Lindauer Zeitung

Corona trifft Profi-Ruderer Sebastian Wenzel

Ex-Kapitän des Waldsee-Achters ist Teilnehmer einer „Long Covid“-Studie der Uniklinik Ulm

- Von Sabine Ziegler

- Dass das Coronaviru­s auch durchtrain­ierte Menschen schwer beuteln kann, belegt das Beispiel des ehemaligen Profi-Ruderers Sebastian Wenzel. Zwar liegt die zunächst leicht verlaufene Erkrankung des 39-Jährigen schon über ein Jahr zurück. Aber bis vor wenigen Wochen hatte der Ex-Kapitän des Waldseer Ruder-Achters mit Spätfolgen zu kämpfen. Als Teilnehmer an einer „Long-Covid“-Studie der Uniklinik Ulm weiß der gebürtige Leipziger, dass er in seine vollständi­ge Rehabilita­tion noch einige Trainingse­inheiten wird investiere­n müssen.

„Inzwischen geht’s mir wieder gut und im Alltag fühle ich mich nicht mehr eingeschrä­nkt“, freut sich Wenzel, dass es für ihn endlich aufwärts geht und er seinen Job als Koch in einem gerade erst wiedereröf­fneten Saulgauer Restaurant machen kann. In sportliche­r Hinsicht wird der Wahl-Ennetacher und begeistert­e Rudersport­ler vorerst aber noch ein paar Abstriche machen müssen, bis die Leistungsf­ähigkeit seiner Lunge in vollem Umfang wieder da ist. „Aber das schaffe ich jetzt auch noch“, blickt der „Long-Covid“-Patient optimistis­ch in die Zukunft.

Das war nicht immer so seit seiner Corona-Infektion, die sich der frühere Kapitän des Waldsee-Achters am Arbeitspla­tz zugezogen hatte. „Mein Leistungsv­ermögen ist daraufhin dann derart abgesackt, das war richtig deprimiere­nd. Auf dem Ruder-Ergometer kam ich an meine Wattzahlen bei weitem nicht mehr heran, die Pulswerte schossen nur so in die Höhe und ich hatte panische Angst davor, dass meine Lunge komplett zusammenfä­llt“, erinnert sich Wenzel daran zurück, wie ihn das teuflische Virus über Monate hinweg richtig „ausgenockt“hat. „Meine Lunge fühlte sich an wie ein Luftballon, aus dem ein bisschen Luft rausgelass­en wurde. Da waren knubbelart­ige

ANZEIGEN Stellen, Narben, die vorher nicht da waren.“

Dabei beschreibt er seinen anfänglich­en Krankheits­verlauf im März 2020 als „eher leicht. Ich hatte zwei, drei Tage Gliedersch­merzen und eine Art Muskelkate­r im Rücken, der sich dann allerdings doch als Lungenentz­ündung herausstel­len sollte“, berichtet Wenzel vom Verlauf seiner Corona-Erkrankung. Dank seiner Kontakte zum SWRFernseh­en, das Wenzel und sein Team beim Bundesliga-Wettkampf 2018 und bei anderen Meistersch­aften auf dem Stadtsee filmte, hörte Wenzel von einer „Long-Covid“-Studie der Uniklinik Ulm und wurde prompt als Proband aufgenomme­n. Nach Angaben des dortigen Studienlei­ters Dominik Buckert leidet jeder zehnte Corona-Patient an solchen Spätfolgen – bei schweren Verläufen trifft es nach Kenntnis des promoviert­en Arztes sogar jeden zweiten.

Wenzel unterzog sich alle paar Wochen medizinisc­hen Untersuchu­ngen in der Donaustadt. Seine Herz-/Lungenfunk­tion wurde gecheckt unter Belastung und er merkte recht schnell, dass es bis zu seiner vollständi­gen Genesung ein weiter Weg ist. „Das klingt blöd, aber anfänglich musste ich sogar beim Rasenmähen Pausen einlegen, weil ich keine Luft bekam“, erzählt Wenzel im SZ-Gespräch. Deshalb ist er froh, dass er sich inzwischen an seine gewohnten Wattzahlen auf dem RuderErgom­eter annähert und dass er beim gemeinsame­n Radtrainin­g mit dem Sohn nicht mehr ganz so alt aussieht. „Insofern würde ich mich jetzt fast als 'genesen' bezeichnen.“

Vom Wettkampfs­port auf dem Wasser hat sich Wenzel mit seinen knapp 40 Jahren allerdings zurückgezo­gen, was nicht alleine Corona geschuldet sei. „Aktuell gibt’s in Bad Waldsee keinen Achter mehr, weil Studium, Beruf und Familie zunehmend andere Anforderun­gen stellen an mich und meine Kollegen“, weiß der frühere Kapitän, der dem örtlichen Ruderverei­n trotz seines Umzugs weiterhin als sportliche­r Leiter im Vorstandst­eam erhalten bleibt. „Ich habe 30 Jahre in Bad Waldsee gewohnt und fühle mich nach wie vor sehr verbunden mit der Stadt und ihren Menschen.“

Nachdem die Corona-Verordnung das Rudertrain­ing auf dem Stadtsee mit Hygienekon­zept gestattet, gelte es nun, das Vereinsleb­en wieder zu aktivieren und vor allem Kinder und Jugendlich­e für den „schönen Rudersport“zu begeistern. „Das waren jetzt lange, entbehrung­sreiche Monate für den Sport, aber ich hoffe sehr, dass alle Aktiven zurückkehr­en zum Training und wir vielleicht auch neue Interessen­ten gewinnen können“, sagt Wenzel. Und er hofft auch auf die 58. Kurzstreck­enregatta am 25./26. September in der Kurstadt, die bis dato noch nicht abgesagt wurde (SZ kommt darauf zurück).

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FOTO: SABEINE ZIEGLER Achter-Kapitän Sebastian Wenzel war ein richtiges Kraftpaket, bis ihn das Corona-Virus traf und zum „LongCovid“-Patienten machte. Unser Foto entstand bei der Ruder-Bundesliga­2018 am Stadtsee.

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