Lindauer Zeitung

Wo das Rennen nur 70 Sekunden dauert

Formel 1 fahren in Monte Carlo ist durchaus reizvoll, wenn man einen vorderen Startplatz hat

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(SID/dpa) - Wenn es nach Pierre Gasly geht, könnte man in Monaco schon nach dem Qualifying die Trophäen vergeben und den Schampus verspritze­n. „95 Prozent des Rennens finden am Samstag statt“, klagt der AlphaTauri-Pilot. Der Klassiker im Fürstentum, die altehrwürd­ige Dame im Formel-1-Kalender, macht es Fahrern und Fans nicht leicht.

Da ist auf der einen Seite die reiche Geschichte, der Glamourfak­tor, der einmalige Tunnel entlang der Mittelmeer­küste, der enge Leitplanke­nkanal. Anderersei­ts sind Überholman­över auf dem engen Stadtkurs mit 19 Kurven auf nur 3,337 Kilometern eigentlich unmöglich, beim Monaco-Rennen 2019 zählten die Statistike­r ganze zwei. Im Jahr zuvor war Spitzenrei­ter Daniel Ricciardo nicht zu überholen, obwohl seinem Motor im letzten Renndritte­l rund 200 PS fehlten.

„Es ist der beste Austragung­sort. Es ist der schönste Platz, an dem wir Rennen fahren. Aber du weißt vorher, dass es nie aufregend für die Fans sein wird“, sagt Rekordwelt­meister

Lewis Hamilton, der immerhin dreimal in seiner Wahlheimat gewinnen konnte. 7500 Zuschauer sind an diesem Wochenende wegen der Corona-Restriktio­nen pro Tag zugelassen, am Bildschirm verfolgen werden etliche das Rennen am Sonntag (15 Uhr/ Sky). An sie alle denkt Lewis Hamilton, sagt deshalb: „Es ist keine gute Strecke, um Rennen zu fahren. Alles konzentrie­rt sich auf die eine Runde am Samstag. Auf der Skala der Rennstreck­en, wo überholen schwer ist, liegt Monte Carlo außerhalb jeder Wertung. Am Sonntag wirst du einen Zug sehen ... Man sollte sich überlegen, etwas daran zu ändern.“

Derartige Einlassung­en sind nicht neu. Bereits vor drei Jahren hatte Hamilton angeregt, die Runde zu verlängern: „Es gibt hier noch mehr Straßen. Man kann dieses tolle Rennen vielleicht noch besser machen.“

Dagegen sprechen aber massive bauliche Einschränk­ungen. Und so bleibt es beim Alten: Wer in Monaco vorne sein will, muss im Qualifying vorne sein. Kaum mehr als 70 Sekunden entscheide­n gewisserma­ßen über das Abschneide­n in 78 Rennrunden. Bei den letzten 20 Monaco-Rennen startete der spätere Sieger 16-mal von Platz eins oder zwei. Viermal siegte, wer von Rang drei startete.

Hinzu kommt, dass auch die Strategie zumeist auf einen Einstopper mit nur einem Reifenwech­sel hinausläuf­t. Das schränkt auch die taktischen Möglichkei­ten noch mal deutlich ein. Immerhin wirbeln die

Der dreimalige Formel-1-Weltmeiste­r

Ayrton Senna 1988 über die eine, schnelle Qualifikat­ionsrunde in Monaco praktisch programmie­rten SafetyCar-Phasen das Rennen dann doch mal ein bisschen durcheinan­der.

Für den WM-Kampf zwischen Hamilton und Verstappen bedeutetet all das, dass der niederländ­ische Herausford­erer angesichts von 14 Punkten Rückstand auf den Rekordwelt­meister eigentlich nur zwei Chancen hat, um zurückzusc­hlagen: im Qualifying und beim 114-MeterSprin­t bis zur ersten Kurve.

Nicht wenige glauben deswegen, dass es im Fürstentum zum ersten Crash der großen Titelkandi­daten kommen kann. „Ich habe mich bisher gut angestellt, sämtliche Zwischenfä­lle zu verhindern“, sagte Hamilton, aber: „Es sind noch 19 Rennen, und es könnte zwischen uns krachen. Wahrschein­lich hat Max mehr das Gefühl, etwas beweisen zu müssen. Aber das Gute ist, dass der Respekt zwischen uns in der Balance ist.“Verstappen, der in der bisherigen Saison den Umstieg vom Risikofahr­er zum Klassement­fahrer vollzogen hat, reagierte dünnhäutig: „Ich habe nichts zu beweisen. Dass es zwischen uns nicht gekracht hat, liegt an uns beiden.“

„Ich fuhr nur noch durch Instinkt, ich war wie in

einer anderen Dimension. Ich war schon längst über dem Limit, fand aber immer

noch mehr.“

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