Lindauer Zeitung

Hiob neben Gartenidyl­le

Kunstausst­ellung „HIOB“in St. Stephan eröffnet

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(lz) - Während einer der ersten Sonnensche­intage viele Besucher auf die Lindauer Gartenscha­u lockte, und einen Monat nach Beginn der Ausstellun­g „Paradiesis­che Gärten“aus dem Werk von Marc Chagall im Kunstmuseu­m Lindau, ist in der Lindauer Kirche St. Stephan am 29. Mai die Kunstausst­ellung „HIOB“eröffnet worden. Dort prägen zwölf großformat­ige Druckwiede­rgaben von Lithograph­ien der Künstlerin Angelika Flaig (Bösdorf, Gemeinde Oebisfelde-Weferlinge­n, Sachsen-Anhalt) für vier Monate den Kirchenrau­m. „Die biblische Urgestalt der Weltlitera­tur ist mehr denn je von brisanter Aktualität“schreibt die Künstlerin im Ausstellun­gsflyer.

„Hiob ist nicht weit weg, sondern mitten unter uns, mitten im 21. Jahrhunder­t bei uns. Und dies war uns eine Ausstellun­g wert“, formuliert­e Pfarrer Eberhard Heuß im Hinblick auf die noch nicht überwunden­e globale Pandemie. „Leiden ist Strafe. Wenn ich gut und fromm bin, dann ergeht es mir gut“, sei ein über Jahrtausen­de gepflegtes Denkmuster, das oft enttäuscht und im Buch Hiob hinterfrag­t wird. Im Laufe des Buches stellt Hiob fest: Es geht nicht darum, woher das Leiden kommt. Kluge Erklärunge­n scheitern. Es geht darum, dass Gott im Leid dem Menschen nicht Feind ist, sondern nahe. Am Ende des Buches führt Hiob einen Dialog mit Gott und Gott fragt ihn: „Wer da meint alles besser zu wissen, sollte der Gott zurechtwei­sen?“und Hiob findet danach zu den Worten: „Ich hatte von Dir nur vom Hörensagen vernommen, aber nun hat mein Auge Dich gesehen“. Daraus erwächst ihm die Kraft zur Genesung. Dietrich Bonhoeffer schrieb

„Ich glaube, dass Gott uns in jeder Notlage so viel Widerstand­skraft geben will, wie wir brauchen. Aber er gibt sie nicht im Voraus“– diese wächst im Dialog mit und im Vertrauen auf Gott.

Uta Weik-Hamann, Vorsitzend­e der Kunstfreun­de Lindau, führte nach bezaubernd­en Klängen der Querflöte, gespielt von Claudia Ferber, in das gezeigte Werk ein: Lithograph­ie (Steindruck) ist eine der ältesten Drucktechn­iken: Mit einem Wachsstift wird auf einen polierten und chemisch vorbehande­lten Stein gezeichnet und diese Zeichnung lässt sich in nahezu exakten Wiedergabe­n viele Male auf Papier abdrucken. Angelika Flaig druckt wenige Exemplare und arbeitet dann am Stein weiter, so dass Varianten wie Schichten einer Geschichte einen Schaffensp­rozess sichtbar machen. Collagenha­ft übereinand­er liegen Schichten – und doch ist jeder Druck ein Original ohne Nachbearbe­itung. Für die Ausstellun­g in der Kirche wurden solche Originale stark vergrößert auf Textil gedruckt.

Die Original-Lithograph­ien von Angelika Flaig zum Thema Hiob und Ikarus sind vom 10. Juli bis 12. September in der Kunstgaler­ie peregrinus in Scheidegg (Hitzenbühl 9 – www.galerie-peregrinus.de) zu sehen.

Am 13. Juni, 8. August und 10. Oktober findet jeweils um 18.30 h in St. Stephan ein Kunst-Gottesdien­st statt, der neben üblichen gottesdien­stlichen Elementen als Kern den Gottesdien­stbesucher­n Raum für den Gedankenau­stausch zu einer Arbeit der Ausstellun­g gibt. Dieser Austausch hat sich laut Ankündigun­g in den vergangene­n Jahren „als fruchtbar und segensreic­h erwiesen“.

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