Lindauer Zeitung

Als Stefan Kuntz im Tettnanger Ried jubeln durfte

Beim A-Jugend-Pfingsttur­nier vor 40 Jahren: Heutiger Erfolgstra­iner holt mit Borussia Neunkirche­n den Pokal

- Von Roland Weiß

- Wo er am ersten JuniSonnta­g 2021 war, das wird Stefan Kuntz wohl künftig auch im Schlaf aufsagen können – hat er an diesem Tag doch als Trainer die deutschen U21-Fußballer zum Europameis­tertitel geführt. Exakt 40 Jahre zuvor durfte der damals 18-jährige Sturmführe­r von Borussia Neunkirche­n ebenfalls jubeln: Im Tettnanger Ried erhielt er vom TSV-Vorsitzend­en Dieter Jung am 7. Juni 1981 den Montfort-Wanderpoka­l überreicht.

Die Saarländer hatten bei ihrer ersten Teilnahme gleich das Tettnanger A-Jugend-Pfingsttur­nier gewonnen – dank einer geschlosse­nen Mannschaft­s- und enormen Willenslei­stung. Sie ähnelte jener, die der jungen DFB-Equipe nun beim 1:0 über Portugal zum Erfolg auf europäisch­er Ebene verhalf und Kuntz’ Handschrif­t trägt.

Fußball-Jugendturn­iere hatten in der Region zu Ostern und Pfingsten Tradition und Bedeutung. So auch das Tettnanger Event: Vom damaligen TSV-Jugendleit­er Günther Maurer ins Leben gerufen, waren ihm zwischen 1976 und 1983 acht Auflagen beschieden. „Internatio­nal“war das Turnier seit 1978 (unter anderem dank FSK Horsens aus Dänemark oder dem FC Winterthur) und hochklassi­g besetzt auch 1981. Zweitligis­t VfB Eppingen war ebenso zu Gast wie der FV 04 Würzburg oder der MTV Ingolstadt. Der Vorläufer des heutigen FC Ingolstadt (seit 2004) sollte denn auch den von Roland Feirle trainierte­n Gastgeber am Finaleinzu­g hindern: Tettnang wurde Gruppenzwe­iter und letztlich Vierter in dem dreitägige­n Turnier.

Im Endspiel trafen die „Schanzer“

auf Borussia Neunkirche­n, das den TSV Meckenbeur­en mit 4:0 am Eröffnungs­tag dominiert hatte und auch in der Folge ungeschlag­en blieb. Im Finale durften die Saarländer nach dem siebten Schützen im Elfmetersc­hießen jubeln. Mit dabei: der 18 Jahre junge Stefan Kuntz, der zu diesem Zeitpunkt schon ein Zweitliga-Match für „seine“Borussia absolviert hatte und am Anfang einer bemerkensw­erten Karriere stand.

Am frühen Abend des 7. Juni 1981 sollte Kuntz im Kreise seiner Mitspieler erschöpft, aber freudig bei der Siegerehru­ng den Worten von Günther Maurer, Bürgermeis­terStellve­rtreter Edwin Bruder und des frisch gebackenen TSV-Vorsitzend­en Dieter Jung lauschen. Vom Turnierwag­en herunter zollten sie allen Mitwirkend­en Respekt, und Stefan Kuntz sollte es dann auch sein, dem Jung den Montfort-Wanderpoka­l überreicht­e.

Woran sich nicht nur der heutige TSV-Ehrenvorsi­tzende lebhaft erinnert, sondern auch Stefan Kuntz. Zumindest tat er dies Dieter Jung zufolge rund ein Jahrzehnt später, als sich die beiden beim Winterpoka­l in Friedrichs­hafens A1-Halle nochmals begegneten, Stefan Kuntz im Trikot des 1. FC Kaiserslau­tern.

Als der Gastgeber im Eröffnungs­spiel des Pfingsttur­niers 1982 dem Titelverte­idiger aus Neunkirche­n ein 0:0 abtrotzte, war Stefan Kuntz altershalb­er schon nicht mehr dabei. 1983 sollte er nach Bochum, 1986 zu Bayer Uerdingen und 1989 zu Kaiserslau­tern wechseln, weitere Stationen schlossen sich mit Besiktas Istanbul, Arminia Bielefeld und VfL Bochum an – nicht zu vergessen 25 Länderspie­le mit dem Gewinn der EM 1996 als Krönung. Und eben eine Trainerlau­fbahn, in der seit Sonntag zwei Europameis­tertitel mit der U21 aufscheine­n.

Tettnangs A-Jugend-Pfingsttur­nier sollte 1983 seine finale Runde drehen. Es war zu einer Großverans­taltung gereift, die an ihre Grenzen stieß. Knapp 100 Helfer waren zuletzt im Einsatz, um Gästen und Einheimisc­hen „unvergessl­iche Tage“zu bieten, wie es der damalige TSVFußball-Abteilungs­leiter Manfred Boos in der Rückschau formuliert.

Im Abschlussj­ahr 1983 lud das Turnier neben dem Sport zu etlichen Begleitver­anstaltung­en ein. Vor allem die Bodensee-Fahrt mit dem Tanzschiff „Stuttgart“ist vielen in Erinnerung. Mit 570 Personen bestückt kreuzte es in die Nacht hinein vor Lindau und Bregenz. Der Jugendund Fußballabt­eilung des TSV Tettnang hatte Günter Maurer mit dem Turnier jedenfalls einen Impuls verliehen, der noch lange nachwirken sollte.

Eine ähnliche Gefühlslag­e schwingt mit, wenn Stefan Kuntz nun am ersten Juni-Sonntag 2021 sagt: „Es bleiben Bande bestehen. Das geht ja nicht weg.“Was der Erfolgstra­iner freilich darauf bezieht, dass „seine Jungs“aus der U21 dieser Mannschaft altershalb­er entwachsen. Wie es der Gang der Dinge ist, der Stefan Kuntz vor 40 Jahren ins Tettnanger Ried führte.

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FOTO: RF Beim ersten Triumph von Borussia Neunkirche­n ist Stefan Kuntz (Bildmitte, den Blick auf den Pokal gerichtet) im Tettnanger Ried mit dabei – anno 1981.

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