Zwei verschiedene Ansätze und ein ähnliches Ziel
Zweite Ausstellung der „Künstler-Nachbarschaften“ in Schloss Meßkirch eröffnet
- Geplant gewesen war die Eröffnung der zweiten Ausstellung der Reihe „Künstler-Nachbarschaften“in der Kreisgalerie im Schloss am 9. November 2020 – doch dann kam der Lockdown und die fix und fertig gehängte Retrospektive für den Druckgrafiker Peter Weydemann und den Fotografen Ferdinand Joesten musste zugesperrt werden. Am vergangenen Samstag – nach sieben Monaten Pause – wurde nun ohne Vernissage eröffnet und gleichzeitig eine Einführung mit Künstlergespräch als YouTube-Beitrag ins Netz gestellt.
Kurz gesagt: Der Weg nach Meßkirch lohnt sich trotz des digitalen Angebots. Beide in der Region bekannten Künstler passen in das Konzept einer neuen Ausstellungsreihe, die bereits 2019 von Edwin E. Weber initiiert wurde. Auch Peter Weydemann (*1938 in Berlin) und Ferdinand Joesten (*1949 in Bonn) leben seit über 40 Jahren Tür an Tür, zusammen mit ihren Ehefrauen in einem Anwesen mit großem Garten, das die fast ebenso lang bestehende Galerie Laubbach umfasst. Und sie teilen auch mal ab und zu ihre Arbeitstische, vor allem aber einen Teil des Alltags, die Gartenarbeit und das Leben auf dem Land. Also liegen die Motive direkt vor der Tür? Nein, so einfach ist es nicht mit der Kunst. Beide sind auch gern unterwegs.
Betrachtet man ihre Arbeiten aus den vergangenen zwei Jahrzehnten, finden sich durchaus Nachbarschaften in der künstlerischen Entwicklung, aber mit einem anderen Ausgangspunkt: Bei Peter Weydemann sind es die menschliche, weibliche Figur und die Landschaft, bei Ferdinand Joesten ist es ein zum Bild geronnener Moment erlebter Realität.
Aus dem Augenblick, dem Momentum des visuell Erfassten wird bei Ferdinand Joesten oft etwas Überzeitliches, gerade in der scheinbaren Flüchtigkeit des Erlebten gleichsam ein Bild im Bild. Dass dabei Menschen meist nur ahnbar bleiben oder stark angeschnitten sind, ist essenziell. Es geht nie um ein Vorführen von etwas oder jemandem, sondern um den Ausdruck einer Stimmung, die sich mal in tonigen Pastellwerten einer Szene, mal in der Linienführung einer Winterlandschaft zeigt. Die pure Tristesse einer Bank am Ufer des grauen Bodensees mit einem Segel in unbestimmter Ferne, ein paar zur „Hochzeit“aufgebrezelte Schönheiten mit gebräunten Schultern, der Blick durch Cocktailgläser einer Bar auf die bläulichen Alpen („Parbleu“). Die Titel-Wortspiele erklären den Anlass zum Foto und sind mal assoziative Metaebene, mal heitere Inspiration.
Bei Peter Weydemann liegt ein klassisches Formempfinden in der Anlage seiner Formate, von Komposition und Farbe. Mit einer bewundernswerten handwerklichen Sicherheit wählt er für den Holzdruck „Mutter und Kind“eine Holzplatte aus, die mit ihrer Kontur die Pietà-Darstellung behutsam rahmt, oder nutzt er in der Landschaft „Weiler“die natürliche Holzmaserung als taktil spürbare Ackerfurchen. Andere Linol- oder Holzdrucke beweisen in ihrer Ausschließlichkeit von Farbe die unwiderstehliche Kraft des Malerischen. Indem sie von zwei verschiedenen Ansätzen ausgehen, kommen sich die beiden Künstler in ihrer Sicht auf die Welt dann doch sehr nahe.