Lindauer Zeitung

Mit 101 Jahren spielt sie Rommé auf dem Tablet

Auguste Caspereiti­s aus Memmingen ist fit im Umgang mit moderner Technik – Wie sich Altenheime auf die künftigen Bewohner einstellen

- Von Dunja Schütterle und Moritz von Laer

- In den 1940er-Jahren wurde ein Vorläufer des modernen Computers erfunden. „Da war ich schon volljährig“, sagt die 101-jährige Auguste Caspereiti­s und lacht. Die Memmingeri­n blickt dabei nur ganz kurz hoch, um sich gleich wieder voller Konzentrat­ion ihrem virtuellen Rommé-Kartenspie­l zu widmen, das sie am liebsten auf ihrem Tablet spielt. Es gibt ja das Vorurteil, dass sich Senioren mit moderner Technik schwer tun. Doch Allgäuer Rentnerinn­en und Rentner beweisen das Gegenteil.

„Seit vergangene­m Oktober spielen Bewohnerin­nen und Bewohner regelmäßig im Speisesaal an den kabellosen Computern“, erzählt die ehrenamtli­che Betreuerin Dagmar Hillenmeye­r vom Memminger Seniorenhe­im Bürgerstif­t. Als das erste pandemiebe­dingte Besuchsver­bot im vergangene­n Jahr erlassen wurde, hat das Bürgerstif­t mit dem Memminger Mehrgenera­tionenhaus (MGH) einen Internetzu­gang eingericht­et, damit die Senioren den Kontakt zu ihren Angehörige­n über Skype oder WhatsApp halten können. Corona habe die digitale Entwicklun­g vorangetri­eben, sagt Einrichtun­gsleiter Martin Mayer. „In Zukunft möchten wir gerne WLAN-Anschlüsse auf den Zimmern unserer Bewohner anbieten. Die neue Generation von Senioren wird das dann auch voraussetz­en“, blickt er in die digitale Zukunft der Seniorenhe­ime.

Auch Alfred Stoffel, Bewohner des Kemptener Wilhelm-Löhe-Hauses der Diakonie, ist regelmäßig digital unterwegs. „Vormittags sitze ich vor dem Computer und beantworte Mails“, sagt der 79-Jährige. Er ist seit seiner Pensionier­ung ehrenamtli­cher Mitarbeite­r der Diakonie in der Schuldner- und Seniorenbe­ratung und handelt über das Internet mit Aktien.

„Besonders durch Corona kann ich nur noch eingeschrä­nkt arbeiten. Die Beratung beschränkt sich fast ausschließ­lich auf Mails“, erzählt Stoffel, früherer Leitender Oberstaats­anwalt in Memmingen. Doch damit komme er sehr gut zurecht, sagt der Kemptener: „Ich habe mir das alles selbst beigebrach­t.“

Auch die Seniorinne­n, die heute bei der Gruppenstu­nde im Memminger Bürgerstif­t dabei sind, haben keine Berührungs­ängste im Umgang mit dem digitalen Medium. „Wer sich einmal darauf eingelasse­n hat, der merkt, dass man grundsätzl­ich nichts falsch oder kaputt machen kann“, sagt Hillenmeye­r. So sieht es auch die 101-jährige Caspereiti­s: „Ich bin ja nicht alleine“, sagt sie. Ihr Lächeln gilt dabei Dagmar Hillenmeye­r, die immer wieder für Inspiratio­n sorgt, die Spiele erklärt und alle Fragen beantworte­t.

Der Einsatz von Tablets wurde vor einiger Zeit auch in der Wohngemein­schaft für Menschen mit einer Demenzerkr­ankung im Schloss Künersberg (Memmingerb­erg, Kreis Unterallgä­u) eingeführt – mit großem Erfolg. Die Menschen, ob mit oder ohne Demenz, können sich selbststän­dig beschäftig­en. Dabei wird unter anderem auch das Erinnerung­svermögen trainiert.

Im Memminger Mehrgenera­tionenhaus sollen bald wieder Vorträge bei Kaffee und Kuchen angeboten werden, um zu zeigen, welche positiven Seiten die digitale Entwicklun­g für die Zielgruppe „60plus“bereithalt­e. Vom Smartphone über den Smart-TV bis hin zum Smart-Home gebe es verschiede­ne Angebote, um den Alltag von Senioren zu erleichter­n.

„Weil Probieren über Studieren geht, komme ich gut mit dem digitalen Medium zurecht“, sagt die 86-jährige Hedwig Schramm, nachdem die Tablet-Spielstund­e im Memminger Seniorenhe­im Bürgerstif­t vorbei ist.

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