu treffen und alles dem Erfolg unterzuordnen“, sagte Löw bei seiner LivePräsentation aus Frankfurt. „Einen Umbruch komplett abzubrechen, macht keinen Sinn. Aber man kann ihn mal unterbrechen“, betonte der 61-Jährige: „Uns haben in einigen Spielen Stabilität und Erfahrung gefehlt. Müller und Hummels haben eine sehr starke Saison gespielt, sie können führen.“
Führung ist bei der paneuropäischen EM (11. Juni bis 11. Juli) nach dem WM-Debakel 2018 und den peinlichen Pleiten in Spanien (0:6) und gegen Nordmazedonien (1:2) dringend notwendig. Das Turnier stehe „über allem“, sagte Löw im weißen Designerhemd beschwörend: „Ein erfolgreiches Turnier ist für den deutschen Fußball, für die gesamte Nation extrem wichtig.“
Dieser Verantwortung sind sich auch Müller (31) und Hummels (32) bewusst. „Auf geht's zur EURO. Ich bin bereit“, teilte Bayern-Anführer Müller mit. „Ich habe richtig Bock auf ein neues Kapitel“, schrieb der Dortmunder Abwehrchef Hummels bei Instagram. Dieses Kapitel soll möglichst erst im Finale im Londoner Fußball-Tempel Wembley enden. Man zähle zwar nicht zu den „absoluten Favoriten“, so Löw, aber „wenn wir in einen guten Flow kommen, ist alles möglich“.
Dazu sollen auch Löws Überraschungsmänner Volland (AS Monaco) und Günter (Freiburg) beitragen, die zusammen 2014 gegen Polen im Nationaltrikot debütierten. Löw lobte Vollands „starke Physis, sein Durchsetzungsvermögen, seine Torgefahr“. Linksverteidiger Günter bringe „sehr viel Energie ins Spiel“. Er habe eine „gute Dynamik“. Stürmer Volland war „extrem glücklich und dankbar“, Günter bedankte sich ungläubig bei „Herrn Löw“. Davon träume jedes Kind. Für Träumereien bleibt aber nicht viel Zeit, am 28. Mai startet das Trainingslager in Seefeld/ Tirol. Dabei wird auch Youngster Jamal Musiala (18) sein. Der deutsche Rekordmeister Bayern München stellt damit acht Spieler.
Auf Julian Draxler und Julian Brandt verzichtete Löw. Bei Draxler „war die Enttäuschung logischerweise groß“, berichtete Löw nach einem Telefonat mit seinem Kapitän beim Confed-Cup-Sieg 2017. Marco Reus wäre wohl im Kader gewesen, verzichtete aufgrund seiner Verletzungshistorie aber freiwillig. „Er hat mir offen gesagt, dass er sich jetzt erholen
Bayern München (8): Manuel Neuer, Niklas Süle, Joshua Kimmich, Leon Goretzka, Serge Gnabry, Thomas Müller, Leroy Sané, Jamal Musiala. – Borussia Mönchengladbach (3): Matthias Ginter, Jonas Hofmann, Florian Neuhaus. – FC Chelsea (3): Antonio Rüdiger, Kai Havertz, Timo Werner. – Borussia Dortmund (2): Emre Can, Mats Hummels. – muss. Wir brauchen aber Energie, jeder muss nun noch mal richtig hochfahren. Es ist schade, wir hätten ihn gerne dabei gehabt“, sagte Löw. Es fehlen aber zu Beginn auch einige EM-Fahrer. So ist Toni Kroos an Covid-19 erkrankt. Zum Turnier werde er aber „natürlich bereit sein“, versicherte der Führungsspieler von Real Madrid. Falls es Komplikationen gibt, hat Löw „einen Plan B“.
Nach den Testspielen gegen Dänemark (2. Juni/Innsbruck) und Lettland (7. Juni/Düsseldorf) startet der dreimalige Europameister am 15. Juni gegen Weltmeister Frankreich ins Turnier.
RB Leipzig (2): Lukas Klostermann, Marcel Halstenberg. – FC Arsenal (1): Bernd Leno. – Atalanta Bergamo (1): Robin Gosens. – Eintracht Frankfurt (1): Kevin Trapp. – SC Freiburg (1): Christian Günter. – Leeds United (1):
Robin Koch. – Real Madrid (1):
Toni Kroos. – Manchester City (1): Ilkay Gündogan. – AS Monaco (1): Kevin Volland.