Löws Allgäuer Bohneneintopf
Um es allen Kritikern zu zeigen, hat Joachim Löw bei seinem letzten Turnier-Aufgebot noch einmal die große Trickkiste geöffnet, ins volle Gewürzregal gelangt. Denn nicht die vorhersehbaren Überraschungen Mats Hummels und Thomas Müller sind die Verblüffungen des Kaders, sondern zwei Baden-Württemberger. Mit Stoßstürmer Kevin Volland und Linksverteidiger Christian Günter haben selbst die größten Experten nicht gerechnet. Vor allem den gebürtigen Marktoberdorfer Volland hatte Löw jahrelang trotz treffsicherster Leistungen ignoriert. Ähnlich wie Martin Max, Stefan Kießling und so viele andere Topstürmer schien der 28-Jährige nie wirkliche Würdigung im Adler-Trikot zu erfahren. Doch nach viereinhalb Jahren wurde der Kevin zum Kai und kam unverhofft aus der sprichwörtlichen Kiste – und kann mehr sein als Ergänzung, möglicherweise gar der Coup der EM.
Doch auch so ist Löw hoch anzurechnen, dass er nicht nur beim Allgäuer über seinen Schatten gesprungen ist. Denn dass der Bundestrainer die Routiniers Hummels und Müller nicht mitgenommen hat, um sie auf die Bank zu setzen, ist klar. Das unterstreicht noch einmal: Für den scheidenden Bundes-Jogi zählt auf seiner finalen Mission nur der Titel. Sturkopf-Löw, der seinen Jugendwahn aus Prinzip durchzieht, ist Geschichte. Die Entwicklung der Mannschaft, der große Umbruch, all das kann warten. Löw hat seine Zutaten ausgewählt, um seinen finalen Gang zu servieren. „Ein Kader wie eine Schüssel Bohneneintopf: viel drin und altbewährt“, schrieb das Magazin „11 Freunde.“Doch solange es schmeckt, ist es einerlei. Kulinarische und nicht zuletzt sportliche Experimente sind in der Vergangenheit schon zur Genüge schiefgegangen.