Nachhilfe im Nationalpark
Viele Kinder in Südafrika kennen weder Elefanten noch Giraffen – Das Umweltbildungsprogramm EcoKidz will das ändern
Edith. „Sie produzieren nicht nur Sauerstoff, sondern auch Früchte. Auch ihr Holz kann genutzt werden – zur Herstellung von Möbeln und als Brennholz. Doch werden Bäume gefällt, müssen neue gepflanzt werden. Auch das bringen wir den Kindern bei.“Doch der EcoKidz-Unterricht geht noch weiter: Zusätzlich zu den Schulkursen verbringen jedes Jahr 400 Kinder im Rahmen des Bildungsprogramms zwei spannende Tage im Krüger-Nationalpark.
Es ist mucksmäuschenstill, die achtköpfige Gruppe traut sich kaum zu atmen. Langsam und vorsichtig bewegen sich die Schüler, um das Flusspferd nicht aufzuschrecken. „Seht ihr, dass das Flusspferd euch zwar sieht, aber durch die Windrichtung nicht wittern kann?“fragt Joris Bertens vom Sefapane Development Community Fund in die Runde. „Es fragt sich sicher, was das für Wesen am Ufer sind“, fügt er hinzu. Weiter geht es, vorbei an den runden Fußspuren von Elefanten im Sand bis zu mehreren Impala-Antilopen, die genüsslich das satte Grün kauen. Der engagierte Guide erzählt, warum der Kot der Hyänen weiß ist und der von Elefanten braun, dass auf den Mopanibäumen die gleichnamigen Würmer zu Hause sind. Er erklärt, warum letztlich alles miteinander zusammenhängt und jedes Lebewesen wichtig ist. Nach dem eineinhalbstündigen Fußmarsch geht es zurück ins Camp, und jeder der Schüler hängt seinen Gedanken nach. „Obwohl diese Kinder nur wenige Kilometer vom Nationalpark entfernt wohnen, waren sie noch niemals zuvor hier“, erklärt Joris Bertens vom Sefapane Development Community Fund. „Nun bekommen sie die Gelegenheit, die afrikanische Tier- und Pflanzenwelt selbst zu erleben.“
Auch das dramatische Thema der Wilderei bespricht Bertens mit den Schülerinnen und Schülern: „Es spricht sich vor allem in armen Gegenden schnell herum, dass die Wilderei reich macht.“Dabei werde das „große Geld“nicht in Afrika verdient, sondern beispielsweise in China, wo die Nachfrage nach RhinoHorn besonders groß sei. 60 000 Euro ist ein Kilogramm des Horns derzeit wert – mehr als Gold oder Heroin. Dabei besteht es – nimmt man es einmal wissenschaftlich unter die Lupe – wie menschliche Fingernägel oder Haare hauptsächlich aus Keratin, einer Substanz, die keinerlei medizinische Wirkung hat.
„Für einen armen Südafrikaner sind selbst 50 oder 100 Euro viel Geld. Damit kann er seine Familie eine lange Zeit versorgen“, sagt Bertens. „Wir wollen den Kindern jedoch beibringen, dass es auch andere legale Möglichkeiten gibt, um gutes Geld zu verdienen, beispielsweise als Wildhüter oder Reiseleiter.“Und so lernen die Kinder direkt im Nationalpark, Spuren zu lesen, das Verhalten von Wildtieren zu analysieren und die Schönheit der Natur mit allen Sinnen kennen.
Mittlerweile haben schon 2000 Kinder ein Wochenende im Camp verbracht. „Zurzeit werden sie allerdings aufgrund der Corona-Pandemie ausgesetzt“, erklärt Bertens. Er hoffe jedoch, im Herbst wieder damit starten zu können. „Ein solches Wochenende verändert die Kinder in vielerlei Hinsicht, denn sie haben die Wunder Afrikas zum ersten Mal leibhaftig erlebt“, sagt Vulani Mabunda, „nach diesen drei Tagen in der Wildnis Südafrikas sind sie anders, wollen plötzlich nicht mehr Polizist werden, sondern Ranger oder Reiseführer. Und sie tragen ihre Erfahrungen und neuen Erkenntnisse in ihre Familien, in ihre Schulen und Dörfer“, weiß sie.
„Sie werden die Welt ein wenig besser machen und die Umwelt schützen – und tragen so mit einer großen Leidenschaft zum Erhalt der Natur bei. Wir blicken in eine positive Zukunft Südafrikas!“fügt sie abschließend hinzu.