Weniger Covid-Kranke auf Intensivstationen
Besucherregeln werden gelockert – Warum die OSK trotzdem weiter vorsichtig bleibt
- In den Krankenhäusern der Oberschwabenklinik (OSK) entspannt sich die Lage zusehends: Mittlerweile müssen dort nur noch zwölf Covid-Patienten behandelt werden, davon liegt allerdings die Hälfte noch auf den Intensivstationen (vier in Wangen, zwei in Ravensburg). Ab kommendem Montag sind wieder Krankenbesuche zulässig. Nach Aussagen von Pressesprecherin Vera Sproll wollen die Verantwortlichen weiter Vorsicht walten lassen, da sich die Situation auch wieder verschlimmern könnte. „Übers Pfingstfest haben sich viele Leute getroffen, da könnten die Zahlen auch wieder hochgehen“, sagt sie.
Gewissermaßen mit angezogener Handbremse werde auch der normale Betrieb in den Operationssälen wieder hochgefahren. Zeitweise konnten am Elisabethenkrankenhaus in Ravensburg von zehn Sälen nur sechs betrieben werden, aufschiebbare Operationen mussten abgesagt werden, um keine Vollbelegung der Intensivstationen zu riskieren. Obwohl die dritte Pandemiewelle – wahrscheinlich wegen der erfolgreichen Impfkampagne der hochbetagten Bevölkerung – nicht so viele Opfer forderte und schwere Verläufe produzierte wie die zweite Welle im Dezember und Januar, lagen zeitweise um die 50 Patienten mit nachgewiesener Corona-Infektion im EK und im Westallgäuklinikum Wangen. Auf den Intensivstationen gab es nur noch wenige freie Betten – um alle Covid-Patienten pflegen zu können, mussten sechs Bundeswehrsoldaten aushelfen.
Mit welcher Wucht die drei Pandemiewellen über den Kreis Ravensburg hinwegrollten, lässt sich einerseits an den Patientenzahlen der OSK, andererseits an den Sterbefällen ablesen. Während der ersten Welle zwischen Februar und Mai 2020 starben sieben Kreisbewohner, die Patientenzahlen schwankten um die 30. Zum Höhepunkt der zweiten Welle Anfang Januar 2021 lagen mehr als 100 Menschen mit einer erwiesenen Corona-Infektion oder dem starken Verdacht darauf in den Krankenhäusern in Ravensburg und Wangen. Von November bis Januar starben 84 Männer und Frauen im Kreis, die meisten davon allerdings nicht im Krankenhaus, sondern in Alten- und Pflegeheimen. Nahezu halbiert haben sich sowohl die Patientenzahlen dann wieder in der dritten Welle mit höchstens 50 Hospitalisierten und monatlich 14 bis 15 Toten von Februar bis April. Ganz langsam scheinen auch die Sterbefälle zurückzugehen. Im Mai, der allerdings noch nicht ganz zu Ende ist, starben bisher neun Menschen infolge einer Infektion mit Sars-CoV-2.
Da die Patientenzahlen deutlich zurückgehen, lockert die OSK ab kommendem Montag, 31. Mai, die Besuchsregeln. Seit dem 18. Dezember waren Krankenbesuche in den Häusern der Oberschwabenklinik weitestgehend untersagt. Ausnahmen gab es lediglich für die Kinderklinik und die Geriatrie in Ravensburg, für die Anwesenheit von Vätern bei Geburten und für Besuche bei Patienten in akut lebensbedrohlichem Zustand.
Anders als die Kliniken in Friedrichshafen und Tettnang, die ihre Besuchsregelungen direkt nach Pfingsten lockerten, handelt die OSK nach eigenen Angaben weiterhin nach dem „Prinzip Vorsicht“, wie sie der Presse mitteilt. Dieses Vorgehen habe sich in 15 Monaten der Pandemie bewährt: „Deshalb wurde entschieden, unmittelbar nach den Pfingstfeiertagen nochmals abzuwarten, auch wenn dadurch andere Einrichtungen schneller öffnen.“
Von Montag, 31. Mai, an darf aber auch in den Häusern der OSK wieder einen Patienten besuchen, wer weder einer Quarantänepflicht unterliegt noch Corona-Symptome aufweist. Menschen, die weder zweifach geimpft noch von einer Covid-19-Infektion genesen sind, müssen allerdings ein negatives Schnelltestergebnis vorlegen. Das Testergebnis dürfe nicht älter als 24 Stunden sein und müsse von einer offiziellen Stelle ausgestellt worden sein. Zu Hause durchgeführte Selbsttests werden nicht akzeptiert. Vollständig geimpfte Personen sind bei Vorlage eines Impfnachweises ab dem 15. Tag nach Erhalt der letzten Impfdosis von dieser Regel ausgenommen.
Personen, die von einer CoronaVirusinfektion genesen sind, sind ebenfalls ausgenommen, sofern die Infektion mindestens 28 Tage und maximal sechs Monate zurückliegt. Als Nachweis gilt ein positives PCRTestergebnis oder ein ärztliches Attest. Wenn die Infektion länger als sechs Monate zurückliegt, muss ein zusätzlicher Impfschutz von mindestens einer Dosis gegeben sein, um von der Testpflicht ausgenommen zu werden.
Die Besuchsregelungen bleiben trotz aller Lockerungen beschränkt. So ist in den meisten Häusern lediglich ein Besucher pro Patient am Tag erlaubt. Auch die Besuchszeiten bleiben eingeschränkt. Angehörige sollten im Zweifelsfall vorab in den Kliniken nachfragen. Terminvereinbarungen für Krankenbesuche sind aber nicht nötig. Weitere Infos dazu, auch über die erforderliche CovidSelbstauskunft, gibt es unter www.oberschwabenklinik.de. Für alle Besucher gilt: Sie müssen eine FFP2-Maske tragen und beim Eintreten ihre Hände desinfizieren und Mindestabstände zu anderen Personen einhalten.
Die Hausärzte im Landkreis sind indessen optimistisch, dass die Impfstoffdelle in absehbarer Zeit vorüber sein wird – in den vergangenen zwei Wochen konnten nur wenige Menschen erstgeimpft werden, ein Großteil der Vakzine ging für Zweitimpfungen drauf. Wie ihr Sprecher im Kreis Ravensburg, Hans Bürger, zugibt, sei die Freigabe der Priorisierung in den Hausarztpraxen eine schwierige Entscheidung gewesen und der Zeitpunkt so kurz vor den Ferien, in denen viele niedergelassene Mediziner Urlaub machen, „vielleicht etwas unglücklich“. Grundsätzlich hält er aber daran fest: „Wir haben das ja vehement gefordert, um Dynamik reinzubringen. Die Leute haben Angst, dass die Mutante kommt, und wollen sich schnell impfen lassen.“Praxen, die bereits eine elektronische Telefonassistentin einsetzen würden, hätten auch nicht das Problem mit den dauerbelegten Leitungen“, meint der promovierte Mediziner, der mit seiner Frau eine Landarztpraxis in Vogt betreibt.
Was er jedoch kritisch sieht, ist die aktuelle Diskussion über das Impfen von Kindern. „Wir haben immer noch eine große Gruppe von ungeimpften Über-60-Jährigen, die ein größeres Risiko haben, schwer zu erkranken.“Die meisten Praxen würden ihre Patienten daher intern nach wie vor nach Vorerkrankungen priorisieren. Erstgeimpften empfiehlt er vor allem angesichts der indischen Mutante, weiterhin vorsichtig zu sein und alle Hygieneregeln wie Abstand und Masketragen zu beachten. „Wir sehen immer wieder Leute, die krank wurden, obwohl sie schon die erste Impfung hatten. Zwar nicht mehr so schwer, aber doch so, dass sie bei der Arbeit ausgefallen sind.“