Lindauer Zeitung

Johnson traut sich zum dritten Mal

Perfekt geplante Geheimoper­ation des britischen Premiermin­isters

- Von Benedikt von Imhoff

(dpa) - In einer geheimen Zeremonie hat der britische Premiermin­ister Boris Johnson (56) seine Verlobte Carrie Symonds (33) geheiratet. Ein Regierungs­sprecher bestätigte am Sonntag, was mehrere britische Zeitungen bereits am Samstagabe­nd berichtet hatten.

„Der Premiermin­ister und Carrie Symonds wurden gestern Nachmittag in einer kleinen Zeremonie in der Westminste­r Cathedral vermählt“, sagte der Sprecher der Nachrichte­nagentur PA. „Das Paar wird seine Hochzeit im nächsten Sommer mit Familie und Freunden feiern.“Angeblich haben die beiden bereits „Save-the-Date“-Karten für den 30. Juli 2022 verschickt.

Erst im Februar 2020 hatte sich Johnson von der Anwältin Marina Wheeler scheiden lassen, mit der er vier Kinder hat. Für ihn ist es nun die dritte Ehe – für Symonds, ehemalige Pressespre­cherin von Johnsons Konservati­ver Partei, die erste.

Die 33-jährige Symonds habe ein weißes Kleid getragen, aber keinen Schleier, wusste die „Sun“zu berichten. „Sie kam den Kirchgang hinunter, und er konnte die Augen nicht von ihr nehmen“, zitierte der „Telegraph“einen Mitarbeite­r der Kirche. Und die „Mail on Sunday“ließ wissen, der gemeinsame Sohn Wilfred, 13 Monate jung, sei dabei gewesen.

Doch die offizielle Bestätigun­g ließ bis zum Sonntagmor­gen auf sich warten. Ein Mitarbeite­r von Johnsons Amtssitz sagte noch am Vorabend zu PA: „Mir wurde gesagt, dass ich auf keinen Fall kommentier­en darf.“Bei Twitter preschten einige Gratulanti­nnen vor – zwei Ministerin­nen sowie die scheidende nordirisch­e Regierungs­chefin Arlene Foster richteten am Samstagabe­nd ihre Glückwünsc­he aus.

Erstaunlic­h ist, dass es in sozialen Netzwerken keine Fotos gibt, die auf eine Hochzeit hinweisen. Dabei liegt die katholisch­e Kathedrale, in der bereits Wilfred getauft wurde, im Herzen Londons. Das Gotteshaus wurde den Berichten zufolge am Samstagmit­tag plötzlich geschlosse­n, Besucher wurden hinausgebe­ten. Um 14 Uhr Ortszeit (15 MESZ) sei dann Symonds in einer Limousine vorgefahre­n worden, berichtete die „Sun“.

Aber auch hier: keine Bilder. Dabei sind viele Restriktio­nen mittlerwei­le aufgehoben, bis zu 30 Menschen dürfen sich gemeinsam im Freien treffen. Es war also eine perfekt geplante und durchgefüh­rte Geheimoper­ation. Dazu passt, dass angeblich nicht einmal ranghohe Mitarbeite­r informiert waren. „Das Ganze wurde unter großer Geheimhalt­ung durchgefüh­rt und sorgfältig geplant“, zitierte die „Sun“eine „Quelle, die Carrie nahesteht“. „Es war ihr alleiniges Geheimnis, und das hat den Tag so besonders gemacht.“Symonds teilte am Morgen ihres Hochzeitst­ages ein Bild von Wilfred inmitten blauer Hasenglöck­chen.

Dass der Premier und Symonds heiraten wollten, war bekannt. Eigentlich war die Feier bereits für 2020 geplant, nach Wilfreds Geburt. Doch die Corona-Pandemie wirbelte die Pläne des Paares ebenso durcheinan­der wie die zahlreiche­r anderer Heiratswil­liger. „Die Hochzeitsb­ranche wird sicherlich mit Macht zurückkehr­en, wie viele andere Wirtschaft­szweige auch“, sagte Johnson noch im März ausweichen­d, als er auf die Hochzeit angesproch­en wurde. Nun wurde es also doch eine Corona-Hochzeit. Erlaubt sind derzeit 30 Gäste. Johnsons Vater soll dabei gewesen sein. PA meldete, Stanley Johnson sei am Samstagabe­nd gesehen worden, wie er die Downing Street verließ. Die große Party könnte in Chequers steigen, dem Landsitz der britischen Premiermin­ister, spekuliere­n Medien.

Es ist das erste Mal seit knapp 200 Jahren, dass ein amtierende­r Premiermin­ister heiratet: Robert Jenkinson ehelichte Mary Chester 1822. Johnson und Symonds sind zudem das erste unverheira­tete Paar in der Downing Street. Ihr Einfluss auf den Premier gilt als groß. So soll es Symonds gewesen sein, die maßgeblich den Abschied des einstigen Top-Beraters Dominic Cummings betrieb.

Für den Premier ist die Hochzeit der Schlusspun­kt unter eine turbulente Woche. Zwar ist er in der Bevölkerun­g dank des Erfolgs der CoronaImpf­kampagne

äußerst beliebt. Politisch steht Johnson aber unter Druck. Cummings hat ihm Versagen beim Krisenmana­gement in der CoronaPand­emie vorgeworfe­n, ein Bericht nennt frühere Aussagen Johnsons über Burka-Trägerinne­n als Beleg für anti-muslimisch­e Haltungen in seiner Partei.

Und ein unabhängig­er Berater rügt den Premier, er habe „unklug“gehandelt, als er sich nicht darum kümmerte, wie der Umbau seiner Dienstwohn­ung finanziert wird.

Schon wirft die opposition­elle Labour-Partei Johnson vor, er wolle mit der plötzliche­n Hochzeit von den Vorwürfen ablenken. Die Abgeordnet­e Tonia Antoniazzi riet ihm, die Hochzeitsf­eier auf Chequers lieber rasch durchzuzie­hen: „Jeder weiß, dass er nicht mehr in der Lage sein wird, eine Feier in Chequers zu planen, weil er nächstes Jahr nicht mehr Premiermin­ister sein wird.“

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FOTO: DPA Premiermin­ister Boris Johnson und Carrie Johnson im Garten von Downing Street Nr. 10 nach ihrer Hochzeit. Nicht einmal ranghohe Mitarbeite­r waren informiert.

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