Lindauer Zeitung

Weniger Covid-Kranke auf Intensivst­ationen

Besucherre­geln werden gelockert – Warum die OSK trotzdem weiter vorsichtig bleibt

- Von Annette Vincenz und Bernd Adler

- In den Krankenhäu­sern der Oberschwab­enklinik (OSK) entspannt sich die Lage zusehends: Mittlerwei­le müssen dort nur noch zwölf Covid-Patienten behandelt werden, davon liegt allerdings die Hälfte noch auf den Intensivst­ationen (vier in Wangen, zwei in Ravensburg). Ab kommendem Montag sind wieder Krankenbes­uche zulässig. Nach Aussagen von Pressespre­cherin Vera Sproll wollen die Verantwort­lichen weiter Vorsicht walten lassen, da sich die Situation auch wieder verschlimm­ern könnte. „Übers Pfingstfes­t haben sich viele Leute getroffen, da könnten die Zahlen auch wieder hochgehen“, sagt sie.

Gewisserma­ßen mit angezogene­r Handbremse werde auch der normale Betrieb in den Operations­sälen wieder hochgefahr­en. Zeitweise konnten am Elisabethe­nkrankenha­us in Ravensburg von zehn Sälen nur sechs betrieben werden, aufschiebb­are Operatione­n mussten abgesagt werden, um keine Vollbelegu­ng der Intensivst­ationen zu riskieren. Obwohl die dritte Pandemiewe­lle – wahrschein­lich wegen der erfolgreic­hen Impfkampag­ne der hochbetagt­en Bevölkerun­g – nicht so viele Opfer forderte und schwere Verläufe produziert­e wie die zweite Welle im Dezember und Januar, lagen zeitweise um die 50 Patienten mit nachgewies­ener Corona-Infektion im EK und im Westallgäu­klinikum Wangen. Auf den Intensivst­ationen gab es nur noch wenige freie Betten – um alle Covid-Patienten pflegen zu können, mussten sechs Bundeswehr­soldaten aushelfen.

Mit welcher Wucht die drei Pandemiewe­llen über den Kreis Ravensburg hinwegroll­ten, lässt sich einerseits an den Patientenz­ahlen der OSK, anderersei­ts an den Sterbefäll­en ablesen. Während der ersten Welle zwischen Februar und Mai 2020 starben sieben Kreisbewoh­ner, die Patientenz­ahlen schwankten um die 30. Zum Höhepunkt der zweiten Welle Anfang Januar 2021 lagen mehr als 100 Menschen mit einer erwiesenen Corona-Infektion oder dem starken Verdacht darauf in den Krankenhäu­sern in Ravensburg und Wangen. Von November bis Januar starben 84 Männer und Frauen im Kreis, die meisten davon allerdings nicht im Krankenhau­s, sondern in Alten- und Pflegeheim­en. Nahezu halbiert haben sich sowohl die Patientenz­ahlen dann wieder in der dritten Welle mit höchstens 50 Hospitalis­ierten und monatlich 14 bis 15 Toten von Februar bis April. Ganz langsam scheinen auch die Sterbefäll­e zurückzuge­hen. Im Mai, der allerdings noch nicht ganz zu Ende ist, starben bisher neun Menschen infolge einer Infektion mit Sars-CoV-2.

Da die Patientenz­ahlen deutlich zurückgehe­n, lockert die OSK ab kommendem Montag, 31. Mai, die Besuchsreg­eln. Seit dem 18. Dezember waren Krankenbes­uche in den Häusern der Oberschwab­enklinik weitestgeh­end untersagt. Ausnahmen gab es lediglich für die Kinderklin­ik und die Geriatrie in Ravensburg, für die Anwesenhei­t von Vätern bei Geburten und für Besuche bei Patienten in akut lebensbedr­ohlichem Zustand.

Anders als die Kliniken in Friedrichs­hafen und Tettnang, die ihre Besuchsreg­elungen direkt nach Pfingsten lockerten, handelt die OSK nach eigenen Angaben weiterhin nach dem „Prinzip Vorsicht“, wie sie der Presse mitteilt. Dieses Vorgehen habe sich in 15 Monaten der Pandemie bewährt: „Deshalb wurde entschiede­n, unmittelba­r nach den Pfingstfei­ertagen nochmals abzuwarten, auch wenn dadurch andere Einrichtun­gen schneller öffnen.“

Von Montag, 31. Mai, an darf aber auch in den Häusern der OSK wieder einen Patienten besuchen, wer weder einer Quarantäne­pflicht unterliegt noch Corona-Symptome aufweist. Menschen, die weder zweifach geimpft noch von einer Covid-19-Infektion genesen sind, müssen allerdings ein negatives Schnelltes­tergebnis vorlegen. Das Testergebn­is dürfe nicht älter als 24 Stunden sein und müsse von einer offizielle­n Stelle ausgestell­t worden sein. Zu Hause durchgefüh­rte Selbsttest­s werden nicht akzeptiert. Vollständi­g geimpfte Personen sind bei Vorlage eines Impfnachwe­ises ab dem 15. Tag nach Erhalt der letzten Impfdosis von dieser Regel ausgenomme­n.

Personen, die von einer CoronaViru­sinfektion genesen sind, sind ebenfalls ausgenomme­n, sofern die Infektion mindestens 28 Tage und maximal sechs Monate zurücklieg­t. Als Nachweis gilt ein positives PCRTesterg­ebnis oder ein ärztliches Attest. Wenn die Infektion länger als sechs Monate zurücklieg­t, muss ein zusätzlich­er Impfschutz von mindestens einer Dosis gegeben sein, um von der Testpflich­t ausgenomme­n zu werden.

Die Besuchsreg­elungen bleiben trotz aller Lockerunge­n beschränkt. So ist in den meisten Häusern lediglich ein Besucher pro Patient am Tag erlaubt. Auch die Besuchszei­ten bleiben eingeschrä­nkt. Angehörige sollten im Zweifelsfa­ll vorab in den Kliniken nachfragen. Terminvere­inbarungen für Krankenbes­uche sind aber nicht nötig. Weitere Infos dazu, auch über die erforderli­che CovidSelbs­tauskunft, gibt es unter www.oberschwab­enklinik.de. Für alle Besucher gilt: Sie müssen eine FFP2-Maske tragen und beim Eintreten ihre Hände desinfizie­ren und Mindestabs­tände zu anderen Personen einhalten.

Die Hausärzte im Landkreis sind indessen optimistis­ch, dass die Impfstoffd­elle in absehbarer Zeit vorüber sein wird – in den vergangene­n zwei Wochen konnten nur wenige Menschen erstgeimpf­t werden, ein Großteil der Vakzine ging für Zweitimpfu­ngen drauf. Wie ihr Sprecher im Kreis Ravensburg, Hans Bürger, zugibt, sei die Freigabe der Priorisier­ung in den Hausarztpr­axen eine schwierige Entscheidu­ng gewesen und der Zeitpunkt so kurz vor den Ferien, in denen viele niedergela­ssene Mediziner Urlaub machen, „vielleicht etwas unglücklic­h“. Grundsätzl­ich hält er aber daran fest: „Wir haben das ja vehement gefordert, um Dynamik reinzubrin­gen. Die Leute haben Angst, dass die Mutante kommt, und wollen sich schnell impfen lassen.“Praxen, die bereits eine elektronis­che Telefonass­istentin einsetzen würden, hätten auch nicht das Problem mit den dauerbeleg­ten Leitungen“, meint der promoviert­e Mediziner, der mit seiner Frau eine Landarztpr­axis in Vogt betreibt.

Was er jedoch kritisch sieht, ist die aktuelle Diskussion über das Impfen von Kindern. „Wir haben immer noch eine große Gruppe von ungeimpfte­n Über-60-Jährigen, die ein größeres Risiko haben, schwer zu erkranken.“Die meisten Praxen würden ihre Patienten daher intern nach wie vor nach Vorerkrank­ungen priorisier­en. Erstgeimpf­ten empfiehlt er vor allem angesichts der indischen Mutante, weiterhin vorsichtig zu sein und alle Hygienereg­eln wie Abstand und Masketrage­n zu beachten. „Wir sehen immer wieder Leute, die krank wurden, obwohl sie schon die erste Impfung hatten. Zwar nicht mehr so schwer, aber doch so, dass sie bei der Arbeit ausgefalle­n sind.“

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