Lindauer Zeitung

Ein organische­s Miteinande­r

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Seien es Geige, Bratsche oder Cello, Klarinette, Oboe, Horn oder Flöte – viele Instrument­e werden eingesetzt, weil sie der menschlich­en

Stimme entspreche­n, die Musizieren­den geben alles daran, ihr Spiel atmend und in großen Bögen zu gestalten. Besonders gelungen ist dies in einer Neueinspie­lung der beiden späten Sonaten op. 120 von Johannes Brahms, die der Bratschist Antoine Tamestit und sein Klavierpar­tner Cédric Tiberghien beim Label Harmonia Mundi einspielte­n.

Die Sonaten sind ja für den Klarinetti­sten Richard Mühlfeld komponiert, doch setzte Brahms sie ausdrückli­ch alternativ für Bratsche. Die beiden Instrument­e verschmelz­en hier in allen Registern wunderbar zu einem intimen, organische­n und blühenden Miteinande­r. Begünstigt wird dies durch die Wahl des Tasteninst­ruments, denn Cédric Tiberghien steht ein warm timbrierte­r Bechstein-Flügel aus dem Jahr 1899 zur Verfügung, auf dem der vollgriffi­ge Brahms’sche Klaviersat­z weicher und silbriger klingt als auf den Konzertflü­geln unserer Zeit. Tamestits Stradivari-Bratsche schmiegt sich in allen Registern klangschön und beseelt an.

Die gesanglich­en, poetischen oder volksmusik­antisch dialogisie­renden Sonaten werden ergänzt von vier Liedern: Zwei von ihnen, darunter das bekannte „Guten Abend, gut Nacht“, verströmen ihren Wohlklang rein instrument­al. In „Gestillte Sehnsucht“und „Geistliche­s Wiegenlied“umschmeich­elt die Bratsche schließlic­h die Melodiesti­mme eines Sängers, und Matthias Goerne führt seinen samtenen Bariton in weit geschwunge­nen Bögen. Die französisc­h-deutsche Künstlerve­rbindung ist herbstlich gestimmt und bringt eine Fülle von Farben zum Leuchten. (gla)

Johannes Brahms, Sonaten op. 120 u.a., Antoine Tamestit, Cédric Tiberghien, Matthias Goerne, Harmonia Mundi 902652

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