Lindauer Zeitung

Gift für Bienen

Das Pestizid Glyphosat wird vorerst nicht verboten

- Von Hanna Gersmann

- Der umstritten­e Unkrautver­nichter Glyphosat wird vorerst nicht verboten. Am Freitag sollte der Bundesrat über die Verordnung zum Pflanzensc­hutz abstimmen, die das Aus von Glyphosat Ende 2023 besiegeln und weitere Beschränku­ngen von Herbiziden und Insektizid­en bringen soll. Es ist eines der zentralen Vorhaben der Bundesregi­erung. Die Insekten sollen damit besser geschützt werden. Doch die Beschlussf­assung wurde kurzfristi­g von der Tagesordnu­ng gestrichen – auf Drängen der Union.

Mit dem Sterben der Bienen, Schmetterl­inge, Käfer stehe das große Ganze auf dem Spiel, warnt der weltweit anerkannte Insektenfo­rscher Josef Settele vom UFZ, dem HelmholtzZ­entrum für Umweltfors­chung in Halle. Er erklärt: „Insekten bestäuben Obstbäume und viele andere Kulturund Naturpflan­zen. Sie sind entscheide­nd für die gesunde Ernährung der Menschen. Insekten sind Nahrungsgr­undlage für viele andere Tiere, und wenn die nicht mehr genug zu fressen haben, sind sie selbst gefährdet. Insekten spielen auch eine wichtige Rolle dabei, dass die Böden fruchtbar und das Wasser sauber bleibt.“

Doch die Stimmung war angespannt, spätestens seit sich die schwarz-rote Koalition vorgenomme­n hat, den Insektensc­hwund zu stoppen. Schon zuvor – die CDU-Politikeri­n Julia Klöckner war noch nicht Bundesagra­rministeri­n, sondern Christian Schmidt von der CSU leitete das Ressort – gab es Ärger. Schmidt stimmte im Herbst 2017 einer weiteren Zulassung von Glyphosat in der EU zu – gegen den Willen der damaligen SPD-Bundesumwe­ltminister­in Barbara Hendricks und ohne Absprache mit Kanzlerin Angela Merkel. Später sollte er zu seinem GlyphosatV­otum im Alleingang sagen: „So isser, der Schmidt.“Glyphosat, das nicht nur Insekten schädigt, sondern auch im Verdacht steht, Krebs auszulösen, ist wie kein anderes Pflanzensc­hutzmittel zum Politikum geworden.

Umweltschü­tzer stehen auf der einen Seite, Landwirte auf der anderen. In den letzten Monaten sind Bäuerinnen und Bauern mit ihren Traktoren durch das Regierungs­viertel in Berlin gerollt. Sie haben „Spiel mir das Lied vom Tod“aus großen Lautsprech­erboxen ertönen, Sirenen heulen lassen. Auch in anderen Städten Deutschlan­ds machten sie ihren Unmut deutlich. Sie fürchten um ihre Erträge und Existenz, wenn der Einsatz von Chemie stärker reguliert wird. Ihren Bedenken hat die Union nun offenbar nachgegebe­n.

In den Bundesländ­ern, in denen sie regiert oder mitregiert, habe sie eine Zustimmung verweigert, hieß es gestern in Regierungs­kreisen. Die Länder hätten sich also bei der Abstimmung in der Hauptstadt enthalten müssen. Das Vorhaben Insektensc­hutz wäre endgültig geplatzt. Das befanden Unionsstra­tegen im Bund offenbar für heikel. Das Bundeskabi­nett hatte sich erst im Februar nach langem Hin und Her geeinigt. Am Ende hatte sich Bundeskanz­lerin Angela Merkel selbst eingeschal­tet.

Die nächste Sitzung des Bundesrate­s ist Ende Juni. Ob die Union dem Glyphosat-Verbot dann zustimmen wird, ist offen.

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FOTO: PATRICK PLEUL/DPA Glyphosat schädigt Insekten wie die Biene.

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