Bundestagswahl entzweit Koalitionspartner
FW-Chef Aiwanger antwortet auf Blumes Attacke mit Vergeltungsschlag
- Die anstehende Bundestagswahl entzweit nicht nur die Koalitionspartner Union und SPD in Berlin, auch im bayerischen Regierungsbündnis von CSU und Freien Wählern (FW) knirscht es immer vernehmlicher. Unmittelbar vor der am Samstag in Nürnberg stattfindenden FW-Landesversammlung kritisierte CSU-Generalsekretär Markus Blume den Partner wegen seiner Bestrebungen, in den Bundestag zu kommen, heftig. Dessen Vorsitzender Hubert Aiwanger schlug nicht weniger deftig zurück: „Wir brauchen nicht die Erlaubnis der CSU, um für den Bundestag kandidieren zu dürfen.“
Sofern die FW bei Umfragen zur Bundestagswahl überhaupt separat ausgewiesen werden, taxieren sie die Meinungsforschungsinstitute in etwa bei drei Prozent der Stimmen. Zu wenig, um den angestrebten Einzug in den Bundestag zu schaffen, aber möglicherweise genug, um der Union genug Stimmen abzujagen, um aus der Wahl doch nicht als stärkste Partei vor den Grünen hervorzugehen. Denn Union und FW werben um dieselben eher konservativen Wählerschichten. Bei den FW hofft man darauf, dass sich die Demoskopen bei der Bundestagswahl ebenso verrechnen wie beim Wahlgang in Sachsen-Anhalt und früheren Abstimmungen.
CSU-Chef Markus Söder macht sich schon seit längerer Zeit über die bundespolitischen Ambitionen der FW und ihres Vorsitzenden Aiwanger lustig, seinem Generalsekretär Markus Blume betrachtet den
Vorgang inzwischen weniger spaßig. Die Kandidatur der Freien Wähler werde dazu führen, dass der Union am Ende „die entscheidenden Stimmen fehlen“, sagte Blume in einem Interview mit unserer Zeitung: „Die Freien Wähler schwächen und spalten das bürgerliche Lager.“
FW-Chef Aiwanger reagierte gereizt auf Blumes Attacke: „Herr Blume sollte in den Spiegel schauen, bevor er uns Freien Wählern Vorwürfe macht, die auf die CSU mehr zutreffen als auf uns.“Im Gegensatz zur CSU habe er sich bereits gegen eine Koalition mit den Grünen ausgesprochen, „während sich die CSU seit einem Jahr den Grünen nahezu aufdrängt“, so der bayerische VizeMinisterpräsident. Eigentlich, so Aiwanger, „müsste uns die Union unterstützen anstatt bekämpfen, weil nur dadurch überhaupt eine bürgerliche Koalition möglich wäre. Aber offenbar wäre die CSU lieber in einer Berliner Koalition mit Habeck und Baerbock als mit Aiwanger“.
An diese Möglichkeit glaubt man in der CSU allerdings nicht. Der Traum Aiwangers, in den Bundestag einzuziehen und womöglich Außenminister zu bleiben, werde „ein Traum bleiben“, konstatierte CSUGeneral Blume kühl und bescheinigte Aiwanger als bayerischem Wirtschaftsminister unverständliche Amtsmüdigkeit: „Dabei ist sein Ministerium doch so groß und vielfältig. Da gibt es jenseits von Landwirtschaft und Gastwirtschaft noch viel zu entdecken“, stichelte Blume, wohl wissend, dass der Landwirt Aiwanger für Landwirtschaft gar nicht zuständig ist, sich aber regelmäßig Übergriffe in das Ressort von Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU) erlaubt und außerdem für weitaus mehr Verantwortung trägt als nur für die Gasthäuser im Freistaat.
Wenn Blume Bestrebungen in Richtung Berlin als Amtsmüdigkeit interpretiere, dann würde das wohl auch auf seinen Chef Söder gelten, der auch nach Berlin wollte, schlug Aiwanger zurück. Er werde jedenfalls nicht bereit stehen, um eine grüne Kanzlerin in den Sattel zu hieven. Doch genau das wirft der CSUGeneralsekretär dem bayerischen Koalitionspartner vor: „Jede Stimme für die Freien Wähler bringt die Grünen näher ans Kanzleramt.“
Der eskalierte Schlagabtausch wirft die Frage auf, wie CSU und Freie Wähler noch zweieinhalb Jahre einträchtig in Bayern regieren wollen, denn die schwarz-orangene Koalition steht gerade erst in der Mitte der Legislaturperiode. Da wiederum gibt sich CSU-General Blume milde: Bayern stehe trotz der Corona-Krise „exzellent“da. Und dann kommt doch wieder der auf Attacke gebürstete Partei-General durch: „Die Freien Wähler hadern nach zweieinhalb Jahren immer noch mit der Regierungsbank. Sie müssen sich entscheiden, ob sie eine Dafür- oder eine Dagegen-Partei sind.“