Dem Trommlerzug fault der Boden unter den Füßen weg
Den Musikern bereiten bei der Sanierung ihres Vereinsheims die Preise für Baumaterialien wie Holz und Stahl Sorgen
- Der Trommlerzug Lindau steht vor einer großen Herausforderung: Er muss sein Vereinsheim sanieren – und viel Geld investieren, obwohl er wegen Corona nicht auftritt und die Einnahmen fehlen. Doch aufschieben können die Trommlerinnen und Trommler die Sanierung nicht, denn ihnen ist der Boden unter den Füßen buchstäblich weggefault.
„Wir hatten das Gefühl, dass der Boden durchbricht. Alles hat nachgegeben“, sagt Trommler Achim Jaeger. „Die Türen haben geklemmt, deswegen haben wir gewusst, dass wir etwas tun müssen“, ergänzt Peter Ebinger, Zugrührer und Vorsitzender des Vereins. In der Hoffnung, dass sie nur ein paar Balken austauschen müssen, öffneten sie den Boden. Doch dann kam zum Vorschein, dass die ganze Unterkonstruktion morsch ist. „Es war sehr ernüchternd“, sagt Ebinger. Und so sei schnell klar gewesen, dass die Sanierung doch eine größere Baustelle wird als anfangs vermutet.
Inzwischen sind die Bauarbeiten voll in Gang. Als klar war, wie groß der Schaden ist, entkernten die Vereinsmitglieder das Trommlerhaus komplett. Zwischendurch stand von dem Häuschen nur noch die Hülle, vom Dach war nur noch das Gerippe übrig. Um Kosten zu sparen, wollen die Musiker den Großteil der Arbeiten selbst erledigen. Weil sie wegen Corona ohnehin nicht proben können, wollen sie die Zeit wenigstens sinnvoll nutzen. „Wir werden keine Handwerker engagieren müssen“, sagt Ebinger.
Doch auch, wenn der Trommlerzug nur die Materialkosten stemmen muss, ist das schon viel für den Verein, der vor zwei Jahren sein 100-jähriges Bestehen gefeiert hat. Die Preise für Holz, Stahl und Dämmmaterialien seien schon vor Beginn der Sanierung hoch gewesen, seither aber nochmal deutlich angestiegen. „Allein der Holzpreis ist um 300 Prozent hoch gegangen“, sagt Ebinger. Er schätzt, dass sich allein die Materialkosten auf rund 40 000 Euro belaufen werden, deswegen hofft er auf weitere Spenden.
Unterstützung in Form von Geldund Materialspenden kamen bereits von Lindauer Firmen, anderen Vereinen und Privatleuten. Derzeit läuft noch eine Spendenaktion bei der Volksbank Allgäu-Oberschwaben: Bei jeder Spende legt die Bank nochmal Geld obendrauf. Doch die Preise sind nicht das einzige Problem. Denn Baumaterialien sind derzeit nicht nur besonders teuer, sondern auch knapp. „Wir müssen froh sein, wenn wir überhaupt was herbekommen“, sagt Ebinger. Seit gut 20 Jahren ist der Trommlerzug in seinem Vereinsheim in Niederhaus. Im Jahr 2000 zog er dort ein, nachdem er ein Jahr lang heimatlos war, weil er die Räume in der Luitpold-Kaserne auf der hinteren Insel räumen musste. „Für uns war das Häusle ein richtiger Glücksgriff“, berichtet Ebinger. Denn gerade für
Trommler sei es gar nicht so leicht, eine passende Bleibe zu finden. „Die Nachbarn schlagen doch die Hände überm Kopf zusammen, wenn sie hören, dass nebenan Trommler einziehen“, so Ebinger.
Beim Trommlerhaus handelt es sich um ein ehemaliges Baubüro des Straßenbauamts Kempten. Bevor die Trommler dort einzogen, wurden darin die Seebrücke und die neue B 31 geplant. Als die Ingenieure ihr Büro nach zwölf Jahren nicht mehr benötigten, vermieteten es sie an die Stadt Lindau, die es seither an den Trommlerzug untervermietet. Die Trommler bauten es um und passten es auf ihre Bedürfnisse an, zum Beispiel, indem sie eine Schalldämmung anbrachten.
Dass ausgerechnet jetzt die Sanierung des Trommlerhauses ansteht, bringt den Verein in finanzielle Nöte. Denn seine wichtigsten Einnahmen sind die Gagen für Auftritte. Allerdings ist diese Einnahmequelle mit dem Ausbruch der Corona-Pandemie weggefallen. Seit über einem Jahr haben die gut 40 Aktiven nicht mehr miteinander geprobt. Wie lange es wohl dauert, bis die Trommler wieder ihr altes Niveau erreicht haben, kann Ebinger nicht genau sagen. „Wenn wir zweimal pro Woche proben würden, hätten wir es nach zwei Monaten vielleicht wieder drauf “, schätzt er.
Doch bevor sie wieder miteinander trommeln können, müssen die Musiker noch weiter an ihrem Vereinsheim werkeln.