Zurück ins alte Arbeitsleben?
Die Inzidenzen sinken – Wie es jetzt mit Kurzarbeitergeld, Homeoffice und Corona-Hilfen weitergeht
- Schneller als von vielen erwartet ebbt die dritte Corona-Welle ab. In zahlreichen Regionen ist die Sieben-Tage-Inzidenz deutlich unter 50 gesunken. Damit stellt sich auch die Frage, wie es mit den Regelungen weitergeht, die der Wirtschaft einerseits helfen sollen und die ihr andererseits zusätzliche Pflichten aufbürden.
Kurzarbeitergeld:
Am 30. Juni läuft die Regelung aus, dass der Bund die Beiträge zur Sozialversicherung für ausgefallene Arbeitsstunden voll übernimmt. Dann steuert er nur noch die Hälfte bei. Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) trommelt aber schon länger dafür, dies mindestens bis zum 30. September zu verlängern, obwohl die Arbeitgeber wenig begeistert sind: „Eine falsche Anreizsetzung führt nicht zu Beschäftigungserhalt, sondern verzögert lediglich den Strukturwandel“, befürchtet der Hauptgeschäftsführer ihres Spitzenverbands BDA, Steffen Kampeter. Aber die Koalition ist sich im Prinzip einig weiterzumachen. Das Bundeskabinett könnte dies schon am Mittwoch absegnen; der Bundestag muss nicht befragt werden.
Die übrigen Regeln wurden schon bis zum Jahresende verlängert: So lange gibt es Kurzarbeitergeld, wenn mindestens zehn Prozent der Mitarbeiter einen Entgeltausfall von zehn Prozent haben. Es gibt 60 (mit Kindern 67) Prozent des Nettolohns. Fällt mindestens die Hälfte der Arbeitszeit aus, sind es ab dem vierten Monat 70 (77) Prozent und ab dem siebten 80 (87) Prozent. Nach der jüngsten Schätzung des Ifo-Instituts gab es im April 2,7 Millionen Kurzarbeiter. Von den 32,3 Milliarden Euro, die bisher ausgezahlt wurden, stammte nur der kleinere Teil aus Steuermitteln, der größere aus Rücklagen der Bundesagentur für Arbeit.
Homeoffice:
Ebenfalls bis Ende Juni befristet ist die Vorschrift, dass die Arbeitgeber ihren Beschäftigten das Arbeiten im Homeoffice ermöglichen und dass sie dies auch annehmen müssen. Da dies im Infektionsschutzgesetz geregelt ist, müsste eine Verlängerung der Bundestag beschließen. Das gilt auch für eine Verkürzung, wie sie der Industrieverband BDI gefordert hat. Beides ist unwahrscheinlich – die Regelung dürfte am 30. Juni sang- und klanglos auslaufen. Interessant ist Kampeters Aussage, das sei nicht das Ende des Homeoffice: „Wir stehen auch ohne
Bürokratie zu unseren Beschäftigten.“Eine Regelung zum Recht auf Homeoffice auch nach der Pandemie wird es in dieser Legislaturperiode nicht mehr geben: Heil hätte sie gerne durchgesetzt, doch die Union spielt nicht mit. Im Mai nutzten 31 Prozent der Beschäftigten zumindest teilweise das Homeoffice, ergab die jüngste Umfrage des Ifo-Instituts. Seit Februar ist die Quote so gut wie nicht verändert.
Testpflicht:
Auch die Pflicht der Arbeitgeber, ihren Mitarbeitern zweimal pro Woche einen kostenlosen Schnelltest anzubieten, wenn sie nicht permanent im Homeoffice arbeiten, endet am 30. Juni. Heil würde dies gern über den Sommer hinaus verlängern, was er auf Basis der Arbeitsschutzverordnung auch leicht könnte. Doch ob es so kommt, ist offen. Die Arbeitgeber würden ihren Beschäftigten weiter freiwillig Tests anbieten, behauptet zumindest Kampeter.
Corona-Hilfen:
Die Überbrückungshilfe III ist derzeit ebenfalls bis Ende Juni begrenzt. Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) und
Finanzminister Olaf Scholz (SPD) plädieren für ein Verlängern bis zum Jahresende. Doch noch ist dies nicht beschlossen. Bisher wurden mehr als 226 000 Anträge über 14,4 Milliarden Euro gestellt und 8,4 Milliarden Euro ausgezahlt. Hinzu kommen fast 192 600 Anträge auf Neustarthilfe für Soloselbständige; fast 1,1 Milliarden Euro sind bereits geflossen. Insgesamt hat der Bund seit Beginn der Corona-Pandemie Firmen 103 Milliarden Euro Zuschüsse gezahlt.
Obwohl noch viele Betriebe etwa im Einzelhandel oder der Gastronomie erheblich unter den Folgen des Lockdowns leiden, sind die Sonderregeln für Insolvenzen am 30. April ausgelaufen. Bis dahin galt für den Fall der Überschuldung: Die Insolvenz musste nicht innerhalb von drei Wochen angemeldet werden, wenn die Firma Corona-Hilfen beantragt hatte, diese aber noch nicht ausbezahlt waren. Das sollte verhindern, dass sie nur aus diesem Grund aufgeben musste. Die
SPD hatte eine Verlängerung gefordert. Die Union verwies darauf, dass die staatlichen Hilfen mittlerweile fließen. Bei der November- und der Dezemberhilfe sind mittlerweile 94 Prozent der Abschlagszahlungen überwiesen. Es stehen allerdings noch Schlussabrechnungen in erheblichem Umfang aus.
Ist schlicht kein Geld mehr in der Kasse, also bei Zahlungsunfähigkeit, muss schon seit Oktober 2020 wieder umgehend Insolvenz beantragt werden.
Dies ist in den meisten Fällen der Grund für das Aus bei Unternehmen. (dik)