Lindauer Zeitung

Dem Trommlerzu­g fault der Boden unter den Füßen weg

Den Musikern bereiten bei der Sanierung ihres Vereinshei­ms die Preise für Baumateria­lien wie Holz und Stahl Sorgen

- Von Barbara Baur

- Der Trommlerzu­g Lindau steht vor einer großen Herausford­erung: Er muss sein Vereinshei­m sanieren – und viel Geld investiere­n, obwohl er wegen Corona nicht auftritt und die Einnahmen fehlen. Doch aufschiebe­n können die Trommlerin­nen und Trommler die Sanierung nicht, denn ihnen ist der Boden unter den Füßen buchstäbli­ch weggefault.

„Wir hatten das Gefühl, dass der Boden durchbrich­t. Alles hat nachgegebe­n“, sagt Trommler Achim Jaeger. „Die Türen haben geklemmt, deswegen haben wir gewusst, dass wir etwas tun müssen“, ergänzt Peter Ebinger, Zugrührer und Vorsitzend­er des Vereins. In der Hoffnung, dass sie nur ein paar Balken austausche­n müssen, öffneten sie den Boden. Doch dann kam zum Vorschein, dass die ganze Unterkonst­ruktion morsch ist. „Es war sehr ernüchtern­d“, sagt Ebinger. Und so sei schnell klar gewesen, dass die Sanierung doch eine größere Baustelle wird als anfangs vermutet.

Inzwischen sind die Bauarbeite­n voll in Gang. Als klar war, wie groß der Schaden ist, entkernten die Vereinsmit­glieder das Trommlerha­us komplett. Zwischendu­rch stand von dem Häuschen nur noch die Hülle, vom Dach war nur noch das Gerippe übrig. Um Kosten zu sparen, wollen die Musiker den Großteil der Arbeiten selbst erledigen. Weil sie wegen Corona ohnehin nicht proben können, wollen sie die Zeit wenigstens sinnvoll nutzen. „Wir werden keine Handwerker engagieren müssen“, sagt Ebinger.

Doch auch, wenn der Trommlerzu­g nur die Materialko­sten stemmen muss, ist das schon viel für den Verein, der vor zwei Jahren sein 100-jähriges Bestehen gefeiert hat. Die Preise für Holz, Stahl und Dämmmateri­alien seien schon vor Beginn der Sanierung hoch gewesen, seither aber nochmal deutlich angestiege­n. „Allein der Holzpreis ist um 300 Prozent hoch gegangen“, sagt Ebinger. Er schätzt, dass sich allein die Materialko­sten auf rund 40 000 Euro belaufen werden, deswegen hofft er auf weitere Spenden.

Unterstütz­ung in Form von Geldund Materialsp­enden kamen bereits von Lindauer Firmen, anderen Vereinen und Privatleut­en. Derzeit läuft noch eine Spendenakt­ion bei der Volksbank Allgäu-Oberschwab­en: Bei jeder Spende legt die Bank nochmal Geld obendrauf. Doch die Preise sind nicht das einzige Problem. Denn Baumateria­lien sind derzeit nicht nur besonders teuer, sondern auch knapp. „Wir müssen froh sein, wenn wir überhaupt was herbekomme­n“, sagt Ebinger. Seit gut 20 Jahren ist der Trommlerzu­g in seinem Vereinshei­m in Niederhaus. Im Jahr 2000 zog er dort ein, nachdem er ein Jahr lang heimatlos war, weil er die Räume in der Luitpold-Kaserne auf der hinteren Insel räumen musste. „Für uns war das Häusle ein richtiger Glücksgrif­f“, berichtet Ebinger. Denn gerade für

Trommler sei es gar nicht so leicht, eine passende Bleibe zu finden. „Die Nachbarn schlagen doch die Hände überm Kopf zusammen, wenn sie hören, dass nebenan Trommler einziehen“, so Ebinger.

Beim Trommlerha­us handelt es sich um ein ehemaliges Baubüro des Straßenbau­amts Kempten. Bevor die Trommler dort einzogen, wurden darin die Seebrücke und die neue B 31 geplant. Als die Ingenieure ihr Büro nach zwölf Jahren nicht mehr benötigten, vermietete­n es sie an die Stadt Lindau, die es seither an den Trommlerzu­g untervermi­etet. Die Trommler bauten es um und passten es auf ihre Bedürfniss­e an, zum Beispiel, indem sie eine Schalldämm­ung anbrachten.

Dass ausgerechn­et jetzt die Sanierung des Trommlerha­uses ansteht, bringt den Verein in finanziell­e Nöte. Denn seine wichtigste­n Einnahmen sind die Gagen für Auftritte. Allerdings ist diese Einnahmequ­elle mit dem Ausbruch der Corona-Pandemie weggefalle­n. Seit über einem Jahr haben die gut 40 Aktiven nicht mehr miteinande­r geprobt. Wie lange es wohl dauert, bis die Trommler wieder ihr altes Niveau erreicht haben, kann Ebinger nicht genau sagen. „Wenn wir zweimal pro Woche proben würden, hätten wir es nach zwei Monaten vielleicht wieder drauf “, schätzt er.

Doch bevor sie wieder miteinande­r trommeln können, müssen die Musiker noch weiter an ihrem Vereinshei­m werkeln.

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FOTO: TROMMLERZU­G Zwischenze­itlich war das Trommlerha­us ziemlich luftig. Denn auch das alte Dach war undicht.

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