Erfolgreicher Protest gegen Tempo 30 im Allgäu
Die Weltgesundheitsorganisation fordert Geschwindigkeitslimit – Was Rathauschefs aus der Region dazu sagen
- Viele Anwohner fordern es, nicht wenige Autofahrer sind dagegen: Tempo 30 in Ortschaften ist und bleibt ein Streitthema. Erst kürzlich hatte das Oberallgäuer Landratsamt Tempo-30-Schilder in Oberstdorf und in Heising (Gemeinde Lauben) kurz nach dem Aufstellen wieder abgebaut.
Grund: Das Verwaltungsgericht in Augsburg hatte im April 2020 das Tempolimit im Sonthofener Stadtteil Altstädten gekippt. Da Bürger auch gegen die Beschränkungen in Heising und Oberstdorf klagten, nahm das Landratsamt die Schilder wieder weg. Diese hätten einer gerichtlichen Prüfung nicht standgehalten, lautete die Begründung. Demgegenüber hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) kürzlich gefordert, dass weltweit auf Straßen in Städten, Dörfern und Siedlungsgebieten ein Tempolimit von 30 km/h gelten sollte. Das könne Menschenleben retten. Doch ist das wirklich sinnvoll? Allgäuer Rathauschefs sind unterschiedlicher Meinung.
„Insbesondere in Wohngebieten ist das generell sehr zu begrüßen“, sagt Memmingens Oberbürgermeister Manfred Schilder (CSU). Denn ein solches Limit würde nach seiner Meinung die Verkehrssicherheit erhöhen, die Belastung der Anwohner mit Verkehrslärm verringern und auch die Kosten für die Beschilderung deutlich minimieren. Laut Dominic Geißler, Sprecher des Kemptener Polizeipräsidiums, fällt in 30erZonen tatsächlich ein Großteil der Verkehrszeichen weg. Auch Ampeln seien dann nicht mehr von Nöten. „Da gilt fast immer Rechts vor Links“, sagt er.
Kaufbeurens Oberbürgermeister Stefan Bosse (CSU) ist der Meinung, dass es in der Stadt mehr 30er-Zonen geben sollte: „Gerade um die schwächeren Verkehrsteilnehmer besser zu schützen.“Allerdings würde er dies nicht auf allen Straßen innerhalb der Stadt wollen: „An den Hauptstraßen haben wir viele gesicherte Übergänge, sei es durch Ampeln, Verkehrsinseln oder Fußgängerüberwege.“Durch ein Limit von 30 Stundenkilometern würde dort der Verkehrsfluss gestört. Deshalb sei das auf Hauptstraßen nicht sinnvoll.
Ähnlich sieht es Tobias Paintner, Bürgermeister der Westallgäuer Gemeinde Weiler-Simmerberg: „Für eine solch pauschale Regel bin ich nicht. Das muss man sich immer vor Ort ansehen.“In seiner Gemeinde werde gerade geprüft, wo sich die Sicherheit im Verkehr noch verbessern lasse. Dabei gehe es nicht nur um Temporeduzierungen. So hätten beispielsweise auch Verkehrsinseln einen positiven Effekt, sagt der Bürgermeister der Westallgäuer Gemeinde.
Bei der Bewertung von Tempolimits müsse man zwischen zwei Punkten abwägen, sagt Polizeisprecher Geißler: „Einmal der Sicherheitsgedanke und zum anderen die sogenannte Leichtigkeit im Verkehr.“Damit sei der Verkehrsfluss gemeint, der gerade auf Hauptverkehrsadern gegeben sein solle. Dennoch müsse auch dort ein Gleichgewicht zwischen Sicherheit und fließendem Verkehr herrschen. Wenn die Sicherheit nicht gegeben ist, könne man über ein entsprechendes Tempolimit nachdenken.
Grundsätzlich könnten die Kommunen über Tempolimits entscheiden, sagt Memmingens OB Schilder. „In Wohngebieten mit Rechts-vorLinks-Regelung ist die Einführung von 30er-Zonen relativ problemlos möglich.“In den vergangenen Jahren habe die Stadt Memmingen etwa 30 solcher Zonen ausgewiesen. Auf Hauptverkehrsstraßen stünden einem solchen Tempolimit aber hohe rechtliche Hürden entgegen, sagt Schilder. Voraussetzung sei hier, eine „besondere Gefahrenlage“nachzuweisen.