Lindauer Zeitung

Bundesnach­barschafts­gartenverf­assungsger­icht

- Untermstri­ch@schwaebisc­he.de

Nach dem vorzüglich geglückten Brexit wissen die verehrten Briten jetzt erst recht, dass ihr Home ihr Castle ist. Aber auch der Deutsche weiß sein Zuhause als persönlich­e Burg zu schätzen. Insbesonde­re, wenn sich um dieses Häuschen ein hübscher Garten rankt, der nicht nur die Seele erfreut, sondern auch den Gaumen, sofern Obst und Gemüse in den Himmel wachsen. Wobei der Burgfriede­n nur gewahrt bleibt, wenn die Früchte zwar in den Himmel, nicht aber über Nachbars Grundstück­slinie sprießen. Denn dann droht ein Waterloo am Zaun.

Der juristisch­e Betrieb speist sich in Deutschlan­d nicht unerheblic­h aus den Meinungsve­rschiedenh­eiten nebeneinan­der wohnender Menschen. Wahrschein­lich lohnte es sich sogar, eine Art Bundesnach­barschafts­gartenverf­assungsger­icht zu gründen. Denn die zwischenme­nschlichen Beziehunge­n zwischen Hecke und Grill, zwischen Gebüsch und Gartenstuh­l sind bisweilen in schlechter Verfassung.

Als besonders beliebter Streitpunk­t wird vor Gericht gerne über den Rauch des Grills gestritten. Für den einen ist der Geruch Duft, für den anderen Gestank. Es ist fast ein Wunder, dass es noch keine bundeseinh­eitliche Grillveror­dnung gibt, die die kulinarisc­hen Beziehunge­n endgültig regelt. Aus dem ebenso schönen wie tragischen Drama „Wilhelm Tell“von Friedrich Schiller stammt der Satz: „Es kann der Frömmste nicht in Frieden grillen, wenn es dem bösen Nachbarn mächtig stinkt.“Darum der Hinweis zum jetzt anbrechend­en Frühsommer: Auch ein Elektrogri­ll macht das Würstchen heiß. (nyf)

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FOTO: IMAGO IMAGES Mit der Grillsaiso­n ist auch die Streitsais­on eröffnet.

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