Warnungen vor dem Jo-Jo-Effekt
Corona-Zahlen geben Anlass zur Hoffnung – Spahn mahnt zur Vorsicht und kritisiert Lucha
(dpa/AFP) - Der Trend ist positiv: Die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz ist auf 67,3 gesunken. Die Inzidenzen in allen Bundesländern und Altersgruppen – auch bei den Jüngeren – gehen nach Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) zurück. Auch wurden weniger Ausbrüche in Schulen und Kitas gemeldet. Die Zahl der Corona-Patienten auf den Intensivstationen sinkt. Und dennoch warnen Lothar Wieler, der RKI-Chef, und Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) vor allzu forschen Lockerungen und vorschnellen Öffnungsschritten.
„Wir dürfen nicht zulassen, dass das Virus wieder Oberhand gewinnt, weil wir auf einmal zu viel wollen“, sagte Wieler am Freitag. „Die Gefahr ist noch nicht gebannt.“Rund 1300
Menschen pro Woche sterben in Deutschland weiterhin an Covid-19. „Das ist immer noch eine schrecklich hohe Zahl.“Auch andere Wissenschaftler und Politiker fürchten sonst einen Jo-Jo-Effekt. „Genießen Sie die Feiertage, genießen wir gemeinsam die Feiertage, aber bleiben wir dabei vorsichtig“, appellierte Gesundheitsminister Spahn. Es gelte, sich vor allem draußen zu treffen und sich regelmäßig testen zu lassen. Es gehe um behutsame Öffnungsschritte und einen weiterhin wichtigen Schutz mit Abstand und Masken. „Unsere Ungeduld darf am Ende nicht zu Übermut führen.“Zwischen Bund und Ländern sei vereinbart, vor nächsten Schritten zunächst zwei, drei Wochen zu warten und zu sehen, welche Folgen dies habe.
Klar ist aber auch, dass am Pfingstwochenende schon mehr geht als noch zu Ostern. Vielerorts ist Außengastronomie wieder erlaubt, im badischen Rust hat am Freitag als einer der ersten Freizeitparks der Europa-Park eröffnet.
Dass Straßencafés oder Biergärten wieder öffnen können, habe vor allem mit der Disziplin einer großen Mehrheit der Bundesbürger zu tun – und mit dem Impfen, so Spahn. An Ostern seien zwölf Prozent der Bevölkerung das erste Mal geimpft gewesen, rechnete Spahn vor. „Zu Pfingsten werden es 40 Prozent sein, und zum Start in das Sommerquartal werden aus heutiger Sicht mindestens 50 Prozent einmal geimpft sein.“Kritik an der Verteilung des Impfstoffs wies der Minister am Freitag zurück. Baden-Württembergs Gesundheitsminister Manfred Lucha (Grüne) hatte beklagt, es komme zu wenig Vakzin im Südwesten an. Dazu sagte Spahn der „Stuttgarter Zeitung“, die Lieferpläne seien von seinem Ministerium nie zulasten der Länder geändert worden. Es gebe nach seinen Informationen Impfstoff in Baden-Württemberg, der noch nicht den Weg zu Patienten gefunden habe. Spahn bemängelte, dass Lucha unabgestimmt die Priorisierungen für Impfstoffe bei den Hausärzten aufgehoben habe. „Dass in Baden-Württemberg momentan ganz viele Impfwillige vergeblich in Arztpraxen anrufen, hängt damit zusammen. Dafür kann man dann nicht die Bundesregierung verantwortlich machen“, so Spahn.