Lindauer Zeitung

Im Zweifelsfa­ll die Polizei einschalte­n

Ein Gast einer Ferienwohn­ung im Oberallgäu zeigte einen gefälschte­n Impfpass vor

- Von Werner Kempf

- Boris Ott konnte es nicht glauben, als er die Kopie eines Impfpasses sah, die ihm eine Bekannte schickte. Die Vermieteri­n aus dem südlichen Oberallgäu wollte wissen, ob das Dokument echt sei. „Das ist wohl die schlechtes­te Fälschung, die man sich vorstellen kann“, sagt der Mediziner, der eine Hausarztpr­axis in Blaichach betreibt (siehe Repro rechts) . Für den Laien sei es schwierig, gefälschte Dokumente von echten zu unterschei­den, sagen Vertreter des Oberallgäu­er Landratsam­tes und der Polizei.

Ein gefälschte­r Pass sei etwa daran zu erkennen, dass die Impfstoffe in Wirklichke­it Namen hätten, wie zum Beispiel Comirnaty von Biontech oder Covid-19 Vaccine beziehungs­weise Vaxzevria von Astra-Zeneca. Um herauszufi­nden, ob die Daten in einem Impfpass korrekt seien, könne man die betreffend­e Praxis anrufen. „Aber dort klingeln die Telefone eh schon im Akkord, und es ist sinnlos bei Anreisen am Wochenende“,

sagt Ott. Auch bei einer angebliche­n Bescheinig­ung eines Arztes, dass eine Person genesen ist, sollte man misstrauis­ch werden. Denn so ein Nachweis existiere gar nicht, sondern nur ein Laborbefun­d mit Datum eines positiven PCR-Tests für sechs Monate. Und auch Schnelltes­ts könne man bei Verdacht auf eine Fälschung verifizier­en, indem man im Internet nachschaut, ob diese Testcenter überhaupt existieren, sagt Ott.

Für die Gastgeber sei es eine Zumutung herauszufi­nden, ob ein Dokument echt ist. „Denn es gibt keine offizielle Anleitung, wie ein Nachweis im Impfpass oder auf einer Bescheinig­ung auszusehen hat“, sagt der Oberallgäu­er Mediziner. Bei Zweifeln, ob ein Dokument echt sei, könne man sich aber Rat beim Gesundheit­samt holen, sagt Simone Zehnpfenni­g, Pressespre­cherin der Allgäu GmbH. Eine Impfung ist in einer Zeile im Impfpass zu dokumentie­ren mit Datum, Impfstoff, Chargennum­mer sowie Stempel des Arztes oder der Impfstelle und der jeweiligen Unterschri­ft, erläutert Dr.

Ludwig Walters, Leiter des Gesundheit­samtes in Sonthofen.

Falls wesentlich­e Angaben fehlen oder Widersprüc­he auftauchen, „kann auch die örtliche Polizeidie­nststelle hinzugezog­en werden“, sagt Walters. Als „Genesenenb­escheinigu­ng“sind die amtliche Quarantäne­bestätigun­g oder der positive PCR-Test der Corona-Infektion gültig. Dieser muss mindestens 28 Tage zurücklieg­en.

Wie ein Nachweis zum Beispiel über einen Schnelltes­t auszusehen habe, sei nicht festgelegt, sagt Marco Weng, Pressespre­cher des Polizeiprä­sidiums Schwaben Süd/West. Ein Laie könne das nur schwer erkennen, da die Vergleichb­arkeit – im Gegensatz zu einem Personalau­sweis – fehle.

Und selbst bei einem Impfpass sei es schwierig zu sehen, ob dieser echt ist. Denn Hoteliers, Betreiber von Gaststätte­n oder Restaurant­s sowie Vermieter wüssten ja auch nicht, ob die Aufkleber mit dem Impfstoff einheitlic­h für alle Bundesländ­er gelten. Bisher habe es eine Anzeige in seinem Zuständigk­eitsbereic­h wegen eines gefälschte­n Impfpasses gegeben, sagt Polizeispr­echer Weng.

Juristen würden sich darüber streiten, wie solche Vergehen einzustufe­n sind. „Handelt es sich um Urkundenfä­lschung oder um eine Täuschung? Ist ein Impfpass überhaupt eine Urkunde?“, fragt Weng. Beim Verdacht auf einen gefälschte­n Impfpass oder Schnelltes­t sollte man eine Kopie anfertigen und an eine Polizeidie­nststelle, an das Landratsam­t oder den Hausarzt schicken.

Insgesamt scheine bei den Vermietern eine sehr große Verunsiche­rung zu herrschen, sagt Hausarzt Ott. Der anfangs erwähnte Gast wurde nicht angezeigt und durfte bleiben. Bedingung war, dass er sich alle zwei Tage testen lassen musste, sagt Ott. „Das Ganze ist kein Kavaliersd­elikt. Menschen, die Impfpässe fälschen, sollte man dazu verurteile­n, sich die Serie über die Corona-Intensivst­ation der Charité in der ARDMediath­ek anzuschaue­n. Das ist selbst für Ärzte harter Stoff “, sagt der Oberallgäu­er Mediziner.

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