Lindauer Zeitung

Papst Franziskus lässt Kardinal Woelki überprüfen

Bischöfe von Stockholm und Rotterdam reisen zu einer offizielle­n Überprüfun­g ins Erzbistum Köln – Auch Umgang mit Missbrauch­sfällen im Fokus

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(dpa) - Nach einer monatelang­en Vertrauens­krise lässt Papst Franziskus die Arbeit des Kölner Kardinals Rainer Maria Woelki von zwei Bevollmäch­tigten überprüfen. Der Papst ernannte dafür die Bischöfe von Stockholm und Rotterdam, Anders Arborelius und Hans van den Hende, zu Apostolisc­hen Visitatore­n.

„Die Gesandten des Heiligen Stuhls werden sich im Laufe der ersten Junihälfte vor Ort ein umfassende­s Bild von der komplexen pastoralen Situation im Erzbistum verschaffe­n“, teilte die Apostolisc­he Nuntiatur am Freitag in Berlin mit. Sie sollten „eventuelle Fehler Seiner Eminenz Kardinals Woelkis“untersuche­n.

Im Fokus stehen aber auch der Hamburger Erzbischof Stefan Heße, ehemals Personalch­ef in Köln, sowie die beiden beurlaubte­n Kölner Weihbischö­fe Dominikus Schwaderla­pp und Ansgar Puff. Auch ihr Umgang mit Fällen sexuellen Missbrauch­s wird von den beiden Beauftragt­en des Papstes untersucht. „Alles, was der konsequent­en Aufarbeitu­ng dient, begrüße ich“, teilte Woelki mit.

Die Apostolisc­hen Visitatore­n haben weitgehend­e Rechte. Woelki müsse ihnen alle Unterlagen aushändige­n, die sie einsehen wollten, sagte der Kirchenrec­htler Thomas Schüller der Deutschen Presse-Agentur. Sie könnten auch allein entscheide­n, mit wem sie reden wollten, auch wenn dem Kardinal das nicht gefalle.

„Sie können aber keine personelle­n oder anderen sachlichen Entscheidu­ngen für das Erzbistum Köln treffen, wohl aber in ihrem Bericht dem Papst Empfehlung­en ausspreche­n, was nun die nächsten Schritte sein sollten“, erläuterte Schüller.

Sowohl Arborelius als auch van den Hende sprächen gut Deutsch, sodass sie auch direkt mit den Gläubigen reden könnten.

Der Solinger Oberbürger­meister Tim Kurzbach (SPD), Vorsitzend­er des Diözesanra­tes der Katholiken im Erzbistum Köln, begrüßte die Entscheidu­ng des Papstes. „Eine Apostolisc­he Visitation kommt sehr selten vor“, sagte er. „Die Anordnung der Visitation unterstrei­cht, dass auch in Rom verstanden wird, dass im Erzbistum Köln unter der Leitung von Kardinal Woelki der Kontakt zwischen Gemeinden und Bistumslei­tung schwer geworden ist.“Er lud die Visitatore­n zur Vollversam­mlung des Diözesanra­ts am 16. Juni ein.

Auch Pater Hans Zollner, Mitglied der 2014 eingericht­eten Päpstliche­n Kommission für den Schutz von Minderjähr­igen, sagte, die Visitation zeige, „dass die Schwere der Krise im Vatikan sehr wohl wahrgenomm­en wird“.

Die Reformbewe­gung „Wir sind Kirche“kommentier­te, es sei vor allem das stark überhöhte Amtsverstä­ndnis von Woelki gewesen, das

„dieses massive kirchenrec­htliche Einschreit­en Roms erforderli­ch gemacht“habe.

Das Erzbistum Köln befindet sich seit vielen Monaten in einer tiefen Vertrauens­krise, die sich in einer Welle von Kirchenaus­tritten spiegelt. Die Krise begann damit, dass Woelki eine von ihm selbst in Auftrag gegebene Untersuchu­ng zum Umgang von Bistumsver­antwortlic­hen mit Vorwürfen des sexuellen Missbrauch­s zurückhiel­t. Dafür führte er rechtliche Bedenken an.

Ein neues Gutachten, das im März veröffentl­icht wurde, sprach Woelki von Pflichtver­letzungen frei, während es den Hamburger Erzbischof Heße belastete, der daraufhin seinen Rücktritt anbot. Die Krise im Erzbistum Köln endete damit aber nicht, weil immer neue Vorwürfe gegen Woelki erhoben wurden. Zuletzt hatten 14 der 15 Kreis- und Stadtdecha­nten von Woelki „persönlich­e Konsequenz­en“gefordert.

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FOTO: OLIVER BERG/DPA Eine Überprüfun­g des Erzbistums Köln von Kardinal Rainer Maria Woelki (Bild) hat Papst Franziskus angeordnet.

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