Duell zweier Seelenverwandter
Das Champions-League-Finale FC Chelsea – Manchester City ist auch das Aufeinandertreffen der Trainer Thomas Tuchel und Pep Guardiola
(SID) - In der Höhle des Drachen ziehen zwei befreundete Taktikgenies in ihren härtesten Kampf. Sechs Jahre nach ihrem legendären Salzstreuer-Abend in einer edlen Münchner Weinbar gehen Thomas Tuchel und Pep Guardiola mit taktischen Fallen, Tricks und Winkelzügen aufeinander los – für die ultimative Krönung eines englischen Siegers: Im Champions-League-Finale zwischen Tuchels FC Chelsea und Guardiolas favorisiertem Manchester City.
„Wir haben kein anderes Ziel, als den Pokal zu holen. Das ist unser Mindset für Porto“, sagt Tuchel. Guardiola, der das silberne Pokal-Ungetüm bereits zweimal mit dem FC Barcelona gewonnen hat, kontert: „Ich respektiere ihn. Aber wir wissen, dass wir beide gewinnen wollen.“Im Estadio do Dragao kann es am Samstag (21 Uhr/Sky und DAZN) vor immerhin 16 500 Zuschauern nur einen Sieger geben.
Wer auch immer triumphiert: Es wird ein Spiel mit deutschen Gewinnern
und Verlierern. Ilkay Gündogan ist das unverzichtbare Mittelfeld-Metronom der Citizens – Chelsea schickt gleich drei deutsche Nationalspieler ins Rennen, die sich bald bei der EM wiedersehen werden: Kai Havertz, Antonio Rüdiger und Timo Werner.
„Jedes Kind schaut sich dieses Finale an“, sagt Werner, der zuletzt mit Ladehemmung kämpfte. „Nach dem WM- und EM-Endspiel ist es das größte Finale, das es auf der Welt gibt.“Wer es gewinne, besonders mit einer Mannschaft, die noch recht „grün hinter den Ohren“sei, habe in seiner Karriere „auf Vereinsebene das Größte“erreicht. Und nicht ganz uneigennützig fügte Werner hinzu: „Es ist besser, wenn wir zu dritt als Champions-League-Sieger zur Nationalmannschaft kommen als nur einer.“Das wird Ilkay Gündogan allerdings einigermaßen anders sehen.
Die Hoffnung des FC Chelsea ruht auf Tuchel, der vergangenes Jahr mit Paris SG das Finale gegen Bayern München verlor. „Niemand wird die Geschichte hören wollen, dass ich vergangene Saison schon hier war“, sagte der deutsche Trainer. Aber: Er gehe „schlauer und erfahrener“in sein zweites Königsklassenfinale.
Der Respekt der Gegenseite ist groß, nicht nur beim früheren BayernTrainer Guardiola. „Im Winter wären wir noch klarer Favorit gewesen, aber Chelsea hat unter Tuchel zur europäischen Spitze aufgeschlossen“, warnt Ilkay Gündogan. Mit Borussia Dortmund (wo er später auch noch unter Tuchel spielte) hat auch Gündogan schon ein Champions-League-Endspiel verloren – 2013, ebenfalls gegen den FC Bayern: „Ganz ehrlich, dieses Finale verfolgt mich noch immer. Ich möchte diese Trophäe so sehr.“
Die Londoner Blues wiederum haben sich ihr Selbstvertrauen redlich erarbeitet. Nachdem Tuchel im Januar den glücklosen Frank Lampard ersetzt hatte, kletterte Chelsea in der Premier League von Platz zehn noch auf den Champions-League-Rang vier. Allerdings verlor man das FACup-Finale gegen Leicester mit 0:1.
Dass sein Gegenüber nun Guardiola heißt, wird Thomas Tuchel zusätzlich anspornen. Der Katalane ist sein fußballerischer Seelenverwandter. In aller Munde ist dieser Tage wieder der Abend im Jahr 2015, an dem beide in einem Münchner Restaurant mit Salz- und Pfefferstreuern manisch alte Partien des FC Barcelona nachstellten. „Das sind gute Erinnerungen“, sagte Guardiola. „Seitdem sind wir älter geworden. Wir haben ein gutes Verhältnis zueinander.“
Doch in Porto geht es ums Ganze.