Im Epizentrum des Unwetters
In den Häfler Teilorten ist Feuerwehr im Dauereinsatz
- Mehrere Gewitter mit Starkregen, Hagel und Blitzschlag sind am Dienstagabend über den Bodenseekreis hinweg gezogen. Vor allem in und um Friedrichshafen waren die Feuerwehren im Dauereinsatz, zum Teil bis in die frühen Morgenstunden. In Kluftern, Efrizweiler, Unterraderach, Unterlottenweiler und Ettenkirch liefen Wohnungen, Keller und Garagen voll, auch Straßen wurden überschwemmt und waren zeitweise nicht mehr befahrbar. In Fischbach schlug zudem ein Blitz in ein Wohngebäude ein.
Besonders stark betroffen war der Ettenkircher Ortsteil Appenweiler, wo innerhalb kürzester Zeit so viel Regen fiel, dass ein Bach, über den Niederschläge normalerweise in die Kanalisation geleitet werden, ziemlich schnell nicht mehr in der Lage war, diese Aufgabe zu erfüllen. „Die Wassermassen waren immens“, berichtet Stadtbrandmeister Louis Laurösch. Und so verwandelte sich die parallel zum Bach verlaufende Straße in einen Fluss, der laut Laurösch die Ausmaße der Rotach annahm. Das Wasser lief durch mehrere Häuser und sammelte sich am tiefsten Punkt, einer Straßenkreuzung, die sich ebenso in einen See verwandelte wie eine etwa 200 Meter entfernte Buswendeplatte. Zwei dort parkende Fahrzeuge standen bis zur Motorhaube im Wasser.
Die Einsatzkräfte der Feuerwehr waren parallel an mehreren Fronten gefordert: Zum einen versuchten sie, die Wassermassen mithilfe von Sandsäcken zu kanalisieren und gezielt abzuleiten, zum anderen pumpten sie Keller aus, um zumindest noch zu verhindern, dass diese bis zur Decke volllaufen. Bis die letzten Feuerwehrkräfte in Appenweiler abrücken konnten, war es vier Uhr morgens. Von insgesamt 180 Aktiven der Feuerwehr waren laut einer Pressemitteilung der Stadt allein 55 in Appenweiler im Einsatz.
Unterstützt wurde die Feuerwehr Friedrichshafen, die mit allen Abteilungen im Einsatz war, von den Kollegen aus Meckenbeuren, Eriskirch, Langenargen und Markdorf. Erforderlich war laut Laurösch insbesondere Hilfe beim Transport von Sandsäcken und Pumpen, weil die Häfler Wehr mit ihren Fahrzeugen zeitweise an mehr als 40 Einsatzorten gefordert war. Denn auch in Kluftern,
TRAUERANZEIGEN
Efrizweiler, Unterraderach und Unterlottenweiler mussten Wohnungen, Keller und Tiefgaragen ausgepumpt werden. In ein Wohngebäude in Fischbach schlug der Blitz ein. Menschen wurden weder dort noch bei den anderen Einsätzen verletzt.
Bei Gartenbau Friedrich in Unterraderach standen die Kellerräume von drei Gebäuden unter Wasser, der Hagel beschädigte zudem die Freilandkulturen. Wie hoch diese Schäden sind, müsse erst geschätzt werden, sagt Inhaber Gerhard Friedrich. „Die Frage ist jetzt, ob die Pflanzen von einem Pilz befallen werden und wir mit Folgeschäden rechnen müssen“, meint er. Friedrich hat das Gefühl, mit seinem Betrieb im Epizentrum des Unwetters gestanden zu haben. „Es war wieder genau wie bei einem Unwetter vor vier Jahren“, sagt er.
Nicht anders als Gartenbau Friedrich ging es der gegenüber liegenden Firma Grossmann. „Sowas hatten wir noch nie. Unsere Keller waren zwischen 30 und 80 Zentimeter hoch mit Wasser vollgelaufen“, sagt Inhaber Michael Grossmann. Verhängnisvollerweise befindet sich im Keller das Warenlager. Das Wasser wurde abgepumpt, aber die beschädigten Waren müssten in Rücksprache mit der Versicherung abgeschrieben werden. „Kartons sind nass geworden, teilweise müssen wir das als Zweite Wahl verkaufen“, sagt Grossmann. Stolz ist er auf sein Team von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. „Ich habe am Dienstagabend in die Whatsapp-Gruppe unserer Firma geschrieben, wie es aussieht.
Eine Dreiviertelstunde später war fast die komplette Mannschaft da, um zu helfen. Ohne, dass ich darum gebeten hätte.“Bis nachts um zwei arbeitete Michael Grossmann mit seinem Team, und am Mittwochmorgen ging es um fünf Uhr schon wieder weiter. Weil durch das Wasser die Hauptsicherung den Geist aufgab, konnte Grossmann am Mittwoch erst um 10.30 Uhr öffnen. Das sei auch den zuständigen Handwerkern zu verdanken, sagt Michael Grossmann. „Sie standen Gewehr bei Fuß.“
In Ittenhausen, das vom großen Unwetter Ende Januar schwer getroffen worden war, hielt sich die Rotach diesmal im Zaum. „Die Rotach war hoch, aber nicht bedrohlich“, sagt Irmgard Steinberger, deren Grundstück direkt an die Rotach grenzt. Das Flussbett habe viel Wasser aufnehmen können, weil der Pegel vor dem Regen niedrig gewesen sei.
„Wir sind abends mit der Taschenlampe raus und haben nach dem Wasserstand geschaut – und konnten dann beruhigt ins Bett“sagt Irmgard Steinberger. Dass der Pegel der Rotach diesmal keine bedrohliche Höhe erreichte, führt Louis Laurösch auch darauf zurück, dass das Unwetter nicht vom Deggenhausertal, sondern aus Richtung Ravensburg über Friedrichshafen hereinbrach.
Am Mittwochnachmittag ging über Friedrichshafen erneut starker Regen nieder, bis zum frühen Abend musste die Feuerwehr aber nur noch einen weiteren vollgelaufenen Keller auspumpen.