Aesculap beim Umsatz wieder auf Vorkrisenniveau
(maj) - Beim Tuttlinger Medizintechnik-Unternehmen Aesculap geht es aufwärts. Nach einem deutlichen Umsatzminus im Jahr 2020 sind die Zahlen wieder wie vor Beginn der Corona-Pandemie. „Im März 2021 hat Aesculap das erste Mal wieder das normale Umsatzniveau erreicht – ein Trend, der sich im April fortgesetzt hat“, sagte Vorstandschef Joachim Schulz.
Der Hersteller von chirurgischen Instrumenten, Implantaten, Nahtmaterial und Sterilcontainern hatte die Auswirkung der Pandemie, insbesondere das Verschieben von planbaren Operationen, stark zu spüren bekommen. Der Umsatz war im vergangenen Jahr von 1,96 Milliarden Euro sogar hinter das Ergebnis von 2018 (1,82 Milliarden Euro) zurückgefallen. Die Summe von 1,74 Milliarden Euro bedeuteten einen Rückgang von elf Prozent. Im Gegensatz zu Aesculap hatten die anderen drei Sparten des Mutterkonzerns B. Braun Melsungen AG zulegen können.
Die positive Entwicklung begründet Schulz mit den anziehenden Märkten in den USA und China. Er geht auch wieder von einem Wachstum des Tuttlinger Unternehmens aus, das im Vertrieb stärker auf digitale Konzepte setzen will. In Zukunft soll sich der Standort Tuttlingen auf die Bereiche additive Fertigung, Künstliche Intelligenz, Sensorik und Smart Devices konzentrieren. Die Disziplinen Chirurgie, Orthopädie, Wirbelsäule und Neurochirurgie bleiben mit Forschung, Entwicklung und Fertigung ebenfalls erhalten.
- Stellmaschinen haben schon seit vielen Jahrzehnten die Arbeit der Kegeljungen übernommen, die einst in den Gasthäusern am Ende der Kegelbahnen arbeiteten und den Keglern die gefallenen Kegel aufstellten. In Deutschland hängen die Kegel dafür in der Regel an einem Seil. Was in Europa normal und kein Problem ist, kommt in den USA, dem Mutterland des Bowling, einer Revolution gleich – und immer dreht es sich um die eine Frage: Fallen die Kegel anders, wenn sie ein Seil mit der Stellmaschine verbindet?
„Das Fallbild unterscheidet sich – aber nur ein wenig“, sagt Karl-Heinz Funk. Der Oberschwabe ist Chef von Funk, des weltweit wichtigsten Herstellers von Kegelbahnen, mit Sitz in Maselheim bei Biberach. Und weil das Familienunternehmen, das KarlHeinz Funk zusammen mit seinem Vater Karl und seinem Sohn Alexander führt, auch in den USA mit seinen unzähligen Bowlingcentern Fuß fassen will, ist die Frage nach den Seilen so wichtig: Denn bislang hat die Sportwelt in Amerika ausschließlich auf seillose Stellmaschinen gesetzt.
Den Grundstein für den Erfolg jenseits des Atlantiks soll die Technik legen, die Unternehmensgründer Karl Funk in den 1960er-Jahren in der Garage entwickelte. Damals arbeitete der heute 80-Jährige als Elektromechaniker beim Biberacher Schleifmaschinenhersteller Vollmer, der in der Zeit noch eine Abteilung für Kegelstellmaschinen hatte. „Ich war für die Betreung der Kunden zuständig“, erzählt Karl Funk. „Und immer kam ich mit dem gleichen Fehler zurück, aber der Ingenieur hat die einfach nicht abgestellt.“Und so beginnt der Techniker zu Hause, auf eigene Faust an einer Stellmaschine zu tüfteln – und als sie fertig ist, verlässt Karl Funk Vollmer und gründet 1964 mit Anfang 20 ein eigenes Unternehmen.
Als ein großer Wettbewerber, das Unternehmen Kroll aus Mönchengladbach, 1972 keinen Nachfolger für den Chefposten findet, übernimmt Funk den Rivalen kurzerhand, um zehn Jahre später auch den damaligen Marktführer Spellmann aus Hannover anzugreifen. Und wieder gelingt das dem Oberschwaben über technische Neuheiten. Funk stellt die Kegelbahnsteuerung von Relaisschaltungen auf Elektronik um.
Ein Kegelcenter in Kassel mit 16 Bahnen, LED-Anzeige, Kommunikationswand, Laufschrift und ScoringGerät dient im Jahr 1983 als Demonstrationsobjekt für die neue Technik. „Spellmann als Branchenprimus hat diese Entwicklungen verschlafen“, erklärt Karl-Heinz Funk, der bei der Eröffnung der Bahnen in Nordhessen als 13-Jähriger dabei war. An diesem Abend lernt Vater Karl die Vorstände des Rivalen kennen. „Sie haben zugegeben, wie weit weg sie von der Entwicklung waren“, erinnert sich Karl Funk. „Und ich habe dann einen Brief an die Inhaber geschrieben“. Die Folge: Zwei Jahre später, im Jahr 1985, übernimmt Funk auch den traditionsreichen, 1885 gegründeten Kegelbahnhersteller Spellmann.
Mit seinen beiden Produktionen im Maselheim-Teilort Äpfingen und in Hannover ist Funk heute der weltgrößte Hersteller von Kegelbahnen. Rund 80 Mitarbeiter fertigen so gut wie alles selbst – von den Bahnen über die Stellmaschinen bis zu den Elektroniken und Schaltschränken. Die Unternehmensgruppe, zu der auch ein Hersteller von Sportschießanlagen sowie Hotels und Immobilien gehören, betreibt zudem bundesweit acht Bowlingcenter mit 82 Bahnen. Im Kegel- und Bowlingbahnbau setzte Funk 2020 rund 10,5 Millionen Euro um und damit genauso viel wie im Jahr zuvor. „Wir sind gut durch das Corona-Jahr gekommen, auch deshalb, weil wir in der Zeit die Aufträge, die wir in den Büchern hatten, abgearbeitet haben“, sagt KarlHeinz Funk. Die Zahlen seien, wie bislang immer in der Unternehmensgeschichte, schwarz. Mehr als 50 000 Bahnen hat Karl Funk mit Sohn und Enkel seit der Unternehmensgründung in alle Welt verkauft – „ermöglicht
hat das alles die Stellmaschine, die ich damals entwickelt habe“, erläutert Karl Funk. „Das Grundschema ist noch immer das gleiche.“
Ein Funktionsprinzip, mit dem die Oberschwaben bei ihrem ehrgeizigsten Ziel allerdings viele Jahre nicht weiterkamen. In allen Teilen der Welt war das Unternehmen Funk Marktführer – mit Ausnahme der
USA. Das Land, in dem man mit der Kugel nicht auf neun Kegel, sondern auf zehn Pins zielt und in dem der abendliche Ausflug ins Bowlingcenter zur Kultur gehört, hatten die Platzhirsche Qubica-AMF und Brunswick unter sich aufgeteilt.
„Wir wollten eigentlich schon immer ins Mutterland des Bowling“, erzählt Karl-Heinz Funk. „Vom Können her ist das auch kein Problem, wir haben schon immer auch Bowlingbahnen gebaut.“Das Problem lag anders: In den USA setzen die Bowlingcenter und vor allem die Sportteams auf seillose Stellmaschinen. Die spezielle Expertise, auf die der Erfolg von Karl Funk gründet, war aber die Optimierung der Seilmaschine. Zum guten Ton unter USBowlern gehörte es, über Seil-Bowling zu lästern und darüber zu philosophieren, wie viel besser die Pins fallen, wenn sie nicht an einem Seil aufgeknüpft sind.
Die langsame Abkehr von seillosen Maschinen beginnt in Lincoln im US-Bundesstaat Nebraska. Dort finden die Funks 2009 in Bill Straub, der die Cornhuskers, das Bowlingteam der Universität von Nebraska, trainiert, einen Fürsprecher. Die Oberschwaben installieren auf sechs Bahnen die von Karl Funk entwickelten Seilmaschinen. „Straub war für uns ein Pionier, die Bahnen in Nebraska unser Referenzobjekt“, erklärt Alexander Funk. „Bill Straub hat gezeigt, man kann auf Seilmaschinen trainieren und anschließend auf seillosen Maschinen gewinnen.“Immerhin führte Straub die Cornhuskers seither zu drei Meisterschaften.
Auf der Bowlingmesse in Las Vegas stellen die Funks 2013 eine Seilmaschine aus. Das Interesse ist groß, aber zu Aufträgen kommt es noch immer nicht. Die kommen erst, als in den Folgejahren der Bowlingsport in die Krise gerät. Weil die Zahl der aktiven Bowlingspieler in den USA zwischen 2007 und 2017 um fast ein Viertel sank, begannen die Bowlingcenter umzudenken und versuchten, ihre Kosten zu drücken. „Bei seillosen Maschinen braucht man immer einen Servicetechniker“, erklärt Karl Funk. „Diese Kosten haben den Inhabern den Gewinn aufgefressen.“
Im Jahr 2018 beginnt in Äpfingen dann die Planung zur Gründung von Funk Nordamerika. Ein Jahr später ist das Unternehmen mit Sitz in Detroit aktiv. Chef ist Alexander Funk, Vizechef der befreundete ServiceTechniker Steven Kolarchick, der vor Ort die Stellung hält. Noch hat Funk in Michigan nur einen großen Lagerraum, und alle Produkte und Bauteile für die Bahnen produzieren die Mitarbeiter in Äpfingen und in Hannover – das soll sich aber nach und nach ändern. „Wir werden auch eine Produktion in Nordamerika aufbauen“, sagt Karl-Heinz Funk.
Die könnten die Funks brauchen. Sie setzen darauf, dass immer mehr Bowlingcenter von seillosen auf Seilmaschinen umrüsten. „Die größte Anlage, die bislang umgerüstet hat, war die in Orlando Florida – den Auftrag haben wir bekommen“, erklärt Alexander Funk. „Die Umrüstung ist unser Markt.“Wie sich der Wind gedreht hat, zeigt auch die Tatsache, dass die Marktführer, die bislang auf seillose Maschinen gesetzt haben, nun für Seilbowling werben. Auf der Homepage von Qubica-AMF heißt es sogar „The String Bowling Revolution is Here“(Die Seil-Bowling-Revolution ist hier). „Zuerst haben die Unternehmen vehement gegen Seilmaschinen gewettert – und nun kämpfen sie gegen die selbst gestreuten Vorurteile“, sagt Alexander Funk.
Und auch in der Heimat, im Mutterland des Kegelns, verbessern sich die Geschäftsaussichten nach Jahren der Krise wieder. „Der Freizeitsport hat Zuwachsraten, die Gastwirte investieren wieder, weil sie erkannt haben, dass sie mit den Bahnen ein Alleinstellungsmerkmal haben“, sagt Karl-Heinz Funk. Sohn Alexander schaut jedenfalls optimistisch in die Zukunft: „Das, was mein Opa entwickelt hat, ist ein Zukunftsprodukt.“Damals in der Garage, als der Ingenieur bei Vollmer nichts von seinen Ideen wissen wollte.