Mehrheit der Gemeinderäte steht zum Häfler Flughafen
Finanzausschuss für Grundstücksverkauf – Grüne und Netzwerk erneuern Kritik an Planung des Airports
- Soll der Flughafen sein Grundstück verkaufen, um seinen Kopf aus der Insolvenzschlinge zu ziehen? Über diese Frage hat der Finanz- und Verwaltungsausschuss des Friedrichshafener Gemeinderats am Montagabend diskutiert – entlang der bekannten politischen Konfliktlinien. Am Ende sagten CDU, SPD, Freie Wähler und FDP ja, Grüne und Netzwerk nein. Die ÖDP enthielt sich.
Zu Beginn der Sitzung im GrafZeppelin-Haus stellte Flughafengeschäftsführer Claus-Dieter Wehr die aktuelle Finanzplanung des Airports vor, die er in der vergangenen Woche bereits der Presse präsentiert hatte. Demnach braucht das Unternehmen bis zum Jahr 2025 fast 44 Millionen Euro, das sind 8,8 Millionen im Jahr. Im Herbst 2020 war man noch von 7,1 Millionen Euro jährlich ausgegangen, 35,3 Millionen in Summe.
Der erhöhte Bedarf ist vor allem auf die zweite und dritte Coronawelle zurückzuführen, die die Flugzeuge weltweit fast komplett am Boden hielt. Positiv für den Airport: Übernimmt der Bund wie angekündigt und wie bei großen Flughäfen üblich die Kosten für die Flugsicherung, vermindert sich der jährliche Bedarf auf 6,3 Millionen Euro.
Ab 2024 will der Flughafen, der zu je knapp 40 Prozent der Stadt Friedrichshafen und dem Bodenseekreis gehört, laut Claus-Dieter Wehr operativ eine schwarze Null schreiben. Dies sei mit etwa 470 000 Passagieren im Jahr möglich. Steigt die Zahl wie geplant auf 545 000, dann sind in der Zukunft auch Investitionen drin, ohne Hilfe durch Gesellschafter oder Banken.
Um sein Finanzloch zu schließen, setzt der Flughafen zum einen auf 17,3 Millionen Euro, die Gemeinderat und Kreistag bereits im Herbst 2020 in Aussicht gestellt haben, sowie auf 6,1 Millionen Euro von mehreren privaten Gesellschaftern. Zudem soll das 1,6 Millionen Quadratmeter große Airportgrundstück für 21,7 Millionen Euro verkauft werden – am liebsten an die öffentliche Hand. Ob Stadt, Kreis, Gemeinde Meckenbeuren oder ein Unternehmen aus dem Dunstkreis von Stadt und Zeppelin-Stiftung als Käufer in Frage kommen, ist noch offen.
Der Grundstücksdeal löse nicht nur die aktuellen Finanzprobleme. Er helfe auch dabei, die Zustimmung der Europäischen Union zur Sanierung des Flughafens zu erhalten. Die EU wacht mit Argusaugen darüber, dass Regionalflughäfen in solchen Fällen nicht nur von der öffentlichen Hand gestützt werden, sondern auch einen beträchtlichen Eigenanteil einbringen. Anschließend sollen Grund und Gebäude sofort zurückgemietet werden – für knapp eine Million Euro im Jahr. Bei der finalen Abstimmung in dieser Frage, die am 21. und 23. Juni
Felix Bohnacker von den Grünen im Gemeinderat und im Kreistag ansteht, geht es um den Erhalt des Airport „und um nichts weniger“, so Wehr.
Grüne und Netzwerk erneuerten ihre Kritik an der Planung des Unternehmens und an einem Gutachten der Unternehmensberatung Roland Berger, die ihr zugrunde liegt. Das Papier sei unzureichend gewesen, die Zahlen viel zu optimistisch. Dies gelte auch für die aktuelle Planung, so Jürgen Holeksa vom Netzwerk. Er listete auf, dass sich der Flugverkehr in den ersten vier Monaten des Jahres 2020 zum Vergleichszeitraum 2020 deutschlandweit um 80 Prozent reduziert habe, in Friedrichshafen aber um 90 Prozent, in Memmingen nur um 70 Prozent. Der Vergleich mit Memmingen hinke, sagte Geschäftsführer Wehr, weil dort fast nur LowCost-Verkehr stattfinde, der gemeinhin politisch eher abgelehnt werde. Die Kritik am Berger-Gutachten wies er ebenso zurück. Bei der Erstellung im Sommer 2020 seien eine zweite und dritte Coronawelle nicht vorhersehbar gewesen.
Felix Bohnacker von den Grünen forderte die Wirtschaft auf, sich stärker für den Airport zu engagieren. Aus der grundsätzlichen Skepsis dem Bodensee-Airport gegenüber machte seine Fraktion keinen Hehl. „Wir brauchen endlich ein belastbares Ausstiegsszenario“, sagte Gemeinderat Bohnacker.
Seitens der Flughafenbefürworter zitierte Achim Baumeister (Freie Wähler) eine Bauernregel, um die Zustimmung zu den Verkaufsplänen zu untermauern: „Liebe und Regen vergeht, Hektar besteht.“
„Wir brauchen endlich
ein belastbares Ausstiegsszenario.“