Ein Palais im Herzen Manhattans
Stararchitekt David Chipperfield baut das ehemalige Goethe-Haus in New York um
(dpa) - Das aus Sicht von Kritikern zu „Deutschlands teuerstem Spukschloss“verkommene frühere Goethe-Haus in New York soll der britische
Stararchitekt David Chipperfield
(Foto: dpa) für eine Zukunft als
Zentrum für transatlantische
Begegnungen sanieren. David
Chipperfield Architects, gerade fertig mit den Arbeiten an der Neuen Nationalgalerie in Berlin, setzten sich vor einer unabhängigen Jury mit dem Entwurf „An Open House“gegen neun weitere Vorschläge durch.
Die Kosten belaufen sich auf 20 Millionen Euro. Der Bundestag hatte 2016 für das Goethe-Haus in New York und die als Residenz für Stipendiaten bereits fertige Thomas-MannVilla in Los Angeles zusammen 34 Millionen Euro bereitgestellt. Das sechsgeschossige Gebäude im BeauxArt-Stil mit hellgrauer Fassade und grünem Kupferdach steht an der Fifth Avenue im Herz von Manhattan gegenüber dem Metropolitan Museum. Die Bundesrepublik Deutschland kaufte es 1955 James Gerard ab, einem ehemaligen US-Botschafter in Deutschland.
Das repräsentative Gebäude in bester Lage auf der Upper East Side Manhattans diente lange als Hauptsitz des Goethe-Instituts in New York. Derzeit ist es ein „Platz für Ideen“unter dem Namen „1014“, angelehnt an die Hausnummer in der 5th Avenue. Während der Pandemie konnten Klassikfans dort unter anderem alle 16 Streichquartette von Ludwig van Beethoven anhören – jeweils nur ein Zuhörer, ein Paar oder zusammenlebende Menschen eines Haushalts.
„Nach dem Thomas-Mann-Haus in Los Angeles können wir damit in New York einen weiteren Knotenpunkt aufbauen, der dem transatlantischen Dialog dienen soll“, sagte Andreas Görgen, Leiter der Kulturabteilung im Auswärtigen Amt, in Berlin. „In absehbarer Zeit wollen wir das Haus so nutzen, wie es dem Ort würdig ist: „1014“war ja früher schon einmal ein Ort, an dem man sich in New York über transatlantische Themen unterhalten konnte.“Hier hätten sich vom damaligen Kanzler Willy Brandt bis zum früheren US-Außenminister Henry Kissinger alle die Klinke in die Hand gegeben. „Daran wollen wir anknüpfen und die anderen transatlantischen Player in New York einbinden“, sagte Görgen.
Wohl schon im nächsten Jahr sollen die Bagger rollen, nach den aktuellen Planungen könnte der Bau 2025 fertig sein. Das Konzept von Chipperfield geht aus Sicht der Beteiligten sehr schonend mit der alten Substanz um und macht den Bau zur gleichen Zeit wesentlich transparenter. Herz von Chipperfields Entwurf für das extrem schmale, aber sehr tiefe Gebäude ist ein über zwei Etagen reichender und damit neu geschaffener Raum der Begegnung zwischen den repräsentativen Bereichen der unteren Etagen und den Lebens- und Arbeitsräumen etwa für Stipendiaten in oberen Stockwerken.
Nach dem Auszug des Goethe-Instituts, das inzwischen im kulturellen Nährboden des südlichen Manhattans nahe des Union Square residiert, fehlte es lange Zeit an überzeugenden Konzepten. Zeitweise wurde über eine Art Think Tank nachgedacht. Teure Unterhaltskosten und Brandschutzvorgaben aus Deutschland machten das lange Zeit kaum genutzte Gebäude zu „Deutschlands teuerstem Spukschloss“. Angesichts der horrenden Immobilienpreise in New York lockte auch ein möglicher Verkauf – ähnliche Objekte bringen meist hohe zweistellige Millionenpreise.
Das Geld für einen Umbau nach neuem Konzept musste in Berlin besorgt werden. SPD-Bundestagsabgeordnete Ulla Schmidt und ihr Kollege Peter Beyer von der CDU, auch Koordinator für die transatlantische Zusammenarbeit der Bundesregierung, rührten die Werbetrommel für das Projekt in Übersee. „Jeder, der aus New York zurückkam, hat gesagt: das behalten wir.“