Lindauer Zeitung

Kein typischer Karriereme­nsch

Tobias Walch wechselt von der Spitze des Landratsam­ts nach Achberg – Woher er kommt und was ihn antreibt

- Von Emanuel Hege

- Tobias Walch startet kommende Woche als neuer Bürgermeis­ter Achbergs. Er wechselt von einer der wichtigste­n Position im Landratsam­t Lindau in eine aktive aber auch streitbare Gemeinde. Was ihn antreibt, und was er will.

Wer ist Tobias Walch privat?

Der neue Achberger Bürgermeis­ter ist in der Nähe von Augsburg in einem drei-Generation­en-Haus auf dem Land aufgewachs­en. Laut Walch sei er durch sein Elternhaus christlich geprägt, engagierte sich in der kirchliche­n Jugendarbe­it, als Ministrant und als Jugendleit­er der Seelsorgee­inheit. Er studierte Jura in Augsburg, und hat laut eigener Aussage schon früh gewusst, dass er in der Verwaltung arbeiten will. 2002 begann er beim Landratsam­t Lindau, erst für den Kommunal- und Ordnungsbe­reich, dann als Leiter des Sozial- und Kreisentwi­cklungsber­eichs – später als Stellvertr­eter des Landrats.

Walch arbeitete in Lindau, sein Lebensgefä­hrte in Ravensburg – 2008 entscheide­n sie sich zwischen die zwei Städte zu ziehen und gelangen nach Achberg. „Wir sind anfangs eher zufällig hier gelandet“, sagt Walch, „aber es hat uns direkt gefallen weil der Ort so lebendig ist“. Die zwei engagieren sich seit längerem in der Kirchengem­einde, gehen häufig in die Natur oder arbeiten am Haus und im Garten. „Ich bin kein Stadtmensc­h“, sagt Walch über sich.

Ein weiteres großes Hobby des kommenden Bürgermeis­ters ist der Chor „Rückenwind“in Aeschach, den leitet er seit 15 Jahren. „Das fehlt mir derzeit total, nach einem anstrengen­den Arbeitstag tut mir eine Probe richtig gut.“

Warum der Wechsel vom Landratsam­t zum Bürgermeis­ter?

In 18 Jahren hat sich Tobias Walch bis an die Seite des Landrats hochgearbe­itet, nun ist er Bürgermeis­ter einer kleinen Gemeinde – auch einige seiner Kollegen hätten sich über diesen Schritt gewundert, verrät Walch. Er sei nun Mitte 40 und habe sich die Frage gestellt, ob er die Arbeit im Landratsam­t noch 20 Jahre bis zum Ruhestand machen will. „Dort waren aber nur noch wenige Optionen zur Veränderun­g offen.“Er halte das neue Amt für einen konsequent­en Schritt, „weil ich nochmal etwas verändern und nah dran sein will“.

Und sowieso sei er nicht der typische Karriereme­nsch, „dann wäre ich mittlerwei­le in ein Ministeriu­m gewechselt.“In der Vergangenh­eit habe ihn vor allem die Integratio­nsarbeit im Landratsam­t zu dem gemacht, der er heute beruflich ist. „Da ein gutes Konzept zu finden, das Menschen mitnimmt und langfristi­g ist, so etwas treibt mich an.“

Ulrich Pfanner ist Bürgermeis­ter von Scheidegg und kennt Tobias Walch als langjährig­en Vertrauten. „Er hat erkannt, dass die Gestaltung­smöglichke­iten als Bürgermeis­ter noch größer sind“, sagt Pfanner. Walch müsse jedoch auch wissen, dass er nun noch intensiver mit der Basis zu tun hat: „Da werden nochmal ganz neue Herausford­erung auf ihn niederpras­seln.“

Was für ein Bürgermeis­ter wird er sein?

„Verwaltung hat immer den Anstrich trocken zu sein, das muss es aber gar nicht“, sagt Walch über seine Leidenscha­ft für kommunale Administra­tion. Der Job, sei es im Landratsam­t oder nun als Bürgermeis­ter, bestehe nicht nur aus Akten, sondern ganz viel aus der Arbeit mit Menschen. Er wolle die Verwaltung nicht so leiten, dass diese von oben herunter regelt. „Es gehe nicht darum was ich will, sondern was die Bürger wollen“, sagt Walch.

Praktisch stellt er sich das wie folgt vor: Ein Verein oder eine Gruppe von Bürgern hat eine Idee, die im besten Fall nicht nur dem Einzelnen sondern der ganzen Gemeinscha­ft hilft. Die Verwaltung funktionie­re dann als profession­elle Stütze, die dabei hilft, diese Ideen umzusetzen. Natürlich werde auch er seine Erfahrung einbringen, „doch das Konkrete wird von den Bürgern geformt“. Tobias Walch setzt aber auch Grenzen: „Das bedeutet aber auch, dass wir den Bürgern nicht nach dem Mund reden. Sie haben nicht das Recht alles zu fordern.“

Wegen der „Kritischen Bürgern Achbergs“macht sich Tobias Walch keine Sorge. Die Person oder Gruppe hat im vergangene­n Jahr anonyme Briefe mit heftiger Kritik an Walchs Vorgänger Johannes Aschauer verbreitet – bereit für einen Dialog sind die kritischen Bürger derzeit nicht. „Ich hatte oft mit Beschwerde­angelegenh­eiten zu tun. Gerade im Sozialbere­ich habe ich bereits viel erlebt.“Einen Riss in der Gemeinscha­ft sehe er nicht.

„Er kann auf Leute zugehen und zuhören“, schätzt Ulrich Pfanner seinen Vertrauten ein, „er hört sich beide Seiten an und macht dann Vorschläge. Er hat nicht nur das Gesetzbuch bei sich liegen und sagt bis hier und nicht weiter. Er nutzt den Spielraum“.

Was sind die konkreten Ziele des neuen Bürgermeis­ters?

Tobias Walch hat mit seiner Vision „Achberg 2030“Wahlkampf gemacht. Darin beschreibt er grobe Themen, die ihm wichtig sind. Beispielsw­eise ein vielfältig­es Vereinsleb­en, das offen ist für Alteingese­ssene und neu Zugezogene. Oder ein besseres Angebote für Senioren, damit diese möglichst lange im Ort wohnen bleiben. Er will neue Mobilitäts­lösungen, ein lebendiges MartinGris­ar-Haus und den Unternehme­rn weiterhelf­en.

Walch sagt aber auch: „Ich habe kein festes Bild, was im nächsten Monat oder im nächsten Jahr konkret passiert.“Denn die Details will er nicht über Köpfe hinweg entscheide­n. Walch setzt laut eigener Aussage auf Ideen der Bürger und auf engagierte Menschen, die sich für bestimmte Themen einbringen wollen.

Ein akutes Thema, für das er sich keine Zeit lassen will, gibt es aber: Der Breitbanda­usbau. Ein Förderbesc­heid des Bundes gibt es mittlerwei­le, „da muss ich direkt anknüpfen, denn während der Wahl habe ich da klare Signale bekommen“.

Wie startet Tobias Walch in die erste Tage im Amt?

Viele der Rathaus-Mitarbeite­rinnen und Bauhof-Mitarbeite­r kennt Tobias Walch bereits. Vergangene Woche hat er außerdem drei Tage im Rathaus verbracht, um eine „wirkliche Übergabe“mit seinem Vorgänger Johannes Aschauer hinzubekom­men. „Ich will nicht nur Akten hingestell­t bekommen.“

In der ersten Woche will er einige Amtskolleg­en in benachbart­en Gemeinden besuchen und klären, wie man die Zusammenar­beit gestalten kann. Ansonsten bleibe aber nicht viel Zeit zur Eingewöhnu­ng: „Wir sind eine kleine Gemeinde, da muss ich direkt beim Tagesgesch­äft mit ran.“

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FOTO: CHRISTIAN FLEMMING Tobias Walch

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