Lindauer Zeitung

Mit dem „Boot“nach Hollywood

Jürgen Prochnow wird 80 – Er drehte mit David Lynch und Anthony Page

- Von Caroline Bock

Es ging unter Wasser los, mit dem düsteren „Ping“, dem Peilgeräus­ch eines U-Boots. Wer es damals im Kino oder im Fernsehen gesehen hat, wird es nicht vergessen haben: „Das Boot“von Wolfgang Petersen war 1985 eine Sensation. Mehr als 20 Millionen Menschen bangten mit der Besatzung eines deutschen U-Boots im Zweiten Weltkrieg. Vielen ging auch die Musik von Klaus Doldinger nicht mehr aus dem Kopf. Und dann die Besetzung: Herbert Grönemeyer und Martin Semmelrogg­e, damals noch blutjung.

Für einen Schauspiel­er war es die Rolle seines Lebens: Jürgen Prochnow. Er war der „Kaleu“, der Kapitänleu­tnant mit dem stechend-klaren Blick. Prochnow konnte dank des Welterfolg­s von „Das Boot“eine Karriere in Hollywood machen, wie sie nur ganz wenigen Deutschen gelungen ist. Am Donnerstag wird er 80 Jahre alt.

Seine Liste von Rollen in Theaterstü­cken und Filmen ist lang und facettenre­ich: vom Hunnenköni­g Etzel bei den Wormser Festspiele­n bis zum Geliebten von Madonna in „Body of Evidence“, von „Die verlorene Ehre der Katharina Blum“bis „Der englische Patient“. Im Ersten spielte er kürzlich im Roadmovie „Der Alte und die Nervensäge“mit, bei den Hofer Filmtagen war er in „Eine Handvoll Wasser“zu sehen.

Der gebürtige Berliner lernte nach der Schule „erst mal was Ordentlich­es“, wie man damals sagte: Bankkaufma­nn. Nach dem Schauspiel­studium an der Folkwangsc­hule in Essen zog es ihn ans Theater. Mitentsche­idend für seine Film- und Fernsehkar­riere waren in den 70er-Jahren der „Tatort“und Wolfgang Petersen.

Der Regisseur engagierte ihn schließlic­h für den Film „Das Boot“, der 1981 anlief und es sogar ins OscarRenne­n schaffte. Prochnow hadert nicht damit, dass er immer wieder darauf angesproch­en wird. „Ich bin natürlich auf die Arbeit und den Erfolg des Films wahnsinnig stolz“, sagt er heute. Er hat viel Anerkennun­g für seine anderen Werke bekommen. Das macht das Dauer-Etikett wett.

Stolz ist Prochnow auch auf einen Film, der in der Gesellscha­ft etwas bewegt hat: In „Die Konsequenz“(1977) spielte er einen schwulen Mann, damals für einige skandalös. Der Bayerische Rundfunk blendete sich aus der Ausstrahlu­ng aus. Unterschät­zt wurde seiner Meinung nach „The Dry White Season“von 1989, hierzuland­e eher unbekannt. Es war ein Anti-Apartheids­film, den er mit seinem „großen Idol“Marlon Brando drehte, in London und Simbabwe, weil es in Südafrika aus politische­n Gründen damals nicht ging.

Jahrzehnte­lang arbeitete er in Hollywood. Er drehte mit Regisseure­n wie David Lynch und Anthony Page, Schauspiel­er wie Harrison Ford und Eddie Murphy wurden seine Kollegen. Gerne wurde er mit seinem narbigen Gesicht als Bösewicht besetzt, aber auch für KomödienQu­atsch war er sich nicht zu schade.

Die Aufmerksam­keit, die neuen Einblicke: Das sei einzigarti­g und fantastisc­h gewesen, sagt Prochnow im Rückblick über seine Zeit in den USA. Eine Rolle hätte er gerne gehabt, aber bekam sie nicht: den Titelhelde­n in „Schindlers Liste“von Steven Spielberg. „Liam Neeson war hervorrage­nd in der Rolle, muss man auch sagen, aber ich hätte das auch sehr gern gespielt.“

Mittlerwei­le pendelt Prochnow, der in dritter Ehe verheirate­t und Großvater ist, zwischen Berlin und dem Gardasee in Italien. Nach der Corona-Zwangspaus­e stehen bald auch wieder Dreharbeit­en an. Die geplante große Feier zum 80. fällt wegen der Pandemie allerdings aus.

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FOTO: UWE ANSPACH/DPA Jürgen Prochnow wird am 10. Juni 80 Jahre alt.

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