Hühnerhaltung ist immer beliebter
Überdurchschnittlich viele Privatpersonen melden Hühner im Bodenseekreis an
- Die Hühner picken, laufen durch das hohe Gras, suhlen sich in der frisch aufgewühlten Erde. „So ist das artgerecht“, sagt Hühnerhalterin Ronja Müller, die mit ihrer Familie einen Biohof in Eriskirch bewirtschaftet. Die Hühner kamen in den vergangenen Jahren nach und nach dazu. Aber auch in Privathaushalten steigt die Zahl der Hühner im Bodenseekreis an. Überdurchschnittlich viele Haltungen sind in den vergangenen Monaten gemeldet worden, bestätigt das Landratsamt den Eindruck eines Hühner-Trends am See.
Insgesamt leben neben Rindern, Pferden, Katzen und Hunden 660 Hühner in drei mobilen Ställen auf dem familienbetriebenen Biohof Reutter-Müller in Eriskirch. Mobil bedeutet: Jeweils 220 Hühner leben in einer Gruppe mit je zwei Hähnen zusammen, der Stall wird alle paar Wochen auf ein neues, frisches Stück Wiese verlegt. Dann kann sich das aufgewühlte Stück Wiese erholen und die Hühner haben immer frisches Gras unter den Füßen, zum Picken und Wühlen.
„Die Hühner haben Spaß daran, in der Wiese zu scharren. Körner und Würmer zu suchen und zu picken ist für sie ihre Tagesaufgabe“, erklärt Ronja Müller. Sie und ihre Familie haben sich aufgrund des Tierwohls und der guten Qualität der Eier für diese Form der Hühnerhaltung entschieden, sagt sie. Und auch die Spaziergänger, die am Hof vorbeikommen, freuen sich darüber, die herumlaufenden Hühner beobachten zu können.
Im Schnitt etwa ein Ei pro Tag kann ein Huhn legen. Die Eier sammelt Familie Müller dann ein und verkauft sie im hofeigenen Automaten. Ab Mitte Juni soll auch der Hofladen eröffnen, wo es neben Eiern weitere Bioprodukte von Saft bis Gemüse im Sortiment geben wird.
Oft sind die Eier noch am selben Tag ausverkauft, berichtet Ronja Müller: „Der Absatz hat in der Corona-Pandemie noch zugenommen. Rein vom Eierabsatz her könnten wir noch mehr Hühner halten. Aber dafür haben wir nicht genug Platz – und Zeit.“
Vor ein paar Jahren noch lebten nicht 660, sondern zehn Hühner auf dem Hof, erinnert sich Ilona ReutterMüller: „Die sind frei über den Hof gelaufen und auch mal bis zur B 31 ausgebüxt.“
Nicht ganz so frei waren die Hühner allerdings von Mitte Januar bis Mitte März: Wegen eines Ausbruchs der Geflügelpest im benachbarten Kreis Konstanz mussten alle Hühner und anderes Geflügel auch im Bodenseekreis vorsorglich im Stall bleiben.
Einen kleinen Vorteil zum letzten Ausbruch 2016 habe es aber gegeben, berichtet Markus Müller: „Es gab viel Schnee dieses Jahr. Der Drang der Hühner nach draußen zu gehen, war zum Glück etwas geringer.“Also mussten die Gruppen in ihren jeweiligen Ställen bleiben. Oben sind Schlaf- und Fressangebot untergebracht, im unteren Bereich gibt es Platz zum Scharren. Die Gruppen jetzt wieder wühlend durchs Gras laufen zu sehen, sei aber eine Erleichterung, sagt Müller.
Und er hat noch einen Tipp für alle, die sich überlegen, privat Hühner zu halten: „Sie brauchen viel Platz zum Scharren, das ist wichtig. Und eine grüne Wiese ist mit Hühnern schnell umgewühlt.“Wer sich aber am Tierwohl orientiere und sich gut informiere, könne auch privat Hühner halten.
Was sich einige Hundert Haushalte im Bodenseekreis auch schon überlegt haben: Die Zahl der kleineren Haltungen steigt, bestätigt das Landratsamt. Im Bodenseekreis sind insgesamt 838 Hühnerhaltungen mit insgesamt 61 883 Hühnern registriert. Die Zahl der Haltungen hiervon mit bis zu 50 Hühnern liegt laut Landratsamt bei 787 mit insgesamt 10 924 Hühnern. Betrachtet man die noch etwas kleineren Haltungen mit bis zu 20 Hühnern kommt man auf 643 mit insgesamt 6228 Hühnern.
„An der Zahl von 643 Hühnerhaltungen bis zu 20 Hühnern kann man ablesen, dass es sich beim größten Teil der Hühnerhaltungen im Bodenseekreis um Hobby- beziehungsweise Kleinhaltungen handelt“, erklärt Kreissprecher Robert Schwarz. Eine separate Erfassung privater oder landwirtschaftlicher Hühnerhalter existiere aber nicht.
„Wir können den Eindruck bestätigen, dass die Zahl der Hühnerhaltungen zunimmt. Bei uns haben sich in letzter Zeit überdurchschnittlich viele neue Hühnerhaltende angemeldet. In diesem Jahr sind allein 22 Haltungen seit 1. Januar 2021 neu dazugekommen, davon 20 Betriebe mit unter 20 Hühnern“, berichtet Schwarz. Eine von ihnen ist Friederike Forster aus Ittendorf bei Markdorf. Sie und ihre Familie haben ganz frisch Küken ausgebrütet. „Für uns ist es ein Hobby mit dem Nebeneffekt, eigene Eier zu haben“, erklärt Forster. Die Hühner können auf dem familieneigenen, großen Grundstück leben.
Sie freue sich mindestens genauso über die Küken wie ihre beiden sieben- und neunjährigen Kinder, erzählt sie: „Ich bin mit Tieren aufgewachsen. Wir essen sowieso wenig tierische Produkte und die Eier holen wir bisher beim benachbarten Biohof.“Von eben diesem Hof haben sie auch den Brutkasten für die Eier ausgeliehen.
Rosa, grün und braun waren die zehn Eier, aus denen von Donnerstag auf Freitag Küken geschlüpft sind. Noch müssen sie unter die Wärmelampe, bis ihr Gefieder wächst. Die Hähne unter den Küken werden bei einer Bekannten der Familie leben. Sowieso sei Hühnerhaltung im Freundeskreis immer mehr zum
Thema geworden, erzählt Friederike Forster. Ihre Familie sei nicht alleine mit dem neuen Hobby.
Wichtig ist bei der Hühnerhaltung, so das Landratsamt, dass die Hühner gemäß den Tierschutzvorschriften gehalten werden: Mit genügend Platz und insbesondere mit geeigneter Einstreu zum Scharren und Picken und Sitzstangen zum Niederlassen.
Aktuell gebe es keine Hinweise auf das Vorkommen von Vogelgrippe (Geflügelpest) im Bodenseekreis und es gelten keine speziellen Anforderungen, die über das übliche Maß hinausgehen. Da die Vogelgrippe insbesondere in den Wintermonaten am Bodensee jederzeit auftreten könne, sei auch jederzeit mit einer Stallpflicht zu rechnen.
Die Anforderungen der Stallpflicht würden auch bei einem überdachten Auslauf eingehalten. Man müsse die Tiere also nicht in einen dunklen Stall einsperren, heißt es weiter. Vom Ausbruch im Winter im Landkreis Konstanz seien im Bodenseekreis aber keine schwerwiegenden Konsequenzen bekannt.
Weitere Informationen zur Tierhaltung sind zu finden auf der Seite des Landkreises unter www.bodenseekreis.de/de/ ordnung-sicherheit/ tiergesundheit/
Für Fragen steht das Veterinäramt den interessierten Halterinnen und Haltern unter der Telefonnummer 07541 / 204 5177 zu den normalen Geschäftszeiten zur Verfügung. Es sei wichtig, gut zu beraten und behördliches Einschreiten bei Verstößen von vornherein zu vermeiden. Insbesondere im Hinblick auf die Vogelgrippe muss jede Hühnerhaltung beim Veterinäramt angemeldet werden.
TRAUERANZEIGEN