Kämpfer Khedira macht Schluss
Für den 34-jährigen Ex-Stuttgarter bleibt das kurze Engagement bei Hertha BSC die letzte Station seiner Karriere
(SID) - Sami Khedira ging jedes seiner Worte nur schwer über die Lippen. Immer wieder hielt er inne, als er über seinen „harten, aber einzig richtigen Schritt“sprach. Der ExWeltmeister von Hertha BSC geht nach 15 Jahren im Profi-Fußball auf dem Zahnfleisch, er wird seine Karriere nach der laufenden Saison beenden. „Ich habe eine Verantwortung meinem Körper gegenüber. Das Bauchgefühl hat am Ende entschieden“, sagte Khedira am Mittwoch – auf den Tag genau 14 Jahre zuvor hatte der gebürtige Stuttgarter als Meister mit dem VfB seine erste Trophäe in eine am Ende großartige Titelsammlung gestellt.
Weltmeister und ChampionsLeague-Sieger 2014 sowie zahlreiche nationale Titel in Spanien und Italien – der 34-Jährige blickt auf eine erfolgreiche, aber auch brutal harte Laufbahn zurück. „Der Fußball hat mir unheimlich viel gegeben, ein privilegiertes Leben“, sagte der Mittelfeldspieler. „Es fällt mir unwahrscheinlich schwer. 15 Jahre Profifußball haben ihre Spuren hinterlassen. Ich bin der felsenfesten Überzeugung, dass es die richtige Entscheidung ist. Der Schmerz ist zwar sehr, sehr groß, aber am Ende überwiegt Dankbarkeit“, so Khedira.
Am Samstag (15.30 Uhr/Sky) wird Khedira bei der TSG Hoffenheim sein 107. und zugleich letztes Bundesliga-Spiel absolvieren. Verletzungen hatten ihn vor allem in der jüngeren Vergangenheit immer wieder zurückgeworfen. „Ich muss ehrlich zu mir sein, was ich noch kann, was ich noch will und in welchem Zustand ich bin“, räumte er ein.
Zuletzt machte die Wade mehrmals Probleme. Wie vor dem WMFinale 2014 gegen Argentinien, als er kurz vor dem Anpfiff passen musste. Der Triumph im Maracanâ war dennoch Höhepunkt einer großen Karriere, samt Titelgewinnen mit dem VfB Stuttgart, Real Madrid und Juventus
Turin. Das Turnier in Brasilien überhaupt erreicht zu haben, war eine große Energieleistung. Sieben Monate zuvor schien ein Kreuzbandriss einen WM-Start auszuschließen. Der Mittelfeld-Stratege kämpfte sich zurück. 2010 war sein Fußball-Stern bei der WM in Südafrika international aufgegangen, als Ersatzmann des verletzten Michael Ballack. Es folgte der Wechsel aus dem Ländle zu Real Madrid, wo er 2014 kurz vor dem WM-Triumph auch Champions-League-Sieger wurde. In der Nationalmannschaft war schon nach dem Russland-Debakel
2018 nach 77 Länderspielen Schluss. Bundestrainer Joachim Löw holte ihn nicht zurück.
Im Februar war er nach knapp sechs Jahren bei Juventus Turin in die Hauptstadt gewechselt, um noch einmal in der Bundesliga anzugreifen. Allerdings kam er in nur acht von 14 möglichen Partien für das Team von Pal Dardai zum Einsatz. „Jedes Kapitel, jeder Verein, die Nationalmannschaft, jede Saison – jede einzelne Etappe war eine Herausforderung für sich“, sagte Khedira.
Die Entscheidung, die Fußballschuhe an den Nagel zu hängen, sei in einem „schleichenden Prozess“zustande gekommen, er habe sie alleine gefällt. Doch die „Intensität, Schmerzen und Quälerei haben sich am Ende des Tages gelohnt“, sagte Khedira. „Gleichzeitig muss ich sagen, dass das Fußball-Geschäft knallhart ist.“
Der Schwabe möchte vorerst etwas Abstand gewinnen, dem Fußball anschließend aber erhalten bleiben. „Ich will jetzt aber erst mal meine Ruhe haben“, sagte der Weltmeister, der nun zum Weltenbummler wird. „Ich werde kein richtiges Zuhause haben. Ich werde viele Dinge machen, die ich als aktiver Sportler nicht machen konnte.“
Der aktive Fußball ist dann um einen Großen ärmer.