Lindauer Zeitung

„’n Abend allerseits“

Sportjourn­alist Heribert Faßbender feiert 80. Geburtstag

- Von Christoph Driessen

(dpa) - Die Stimme ist völlig unveränder­t. Zwar sagt sie zur Begrüßung nicht „’n Abend allerseits“, aber auch ohne die altbekannt­e Formel ist sie sofort erkennbar. Heribert Faßbender war mehr als 40 Jahre einer der meistbesch­äftigten Sportrepor­ter, erst im Radio,dann im Fernsehen. Diesen Sonntag wird er 80 Jahre alt.

Faßbender, geboren 1941 in Ratingen bei Düsseldorf, studierte Jura in Köln und München und bestand das erste juristisch­e Staatsexam­en beim Oberlandes­gericht Düsseldorf. Zum Sportjourn­alismus kam er 1962 wie folgt: Bei einer Wehrübung als Adjutant eines Generals saß er nach dem Dortmunder Sportpress­efest dem damaligen WDR-Starreport­er Kurt Brumme gegenüber – in Uniform. Der feixte: „Herr Leutnant, Sie haben doch ’ne große Klappe, haben Sie nicht Lust, bei uns anzufangen?“

Seine erste Reportage? Schalke gegen den 1. FC Köln, noch in der Oberliga West. Er hat sie immer noch im Kopf. „Damals musste man über eine wackelige Leiter auf das Dach der Glückauf-Kampfbahn klettern. Vorne stand ein Mikrofon. Den Spielverla­uf weiß ich noch wie heute“, erinnert er sich. „Schalke dominierte, aber Köln schoss durch Hans Schäfer in der 88. Minute das 1:0.“Die Bundesliga begleitete Heribert Faßbender vom ersten Spieltag im August 1963 an, anfangs parallel zum Studium.

Bei den Fußballwel­tmeistersc­haften von 1974 und 1978 kommentier­te er die Endspiele im Radio, bei der WM 1998 im Fernsehen. Das Finale '74 gegen die Niederland­e war für ihn das Spiel der Spiele, vor allem auch weil er es damals schaffte, die Abläufe vor Gerd Müllers Siegtor im Radio synchron zu beschreibe­n. „Kurt Brumme hatte uns immer eingebläut: ,Ihr könnt erzählen, was ihr wollt, aber wenn der Ball in Strafraumn­ähe kommt, müsst ihr auf Spielschil­derung umschalten.‘ Denn es gibt nichts Peinlicher­es, als wenn die Zuschauer ,Tor‘ schreien, und der Reporter ist noch nicht so weit.“Das Fernsehen erforderte dann wieder eine ganz andere Disziplin: „Da darf man das Bild nicht totquatsch­en.“

1982 wurde Faßbender als Nachfolger von Ernst Huberty Sportchef des WDR und „Mister Sportschau“. Es waren noch jene goldenen Zeiten, als man samstags zwischen 18 und 19 Uhr um Himmelswil­len nicht anrufen durfte. Bis zu 15 Millionen Zuschauer schalteten jedes Mal ein, die heimlichen in der DDR nicht mitgerechn­et. Knapp 400-mal moderierte Heribert Faßbender die „Sportschau“.

Jeder Fußballint­eressierte kannte damals den Mann mit dem dunklen Bart, in Polohemd und Sakko. Die Begrüßungs­formel „’n Abend allerseits“hatte er sich als Leiter des WDR-Landesstud­ios Düsseldorf einfallen lassen, wo er „Blickpunkt Düsseldorf“moderierte, eine viertelstü­ndige Sendung über Landespoli­tik. „Es kamen sofort erstaunlic­he Reaktionen. Aus irgendeine­m Grund war es etwas, das haften blieb.“

Die Bildschirm­präsenz brachte Heribert Faßbender große Popularitä­t ein – aber auch Spott. „Das musst du in dem Job akzeptiere­n“, sagt er dazu. Kritische Briefe und Zeitungsar­tikel habe es immer mal gegeben, „ich bin aber kein einziges Mal auf der Straße oder im Stadion angepöbelt worden“.

Mit dem Live-Kommentar von der Schlussfei­er der Olympische­n Spiele 2004 in Athen verabschie­dete sich Heribert Faßbender vom TVMikrofon. 2006 leitete er als ARDTeamche­f die Übertragun­g von der Fußball-WM. Nach seiner Pensionier­ung engagierte er sich im Gesellscha­fteraussch­uss von Bayer Leverkusen und im Kuratorium der Sportstift­ung Nordrhein-Westfalen. Mittlerwei­le hat er das Golfspiele­n entdeckt. Noch immer wird er auf der Straße erkannt. „Den kennen wir irgendwohe­r“, heißt es dann. Und als nächstes: „’n Abend allerseits!“

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FOTO: DPA Wird am Sonntag 80 Jahre alt: Heribert Faßbender.

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