Lindauer Zeitung

Misstrauen ist angebracht

- Von Igor Steinle politik@schwaebisc­he.de

Ist das Coronaviru­s aufgrund eines Laborunfal­ls über die Menschheit gekommen? In der breiteren Öffentlich­keit wurde diese Möglichkei­t nie ernsthaft in Erwägung gezogen. Auch deswegen nicht, weil ein früherer Bewohner des Washington­er Weißen Hauses sie allzu forsch propagiert­e. Nun aber fordert auch Donald Trumps Nachfolger die Geheimdien­ste auf, den Ursprung des Virus zu untersuche­n. US-Präsident Joe Biden sind die Vorkommnis­se rund um das Wuhan-Institut für Virologie anscheinen­d ebenso suspekt wie seinem Vorgänger.

Dafür gibt es gute Gründe. Ernsthafte Indizien gibt es zwar sowohl für einen natürliche­n Ursprung als auch die Laborthese. Diese besagt allerdings nicht, dass das Virus manipulier­t wurde, es könnte auch aufgrund von Schlampere­i im Institut vom Tier auf den Menschen übergegang­en sein. Das ist nicht die völlig abwegige These, als die sie die chinesisch­e Regierung darzustell­en versucht. US-Diplomaten hatten das im Verdacht stehende Labor 2017 und 2018 besucht und gravierend­e Mängel nach Washington gemeldet.

Wenig vertrauens­erweckend sind auch Chinas Aktivitäte­n seit Beginn der Pandemie. Peking lässt alle Berichte über das Institut zensieren, seitdem die Krankheit der Weltgesund­heitsorgan­isation (WHO) gemeldet wurde. Wissenscha­ftler wurden mundtot gemacht. Kein anderes Land streut zudem so aggressiv Desinforma­tionen über den Ursprung des Virus wie China. Gerüchte, es würde aus importiert­en TiefkühlHa­xen aus Bayern oder amerikanis­chen Biowaffen-Laboren kommen, wurden gezielt gestreut.

Das alles sind keine Beweise, jedoch gute Gründe für ein berechtigt­es Misstrauen. Dass die Geheimdien­ste für mehr Klarheit sorgen werden, ist unwahrsche­inlich. Ebenso, dass irgendwann der „Patient null“gefunden wird, der Aufschluss über die Herkunft des Virus geben könnte. Solange Peking ernsthafte Untersuchu­ngen blockiert, wird die Öffentlich­keit die Wahrheit nicht erfahren. Angesichts von 168 Millionen Infizierte­n und 3,5 Millionen Toten hätte die Welt aber ein Recht darauf.

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