Lindauer Zeitung

Wehrmachts­panzer im Villenkell­er

84-Jähriger kaufte einen „Panther“– Senior steht vor Gericht

- Von André Klohn und Karen Katzke

(dpa) - Die Bilder des Wehrmachts­panzers aus dem Keller einer Villa an der Kieler Förde gingen im Sommer 2015 um die Welt. Neun Stunden benötigten Soldaten, um das knapp 40 Tonnen schwere Gerät ohne Ketten mühsam mit Bergungspa­nzern sicherzust­ellen. Fast sechs Jahre nach der spektakulä­ren Aktion mit bizarren Szenen hat vor dem Kieler Landgerich­t der Prozess gegen den mittlerwei­le 84-jährigen Besitzer begonnen. Der gebrechlic­h wirkende Angeklagte erschien im Jackett mit Goldknöpfe­n, er wirkte gefasst, blickte direkt in die vielen Kameras – und wirkte wie jemand, der davon überzeugt ist, keine Schuld auf sich geladen zu haben.

Angeklagt sind der Verstoß gegen das Kriegswaff­enkontroll­gesetz und weitere waffenrech­tliche Bestimmung­en. Im Kern geht es darum, ob der Panzerkamp­fwagen vom Typ „Panther“und anderes Kriegsgerä­t unter das Kriegswaff­enkontroll­gesetz fällt. Nach Ansicht von Staatsanwa­lt Thorsten Wolke gilt der Panzer weiter als Kriegswaff­e. Dafür reiche allein die Gattung aus. Weil der Angeklagte mit einer originalge­treuen Restaurier­ung beschäftig­t war, habe zumindest der Versuch des Herstellen­s einer Kriegswaff­e vorgelegen. Auch die Flugabwehr­kanone und andere sichergest­ellte Waffen wertet die Staatsanwa­ltschaft als Kriegswaff­en.

Bei einer Durchsuchu­ng im Juli 2015 wurden in der Tiefgarage der Villa in einem Kieler Vorort auch ein Torpedo, ein Mörser vom Kaliber fünf Zentimeter sowie eine Flugabwehr­kanone vom Kaliber 8,8 Zentimeter sichergest­ellt. Zudem fanden Ermittler Maschinen- und Sturmgeweh­re, halb- und vollautoma­tische Pistolen sowie mehr als 1000 Schuss Munition. Laut Verteidige­r Gerald Goecke standen etliche Waffen aber auf der Besitzkart­e des Mannes. Der angeklagte Kaufmann und Finanzverm­ittler selbst äußerte sich nicht zu den Vorwürfen. Nach Ansicht Goeckes waren der Panzer und andere gefundene frühere Kriegswaff­en nicht verwendbar. Im Falle einer Flak gebe es beispielsw­eise gar keine Munition.

Das Herstellen von fünf Schuss für Probezweck­e würde laut Gutachten 216 000 Euro kosten, sagte Goecke.

Sein Mandant war im Zuge von Ermittlung­en um wieder aufgetauch­te Nazikunst ins Visier geraten. Der Panzer sei „das Lebenswerk des Angeschuld­igten“, sagte der Verteidige­r. Der „Panther“sei ein Museumsstü­ck und keine Kriegswaff­e. Deshalb habe der Mann ihn nur mit Originalte­ilen rekonstrui­eren lassen und nicht demilitari­siert. Er kaufte ihn 1977 als Schrott in Großbritan­nien. Später half ihm die Bundeswehr bei der Überholung des Motors und stellte dafür 28 317 Euro in Rechnung. „Die Ordnungsbe­hörden und alle Anwohner wussten seit Jahren von dem ,Panther‘ und anderen Museumsstü­cken historisch­er Militärtec­hnik in dem Keller meines Mandanten“, sagte der

Verteidige­r. Sein Mandant habe eine „untadelige Lebensführ­ung“und sei „in seinem langen Leben strafrecht­lich in keiner Weise“vorbelaste­t.

Anders als die Ankläger geht die 7. große Strafkamme­r auf Basis mehrerer Gutachten davon aus, dass es sich nur bei der Flugabwehr­kanone nach wie vor um eine Kriegswaff­e handeln dürfte. „Das Rohr scheint in einem deutlich besseren Zustand zu sein“, sagte der Vorsitzend­e Richter Stephan Worpenberg. Der Panzer, der Torpedo und der Mörser seien hingegen nicht mehr als Kriegsgerä­t geeignet. Der Prozess soll am 10. Juni fortgesetz­t werden. Dann will die Kammer zwei Sachverstä­ndige hören. Ein Urteil könnte am 8. Juli fallen. Verstöße gegen das Kriegswaff­enkontroll­gesetz werden mit zwischen einem und fünf Jahren Gefängnis geahndet.

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FOTO: CARSTEN REHDER/DPA Der „Panther“steht im Sommer 2015 in Heikendorf zum Abtranspor­t bereit.
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FOTO: DPA Der 84-jährige Angeklagte.

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