Einzelhändler und Wirte atmen auf
Lindauer Handel profitiert von Lockerungen für die Gastronomie
- Einkaufen und Essen gehen ohne Test und Termin: Die Corona-Regelungen im Landkreis Lindau sind angesichts sinkender Inzidenzwerte gelockert worden. Seither brummt es in Lindau wieder – zumindest im Rahmen des Möglichen. Das ist auch der Gastronomie zu verdanken, die in Bayern seit Montag sogar auch wieder in Innenräumen Gäste bewirten darf.
„Rundum herrscht große Zufriedenheit. Die Lockerungen haben sich sofort ausgewirkt“, sagt Robert Kainz von der Interessengemeinschaft Zukunft Insel, in der sich rund 100 Gewerbetreibende aus Handel, Handwerk, Gastronomie, Hotellerie sowie Kunst und Kultur zusammengeschlossen haben. Ein absoluter Gewinn sei die Öffnung der Außengastronomie gewesen. Dass die Innengastronomie jetzt auch wieder erlaubt ist, sei folgerichtig. „Für die Kunden wird es erst ein Einkaufserlebnis, wenn sie in der Stadt noch was essen und trinken“, sagt er. „Wenn Einkehren möglich ist, profitiert davon auch der Einzelhandel.“Es laufe vielleicht nicht bei jedem gleich gut an, aber insgesamt sei der Tenor positiv.
Doch es scheinen nicht nur die Geschäftsleute aufzuatmen, sondern auch die Kunden und Gäste. Besonders an schönen Tagen ist die Stadt voller Besucher, die durch die Fußgängerzone schlendern, sich einen Kaffee gönnen und eben auch in den Geschäften bummeln. Davon, dass die Corona-Pandemie weiter anhält, zeugen dann nur die Menschenschlangen vor den Teststellen, einige Maskentragende, aber auch Desinfektionsmittelspender an den Eingängen zu den Gaststätten.
Die Teststation in der Maximilianstraße hat die Interessengemeinschaft Zukunft Insel aufgebaut, als noch Einkaufen nur mit negativem Testergebnis erlaubt war. Der Effekt sei allerdings recht gering ausgefallen, berichtet Kainz. Sich vor dem Einkauf zu testen und dann im Geschäft vorab einen Termin zu buchen, sei für einen Großteil der Kunden eine große Hemmschwelle gewesen. „Von dieser Möglichkeit haben nur wenige Kunden und Einzelhändler Gebrauch gemacht“, sagt er. „Einem Großteil derer, die ihr Geschäft geschlossen hatten, war der Aufwand zu groß.“
Als wesentlichen Nachteil bezeichnet es Kainz, dass die Gastronomie zunächst nicht öffnen durfte. Erst seit die Gaststätten ihre Außenbereiche öffnen durften, sei wieder
Leben in der Stadt. „Wenn die Leute in die Stadt gehen, wollen sie Freunde treffen, noch einen Kaffee oder einen Apéro trinken und sich entspannen“, sagt er. In Anbetracht sinkender Infektionszahlen könne er es nicht verstehen, dass die Gastronomen ihre Innenbereiche nicht früher öffnen durften. Hygienekonzepte seien längst ausgearbeitet gewesen, sagt er. Dementsprechend freute er sich, als Ministerpräsident Markus Söder (CSU) am Freitag diesen Öffnungsschritt verkündete. Seit Montag dürfen die Lindauer Gastronomen auch ihre Innenbereiche öffnen. „Das ist genau der richtige Weg“, sagt Kainz.
Klaus Winter vom Strandhaus Lindau ist froh, dass er schon seit der Öffnung der Außengastronomie im Mai wieder Gäste bewirten konnte. „Dadurch sind wir jederzeit bereit, auch den Innenbereich wieder zu öffnen“, sagt er. Allerdings ärgert er sich über die Art und Weise der Kommunikation seitens der Politik. Es sei unfassbar, dass die Öffnung ab Montag an einem Freitag verkündet werde, sagt er. Denn Gastronomen, deren Lokal nicht über einen Außenbereich
verfüge, deren Kühlhaus leer und die Küche über Monate kalt gewesen sei, seien außerstande, alles übers Wochenende vorzubereiten. „Wer seriös und frisch kocht, braucht drei bis vier Tage Vorbereitung“, sagt Winter. Außerdem müssten zuerst Waren beschafft und Mitarbeiter aus der Kurzarbeit geholt werden.
Der Start der Außengastronomie sei im Strandhaus gut verlaufen. „Die Leute sind verständnisvoll, wenn wir ihnen erklären, wie es jetzt bei uns läuft“, sagt er. Manche Gäste wüssten beispielsweise nicht, dass in Bayern eine OP-Maske nicht ausreiche, sondern dass sie nur mit einer FFP2Maske ins Lokal dürfen. Auch mit der Registrierung über die Luca-App oder die Corona-Warn-App klappe es gut. „Es erleichtert uns wirklich die Arbeit, dass wir die Zettelwirtschaft nicht mehr brauchen“, sagt Winter. Und wer wie er und seine Mitarbeiter das Gastgeber-Gen habe, freue sich jetzt einfach über den Kontakt mit den Gästen. „Es hat uns wirklich gefehlt, unseren Gästen eine schöne Zeit zu bereiten“, sagt er.
„Mit Testpflicht war gar nichts los“, berichtet Angela Reichel, Inhaberin des Tollhaus, die Wohnaccessoires
Robert Kainz, Interessengemeinschaft
Zukunft Insel
und Geschenke verkauft. Das Tollhaus lebe vor allem von Laufkundschaft. „Die meisten unserer Kunden nehmen eher spontan etwas mit. Dafür müssen sie sich aber zuerst ein bisschen umsehen. Momentan sei es noch nicht wie in Zeiten vor Corona. Sie befürchtet, dass sie durch die Schließung Kunden an den Online-Handel verloren hat. Doch sei sie heilfroh, dass sie überhaupt wieder aufmachen dürfe.
Cathrin Dreher von der Spielecke konnte ihren Laden während des Lockdowns geöffnet lassen, denn die Spielecke zählt als Babyfachmarkt zu den systemrelevanten Branchen. Trotzdem habe sie in den vergangenen Monaten gespürt, dass die Menschen nicht in Scharen auf die Insel strömten. Jetzt, wo die anderen Einzelhändler auch wieder geöffnet haben, finden wieder mehr Kunden in ihren Laden und die Stimmung sei ganz anders. „Die Leute sind froh und freundlich und freuen sich, dass sie einkaufen können“, sagt sie. Die Zahlen habe sie zwar noch nicht verglichen, doch gefühlt sei der Umsatz in den Pfingstferien wieder etwa auf das Niveau der Vor-Corona-Zeit gestiegen.
„Wenn Einkehren möglich ist, profitiert davon auch der Einzelhandel.“
Eine Videoumfrage unter Kunden in der Lindauer Innenstadt gibt es im Internet unter www.schwäbische.de/ einkaufen-lindau