Lindauer Zeitung

Bundestags­wahl entzweit Koalitions­partner

FW-Chef Aiwanger antwortet auf Blumes Attacke mit Vergeltung­sschlag

- Von Ralf Müller

- Die anstehende Bundestags­wahl entzweit nicht nur die Koalitions­partner Union und SPD in Berlin, auch im bayerische­n Regierungs­bündnis von CSU und Freien Wählern (FW) knirscht es immer vernehmlic­her. Unmittelba­r vor der am Samstag in Nürnberg stattfinde­nden FW-Landesvers­ammlung kritisiert­e CSU-Generalsek­retär Markus Blume den Partner wegen seiner Bestrebung­en, in den Bundestag zu kommen, heftig. Dessen Vorsitzend­er Hubert Aiwanger schlug nicht weniger deftig zurück: „Wir brauchen nicht die Erlaubnis der CSU, um für den Bundestag kandidiere­n zu dürfen.“

Sofern die FW bei Umfragen zur Bundestags­wahl überhaupt separat ausgewiese­n werden, taxieren sie die Meinungsfo­rschungsin­stitute in etwa bei drei Prozent der Stimmen. Zu wenig, um den angestrebt­en Einzug in den Bundestag zu schaffen, aber möglicherw­eise genug, um der Union genug Stimmen abzujagen, um aus der Wahl doch nicht als stärkste Partei vor den Grünen hervorzuge­hen. Denn Union und FW werben um dieselben eher konservati­ven Wählerschi­chten. Bei den FW hofft man darauf, dass sich die Demoskopen bei der Bundestags­wahl ebenso verrechnen wie beim Wahlgang in Sachsen-Anhalt und früheren Abstimmung­en.

CSU-Chef Markus Söder macht sich schon seit längerer Zeit über die bundespoli­tischen Ambitionen der FW und ihres Vorsitzend­en Aiwanger lustig, seinem Generalsek­retär Markus Blume betrachtet den

Vorgang inzwischen weniger spaßig. Die Kandidatur der Freien Wähler werde dazu führen, dass der Union am Ende „die entscheide­nden Stimmen fehlen“, sagte Blume in einem Interview mit unserer Zeitung: „Die Freien Wähler schwächen und spalten das bürgerlich­e Lager.“

FW-Chef Aiwanger reagierte gereizt auf Blumes Attacke: „Herr Blume sollte in den Spiegel schauen, bevor er uns Freien Wählern Vorwürfe macht, die auf die CSU mehr zutreffen als auf uns.“Im Gegensatz zur CSU habe er sich bereits gegen eine Koalition mit den Grünen ausgesproc­hen, „während sich die CSU seit einem Jahr den Grünen nahezu aufdrängt“, so der bayerische VizeMinist­erpräsiden­t. Eigentlich, so Aiwanger, „müsste uns die Union unterstütz­en anstatt bekämpfen, weil nur dadurch überhaupt eine bürgerlich­e Koalition möglich wäre. Aber offenbar wäre die CSU lieber in einer Berliner Koalition mit Habeck und Baerbock als mit Aiwanger“.

An diese Möglichkei­t glaubt man in der CSU allerdings nicht. Der Traum Aiwangers, in den Bundestag einzuziehe­n und womöglich Außenminis­ter zu bleiben, werde „ein Traum bleiben“, konstatier­te CSUGeneral Blume kühl und bescheinig­te Aiwanger als bayerische­m Wirtschaft­sminister unverständ­liche Amtsmüdigk­eit: „Dabei ist sein Ministeriu­m doch so groß und vielfältig. Da gibt es jenseits von Landwirtsc­haft und Gastwirtsc­haft noch viel zu entdecken“, stichelte Blume, wohl wissend, dass der Landwirt Aiwanger für Landwirtsc­haft gar nicht zuständig ist, sich aber regelmäßig Übergriffe in das Ressort von Landwirtsc­haftsminis­terin Michaela Kaniber (CSU) erlaubt und außerdem für weitaus mehr Verantwort­ung trägt als nur für die Gasthäuser im Freistaat.

Wenn Blume Bestrebung­en in Richtung Berlin als Amtsmüdigk­eit interpreti­ere, dann würde das wohl auch auf seinen Chef Söder gelten, der auch nach Berlin wollte, schlug Aiwanger zurück. Er werde jedenfalls nicht bereit stehen, um eine grüne Kanzlerin in den Sattel zu hieven. Doch genau das wirft der CSUGeneral­sekretär dem bayerische­n Koalitions­partner vor: „Jede Stimme für die Freien Wähler bringt die Grünen näher ans Kanzleramt.“

Der eskalierte Schlagabta­usch wirft die Frage auf, wie CSU und Freie Wähler noch zweieinhal­b Jahre einträchti­g in Bayern regieren wollen, denn die schwarz-orangene Koalition steht gerade erst in der Mitte der Legislatur­periode. Da wiederum gibt sich CSU-General Blume milde: Bayern stehe trotz der Corona-Krise „exzellent“da. Und dann kommt doch wieder der auf Attacke gebürstete Partei-General durch: „Die Freien Wähler hadern nach zweieinhal­b Jahren immer noch mit der Regierungs­bank. Sie müssen sich entscheide­n, ob sie eine Dafür- oder eine Dagegen-Partei sind.“

 ?? FOTO: PETER KNEFFEL/DPA ?? Der Ton zwischen den Koalitions­parteien von Markus Söder (li. CSU), Ministerpr­äsident von Bayern, und Hubert Aiwanger (Freie Wähler), stellvertr­etender Ministerpr­äsident und Staatsmini­ster für Wirtschaft, Landentwic­klung und Energie, wird zunehmend rauer.
FOTO: PETER KNEFFEL/DPA Der Ton zwischen den Koalitions­parteien von Markus Söder (li. CSU), Ministerpr­äsident von Bayern, und Hubert Aiwanger (Freie Wähler), stellvertr­etender Ministerpr­äsident und Staatsmini­ster für Wirtschaft, Landentwic­klung und Energie, wird zunehmend rauer.

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