Kein typischer Karrieremensch
Tobias Walch wechselt von der Spitze des Landratsamts nach Achberg – Woher er kommt und was ihn antreibt
- Tobias Walch startet kommende Woche als neuer Bürgermeister Achbergs. Er wechselt von einer der wichtigsten Position im Landratsamt Lindau in eine aktive aber auch streitbare Gemeinde. Was ihn antreibt, und was er will.
Wer ist Tobias Walch privat?
Der neue Achberger Bürgermeister ist in der Nähe von Augsburg in einem drei-Generationen-Haus auf dem Land aufgewachsen. Laut Walch sei er durch sein Elternhaus christlich geprägt, engagierte sich in der kirchlichen Jugendarbeit, als Ministrant und als Jugendleiter der Seelsorgeeinheit. Er studierte Jura in Augsburg, und hat laut eigener Aussage schon früh gewusst, dass er in der Verwaltung arbeiten will. 2002 begann er beim Landratsamt Lindau, erst für den Kommunal- und Ordnungsbereich, dann als Leiter des Sozial- und Kreisentwicklungsbereichs – später als Stellvertreter des Landrats.
Walch arbeitete in Lindau, sein Lebensgefährte in Ravensburg – 2008 entscheiden sie sich zwischen die zwei Städte zu ziehen und gelangen nach Achberg. „Wir sind anfangs eher zufällig hier gelandet“, sagt Walch, „aber es hat uns direkt gefallen weil der Ort so lebendig ist“. Die zwei engagieren sich seit längerem in der Kirchengemeinde, gehen häufig in die Natur oder arbeiten am Haus und im Garten. „Ich bin kein Stadtmensch“, sagt Walch über sich.
Ein weiteres großes Hobby des kommenden Bürgermeisters ist der Chor „Rückenwind“in Aeschach, den leitet er seit 15 Jahren. „Das fehlt mir derzeit total, nach einem anstrengenden Arbeitstag tut mir eine Probe richtig gut.“
Warum der Wechsel vom Landratsamt zum Bürgermeister?
In 18 Jahren hat sich Tobias Walch bis an die Seite des Landrats hochgearbeitet, nun ist er Bürgermeister einer kleinen Gemeinde – auch einige seiner Kollegen hätten sich über diesen Schritt gewundert, verrät Walch. Er sei nun Mitte 40 und habe sich die Frage gestellt, ob er die Arbeit im Landratsamt noch 20 Jahre bis zum Ruhestand machen will. „Dort waren aber nur noch wenige Optionen zur Veränderung offen.“Er halte das neue Amt für einen konsequenten Schritt, „weil ich nochmal etwas verändern und nah dran sein will“.
Und sowieso sei er nicht der typische Karrieremensch, „dann wäre ich mittlerweile in ein Ministerium gewechselt.“In der Vergangenheit habe ihn vor allem die Integrationsarbeit im Landratsamt zu dem gemacht, der er heute beruflich ist. „Da ein gutes Konzept zu finden, das Menschen mitnimmt und langfristig ist, so etwas treibt mich an.“
Ulrich Pfanner ist Bürgermeister von Scheidegg und kennt Tobias Walch als langjährigen Vertrauten. „Er hat erkannt, dass die Gestaltungsmöglichkeiten als Bürgermeister noch größer sind“, sagt Pfanner. Walch müsse jedoch auch wissen, dass er nun noch intensiver mit der Basis zu tun hat: „Da werden nochmal ganz neue Herausforderung auf ihn niederprasseln.“
Was für ein Bürgermeister wird er sein?
„Verwaltung hat immer den Anstrich trocken zu sein, das muss es aber gar nicht“, sagt Walch über seine Leidenschaft für kommunale Administration. Der Job, sei es im Landratsamt oder nun als Bürgermeister, bestehe nicht nur aus Akten, sondern ganz viel aus der Arbeit mit Menschen. Er wolle die Verwaltung nicht so leiten, dass diese von oben herunter regelt. „Es gehe nicht darum was ich will, sondern was die Bürger wollen“, sagt Walch.
Praktisch stellt er sich das wie folgt vor: Ein Verein oder eine Gruppe von Bürgern hat eine Idee, die im besten Fall nicht nur dem Einzelnen sondern der ganzen Gemeinschaft hilft. Die Verwaltung funktioniere dann als professionelle Stütze, die dabei hilft, diese Ideen umzusetzen. Natürlich werde auch er seine Erfahrung einbringen, „doch das Konkrete wird von den Bürgern geformt“. Tobias Walch setzt aber auch Grenzen: „Das bedeutet aber auch, dass wir den Bürgern nicht nach dem Mund reden. Sie haben nicht das Recht alles zu fordern.“
Wegen der „Kritischen Bürgern Achbergs“macht sich Tobias Walch keine Sorge. Die Person oder Gruppe hat im vergangenen Jahr anonyme Briefe mit heftiger Kritik an Walchs Vorgänger Johannes Aschauer verbreitet – bereit für einen Dialog sind die kritischen Bürger derzeit nicht. „Ich hatte oft mit Beschwerdeangelegenheiten zu tun. Gerade im Sozialbereich habe ich bereits viel erlebt.“Einen Riss in der Gemeinschaft sehe er nicht.
„Er kann auf Leute zugehen und zuhören“, schätzt Ulrich Pfanner seinen Vertrauten ein, „er hört sich beide Seiten an und macht dann Vorschläge. Er hat nicht nur das Gesetzbuch bei sich liegen und sagt bis hier und nicht weiter. Er nutzt den Spielraum“.
Was sind die konkreten Ziele des neuen Bürgermeisters?
Tobias Walch hat mit seiner Vision „Achberg 2030“Wahlkampf gemacht. Darin beschreibt er grobe Themen, die ihm wichtig sind. Beispielsweise ein vielfältiges Vereinsleben, das offen ist für Alteingesessene und neu Zugezogene. Oder ein besseres Angebote für Senioren, damit diese möglichst lange im Ort wohnen bleiben. Er will neue Mobilitätslösungen, ein lebendiges MartinGrisar-Haus und den Unternehmern weiterhelfen.
Walch sagt aber auch: „Ich habe kein festes Bild, was im nächsten Monat oder im nächsten Jahr konkret passiert.“Denn die Details will er nicht über Köpfe hinweg entscheiden. Walch setzt laut eigener Aussage auf Ideen der Bürger und auf engagierte Menschen, die sich für bestimmte Themen einbringen wollen.
Ein akutes Thema, für das er sich keine Zeit lassen will, gibt es aber: Der Breitbandausbau. Ein Förderbescheid des Bundes gibt es mittlerweile, „da muss ich direkt anknüpfen, denn während der Wahl habe ich da klare Signale bekommen“.
Wie startet Tobias Walch in die erste Tage im Amt?
Viele der Rathaus-Mitarbeiterinnen und Bauhof-Mitarbeiter kennt Tobias Walch bereits. Vergangene Woche hat er außerdem drei Tage im Rathaus verbracht, um eine „wirkliche Übergabe“mit seinem Vorgänger Johannes Aschauer hinzubekommen. „Ich will nicht nur Akten hingestellt bekommen.“
In der ersten Woche will er einige Amtskollegen in benachbarten Gemeinden besuchen und klären, wie man die Zusammenarbeit gestalten kann. Ansonsten bleibe aber nicht viel Zeit zur Eingewöhnung: „Wir sind eine kleine Gemeinde, da muss ich direkt beim Tagesgeschäft mit ran.“