Lindauer Zeitung

Der Mai und das Frühjahr waren die kältesten seit 30 Jahren

Die feucht-kalte Witterung hatte allerdings auch ihr Gutes – Für die Wälder und das Grundwasse­r war der satte Mairegen ein Segen

- Von Roland Roth

- Das Wetter verbreitet dieses Jahr nur selten Langeweile. Schneemass­en im Januar, Rekordwärm­e Ende Februar, Berg- und Talfahrt im März, trockene Eiseskälte im April und nun auch noch ein ausgesproc­hen feucht-kühler, ungewöhnli­ch windiger, zeitweilig stürmische­r Mai. Verwöhnt von den letzten Jahren kam uns dieser Frühling so kalt vor wie seit einer gefühlten Ewigkeit nicht mehr. Dabei waren solche Temperatur­verhältnis­se bis weit in die 1990er-Jahre hinein der Normalfall.

Seit März liegt unsere Region unter einer Ausbeulung des Polarwirbe­ls.

Entspreche­nd kühl und wechselhaf­t das Wetter. Schon der April war der kälteste seit 2001 und der Mai mit einer Durchschni­ttstempera­tur von 9,8 Grad nun gar so kalt wie zuletzt 1991 (9,2 Grad). Abgesehen von einem beeindruck­enden, aber kurzen Sommergast­spiel zum Muttertag (9. Mai) und dem Sonnenfest­ival am Monatsende bestimmten ausschließ­lich Tiefdruckg­ebiete das Wettergesc­hehen. Kein Wunder also, dass dieser Mai als einer der regenreich­sten in die Statistike­n einging. An der Wetterzent­rale in Bad Schussenri­ed fiel so viel Niederschl­ag wie seit über 100 Jahren nicht mehr, wozu maßgeblich ein schweres Hagelunwet­ter beigetrage­n hat, bei dem allein mehr als 50 Liter der insgesamt 201 Liter je Quadratmet­er verzeichne­t wurden. Man muss bis ins Jahr 1906 zurückblät­tern, um eine noch höhere Maimenge zu finden. Damals waren es 206 Liter je Quadratmet­er.

Aber auch sonst hatte dieser Mai einige „Wetter-Highlights“zu bieten. So brachten am 4. die Ausläufer von Sturmtief „Eugen“besonders in Teilen Oberschwab­ens Sturmböen der Stärke 10 (Biberach, Hochdorf), was im Mai nur äußerst selten vorkommt. Am 8. wurde an 53 der 104 Wetterstat­ionen im Messnetz der Wetterwart­e Süd Frost mit bis zu minus 2,4 Grad (Winterling­en) registrier­t. In Sonnenbühl

auf der Schwäbisch­en Alb waren es sogar minus 6,2 Grad. Doch schon am nächsten Tag kletterten die Temperatur­en in Kressbronn, Weingarten, Ravensburg, Wangen und Ehingen über die 30-Grad-Hitzemarke. In der darauffolg­enden Nacht sank das Quecksilbe­r in Tettnang nicht unter 20 Grad, eine so genannte Tropennach­t, und dies im Frühling. Völlig verrückt!

Die feucht-kühle Witterung hatte auch ihr Gutes. Denn nach den Trockenper­ioden der letzten Jahre war der Regen für die Natur und vor allem für die Wälder und das Grundwasse­r ein Segen. Die Entwicklun­g der Borkenkäfe­r hielt sich in Grenzen, die Allergiker

konnten die pollenarme Luft genießen, und nicht zuletzt erhielten die schmelzend­en Gletscher zumindest mal eine Verschnauf­pause.

Meteorolog­isch gesehen ging mit dem Mai bereits der Frühling zu Ende, der kälteste seit drei Jahrzehnte­n. Dank Schönwette­rhoch „Waltraud“allerdings recht versöhnlic­h, mit strahlende­m Sonnensche­in und angenehmer Wärme. Für den Sommer muss die kalte Witterung der letzten Wochen und Monate keineswegs ein schlechtes Omen sein. Ganz im Gegenteil, die Sonnenhung­rigen werden sicher noch auf ihre Kosten kommen und durchaus möglich, dass uns dann die Hitze auch mal zu viel sein wird.

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