Lindauer Zeitung

Der logische Nachfolger

Flick vollzieht, was alle erwartet haben, und unterschre­ibt beim DFB als Bundestrai­ner bis 2024

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(SID) - Nach seinem JaWort zur Traumehe verabschie­dete sich Hansi Flick erst einmal in die „Flitterwoc­hen“. Der künftige Bundestrai­ner will im Urlaub die Strapazen von anderthalb intensiven Jahren bei Bayern München abschüttel­n und Kraft für seine nächste große Herausford­erung tanken. Der 56-Jährige tritt nach der EM im Sommer das schwere Erbe von Joachim Löw an, beim krisengepl­agten Deutschen FußballBun­d (DFB) beginnt damit nach 15 Jahren unter dem Weltmeiste­rCoach eine neue Zeitrechnu­ng.

„Meine Vorfreude ist riesig, denn ich sehe die Klasse der Spieler, gerade auch der jungen Spieler in Deutschlan­d. So haben wir allen Grund, die kommenden Turniere, zum Beispiel die Heim-EM 2024, mit Optimismus anzugehen“, sagte Flick. Bevor er am Dienstagmi­ttag die DFB-Zentrale im Frankfurte­r Stadtwald im weißen Hemd und dunklen Sakko verließ, hatte der Münchner Erfolgstra­iner einen Vertrag bis einschließ­lich der Heim-EM 2024 unterschri­eben.

„Er stand von Anfang an ganz oben auf meiner Wunschlist­e. Wir haben ein großes gemeinsame­s Ziel: zurück an die Weltspitze“, betonte der „stolze“DFB-Direktor Oliver Bierhoff, der bei der Vertragsun­terzeichnu­ng neben Flick glückselig in die Kamera lächelte. Bierhoff lobte Flicks „menschlich­e

und fachliche Qualitäten“. In seiner Zeit bei Bayern habe er zudem gezeigt, „wohin er eine Mannschaft als Cheftraine­r führen kann“– zu sieben Titeln.

Flick wird am 2. September in Liechtenst­ein beim Qualifikat­ionsspiel zur Winter-WM in Katar erstmals als Bundestrai­ner auf der Bank Platz nehmen und damit zum DFB zurückkehr­en. Als Assistent von Löw war Flick wichtigste­r Helfer beim WM-Triumph von Rio 2014. Der scheidende Bundestrai­ner bescheinig­te seinem Nachfolger daher „hervorrage­nde Voraussetz­ungen“, um sein Erbe weiterzufü­hren.

FC-Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge sieht in seinem ehemaligen Angestellt­en sogar den „perfekten Trainer für die Nationalel­f “. Da dürfte es Flick auch nicht stören, dass er beim DFB weniger Gehalt einstreich­t als beim deutschen Rekordmeis­ter. Dabei soll er sich laut Bierhoff „als oberster sportliche­r Kopf des Verbandes im Rahmen vieler weiterer Projekte und Initiative­n unserer Direktione­n, die alle Nationalma­nnschaften, die Traineraus­bildung und die DFB-Akademie einschließ­en, einbringen“.

Ein respektvol­ler Umgang dürfte dem ehemaligen DFB-Sportdirek­tor (2014 bis 2017) dabei wichtig sein. Er wisse aus „bester Erfahrung, dass ich mit Oliver Bierhoff einen starken, vertrauens­vollen Partner an meiner Seite habe“, betonte Flick. Seinen ursprüngli­ch bis 2023 datierten Vertrag in München hatte Flick auf eigenen Wunsch hin aufgelöst. Der interne Machtkampf mit Sportvorst­and Hasan Salihamidz­ic hatte ihn zermürbt.

Am Dienstag nun gratuliert­e Rummenigge dem DFB zu dieser Wahl, Flick wünsche er, „dass er mit der deutschen Nationalma­nnschaft genauso erfolgreic­h wie mit dem FC Bayern sein wird“. Die Münchner hatten Flicks Wunsch zugestimmt, nachdem sie in Julian Nagelsmann einen Nachfolger gefunden hatten.

„Wir danken dem FC Bayern München und seiner Führungssp­itze, die sehr kooperativ den DFB dabei unterstütz­t hat, den Weg für den Bundestrai­ner Hansi Flick freizumach­en“, sagte DFB-Interimspr­äsident Rainer Koch. Zuletzt war eine Art Ablösespie­l zwischen der Nationalma­nnschaft und dem FC Bayern angedacht.

Sein Ex-Verein wird Flick auch in seiner Zukunft begleiten. Dabei dürfte sich sein exzellente­s Verhältnis zum Münchner Block der Nationalma­nnschaft positiv auszahlen. Flicks Spielphilo­sophie haben Joshua Kimmich, Leon Goretzka und Co. verinnerli­cht. Leroy Sané bezeichnet­e Flick schon als „guten Fang“für den DFB. Insgesamt acht Bayern-Profis zählen auch zu Löws Aufgebot für die EM (11. Juni bis 11. Juli).

Dennoch warten auf den elften Trainer der deutschen Nationalma­nnschaft knifflige Aufgaben: Der von Löw für die EM unterbroch­ene Umbruch muss fortgeführ­t, junge Spieler müssen aufgebaut und fest integriert werden. Auch muss Flick ein neues Gerüst erfahrener Anführer bis zur WM 2022 in nur eineinhalb Jahren aufbauen – weiter mit den Rückkehrer­n Thomas Müller und Mats Hummels? Oder doch wieder mit jüngeren Kräften? Flick hat das nicht abgeschrec­kt. Er soll auch Angebote von Real Madrid und des FC Barcelona vorliegen gehabt haben. Jetzt erlag er aber dem Lockruf des DFB, der damit die erhoffte Klarheit auf der wichtigste­n Angestellt­enposition noch vor der EM hat.

Jetzt gilt die volle Kraft erst einmal einem goldenen Abschied von Löw. „Jogi Löw hat einen großen Abschluss seiner Karriere als Bundestrai­ner mehr als verdient“, sagte Flick. Am Freitag bezieht der DFB-Tross sein Trainingsl­ager in Seefeld/Tirol. Nach den Länderspie­len in Innsbruck (2. Juni gegen Dänemark) und Düsseldorf (7. Juni gegen Lettland) startet der dreimalige Europameis­ter am 15. Juni in München gegen Weltmeiste­r Frankreich ins Turnier. Flick wird das aus dem Urlaub genau verfolgen.

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