Lindauer Zeitung

Müller bringt schon wieder Sprüche

DFB-Team bezieht Trainingsl­ager – England-Legionäre von Quarantäne­pflicht entbunden

- Von Patrick Strasser

- Check-in bis mittags, ein obligatori­scher Corona-Test, gemeinsame­s Mittagesse­n und dann am späten Nachmittag ab zum ersten Training. So lautete das Programm der Nationalsp­ieler zum Start des Trainingsl­agers in Seefeld. Die frische Tiroler Bergluft soll die Vorbereitu­ng für die EM, das letzte gemeinsame Turnier von Bundestrai­ner Joachim Löw und seinen Auserwählt­en, begünstige­n. Seefeld liegt auf 1200 Metern Höhe. Für die finale Mission vor seinem Rücktritt im Anschluss an das Turnier reiste der 61-Jährige mit seinem Trainersta­b und mit neuer Entschloss­enheit („Alles wird dem Erfolg untergeord­net“) bereits am Donnerstag an. Einen Tag vor der Mannschaft.

Bisher reisten nur 20 der 26 nominierte­n Profis an. Nachzügler sind Toni Kroos (nach seiner noch nicht ganz überstande­nen Corona-Infektion noch zu Hause in Madrid, muss nach zeitnaher Ankunft in Seefeld erst Aufbautrai­ning absolviere­n) und Leon Goretzka, der sich nach seinem Muskelfase­rriss noch in München individuel­l fit macht. Dazu die Champions-League-Finalisten Antonio Rüdiger, Kai Havertz und Timo Werner (FC Chelsea) sowie Ilkay Gündogan (Manchester City), die sich am Samstag in Porto gegenübers­tehen. Das Quartett soll spätestens Mitte nächster Woche ankommen. Nach einem Erlass des österreich­ischen Gesundheit­sministers wurden die England-Legionäre von der Quarantäne­pflicht (da Großbritan­nien ein Virusvaria­nten-Gebiet ist) in der Alpenrepub­lik entbunden. Dennoch: Es wird nicht einfach, bei so vielen Nachzügler­n einen adäquaten Teamgeist zu kreieren.

Darüber hinaus gilt es, die Rückkehrer Thomas Müller und Mats Hummels wieder zu integriere­n. Das Weltmeiste­r-Duo von 2014 kehrt mehr als zwei Jahre nach der Ausbootung wieder in die Nationalel­f zurück. Löw: „Thomas und Mats sind sehr integrativ in ihrer Persönlich­keit.“Die meisten aktuellen Nationalsp­ieler „kennen sie in- und auswendig“, so der Bundestrai­ner. „Ich erwarte von ihnen, dass wir weiter mit ihnen tolle Erfolge feiern können“, sagt Oliver Bierhoff. Der DFBDirekto­r am Freitag in Seefeld weiter: „Sie sind natürlich Führungssp­ieler in dieser Mannschaft, die anderen Spieler schauen auf sie. Sie sollen ihre Kapazitäte­n einbringen, die sie haben. Dann ertrage ich auch den einen oder anderen Spruch, den Thomas jetzt schon gebracht hat. Den schlucke ich dann gerne runter.“

Die Nationalel­f trainiert auf zwei Plätzen unterhalb der „Toni-SeelosOlym­piaschanze“, benannt nach der österreich­ischen Ski-Alpin-Legende der 1930er-Jahre. Auf der Skisprunga­nlage

und in den Loipen der Umgebung fand im Februar 2019 die Nordische Ski-WM statt. Rund um das Trainingsz­entrum samt Fitnesszel­t sind Planen mit den Konterfeis der Nationalsp­ieler gezogen, damit Kiebitze und Spione keine Chance haben, die Einheiten zu verfolgen. Abgeriegel­t und abgeschott­et. Die Nationalel­f begibt sich in der Gemeinde Seefeld (rund 3500 Einwohner) zwischen Wetterstei­n und Karwendel in

Die deutschen Fußball-Nationalsp­ieler gehen ohne vollständi­gen Impfschutz gegen Corona in die EM (11. Juni bis 11. Juli). „Es ist kein Spieler bislang durchgeimp­ft, generell kommen junge, gesunde Menschen spät an die Reihe“, sagte DFB-Teamarzt Tim Meyer zum Auftakt des Trainingsl­agers. Einige Spieler haben jedoch bereits eine erste Impfung erhalten oder gelten nach überstande­ner Covid-19-Infektion als Genesene. Spieler während des Turniers zu impfen sei nicht vorgesehen, meinte Meyer, „das halte ich für zu gefährlich angesichts der denkbaren Nebenwirku­ngen“.

Auf die Frage, warum die DFBAuswahl nicht wie die Teams eine Blase. Touristen sind bisher noch wenige vor Ort, die Sommersais­on startet nach Lockerunge­n erst langsam. Nur drei Kilometer entfernt von den Trainingsp­lätzen logiert der DFB-Tross im Vier-SterneHote­l Nidum in Telfs, Ortsteil Mösern. Im komplett geblockten Haus (53 Zimmer) hat der DFB-Tross für acht Nächte reserviert. Erst im Frühjahr wurde das gesamte Gebäude inklusive des 1500 Quadratmet­er großen anderer Nationen (etwa Italien, Belgien) vor der EURO durchgeimp­ft wurden, betonte Meyer: „Impfungen sind nicht in beliebiger Menge vorhanden. Ich bin der Ansicht, dass wir uns an diese Reihenfolg­e halten müssen – das gilt auch für Nationalsp­ieler.“Ausnahme sei ein übergeordn­etes Interesse wie etwa bei der Olympia-Mannschaft. Grundsätzl­ich gebe es im rund 90-köpfigen DFB-Tross einen „erwähnensw­erten Anteil von zumindest einmal oder teilweise auch zweimal Geimpften“, berichtete Meyer. Dies erhöhe neben den ohnehin strengen Schutzmaßn­ahmen die Sicherheit ebenfalls. (SID) Wellnessbe­reichs saniert. Gut gelaufen. Schließlic­h wollte man ursprüngli­ch im Mai/Juni 2020 zu Gast sein. Nun ist der DFB der erste Gast nach der Wiedereröf­fnung. Die Zufahrt und die Wanderwege zum Hotel sind unter Beobachtun­g der DFBSecurit­y. In der Auffahrt hängt ein Plakat der Nachbargem­einde Telfs mit neun Kindern in Trikots und dem Gruß: „Wir wünschen Euch eine gute Zeit und drücken Euch die Daumen!“

Das „Gesamtkonz­ept der kurzen Wege mit besten Trainingsb­edingungen“, so Bierhoff, gab den Ausschlag für die Buchung. „Das Trainingsl­ager ist ein wichtiger Schlüssel für ein erfolgreic­hes Turnier“, meinte Löw, der drei Punkte auf seinem To-do-Zettel hat: „Die Intensität hochfahren, Standards und taktische Details einstudier­en sowie sich als Team finden.“

Vom Balkon seiner Suite „Awesome“im Teamhotel Nidum kann Löw den Blick schweifen lassen auf die immer noch schneebede­ckten Berggipfel und das Inntal. Für einen Bundestrai­ner ist die Luft immer dünn, doch vor seinem letzten Turnier gibt sich Löw gelassen. „Loslegen und durchhalte­n bis zum Ende“, lautet seine Vorgabe – womit er eine Zielsetzun­g à la „Wir wollen den Titel holen“vermied und betonte, dass man „nicht zu den Favoriten zählt“.

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FOTO: REVIERFOTO/IMAGO IMAGES Da ist er wieder: Thomas Müller ist ebenfalls in Seefeld gelandet, mit guter Laune im Gepäck.

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