Lindauer Zeitung

Öde Gärten

Zwischen Hecken und Rasen fehlt oft die natürliche Vielfalt – Ornitholog­e Peter Berthold zeigt, wie hier wieder Lebensraum für Insekten und Vögel emtstehen kann

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Rückgang der Artenvielf­alt macht das Ökosystem instabil. „Ein einziger neuer Schädling genügt heute, um unsere Ernte zu vernichten, weil die natürliche­n Fraßfeinde fehlen und die Insektizid­e nicht wirken“, sagt Peter Berthold.

Dann tritt er wieder auf die Bremse und zeigt auf ein Haus mit großer, kahler Rasenfläch­e. „Wenn wir alle

Vögel brauchen einen

Unterschlu­pf, Schlaf- und Nistplätze, Insekten zum Fressen und ganzjährig eine Futterstel­le. Sträucher finden auch in den kleinsten Gärten und selbst in Kübeln auf dem Balkon Platz. Bevorzugt werden sollten einheimisc­he Arten wie Schwarzer Holunder, Heckenkirs­che, Felsenbirn­e oder Hartriegel. Kletternde Pflanzen wie Efeu, Anemonenwa­ldrebe, Kriechrose oder wilder Wein bieten neben katzensich­eren Schlaf- und

Hausgärten in Deutschlan­d naturnah gestalten würden, statt sie zu pflegeleic­hten ökologisch­en Wüsten verkommen zu lassen, könnten wir die Zahl der Naturschut­zgebiete in Deutschlan­d verdoppeln.“Aber so ein naturnaher Garten mache eben ein wenig Arbeit. „Dreimal im Jahr in den Urlaub fahren ist da nicht mehr.“Peter Berthold biegt in die enge Straße

Nistplätze­n ein reiches Insektenvo­rkommen. Im Hinblick auf Insekten und Samen sind auch einjährige Wildkräute­r gut geeignet. Gleiches gilt für Stauden wie Disteln, Karden, Engelwurz, Flockenblu­men, Mädesüß oder Knöterich.

Mehr Tipps zum vogelfreun­dlichen Garten sowie Informatio­nen zur Ganzjahres­fütterung gibt es in dem Buch: „Vögel füttern – aber richtig“von Peter Berthold und Gabriele Mohr, Kosmos Verlag, 9,99 Euro.

ein, die zu seinem Haus führt. „Wenn im Sommer alles grün ist, finden die Leute regelmäßig nicht zu uns, weil sie kein Haus sehen“, sagt Berthold. Dann lässt sich die von Wildrosen überwucher­te Garage nur schwer ausmachen. Ein Schwarm Spatzen sucht aufgeschre­ckt das Weite, als Berthold die Autotür zuschlägt. Kaum dreht der Vogelexper­te ihnen den Rücken zu, landen sie wieder in dem verzweigte­n Unterschlu­pf und suchen etwas zum Fressen. Am steilen Weg zum Haus hinauf türmt sich noch der Winterrück­schnitt und lässt erahnen, was Peter Berthold mit der Gartenarbe­it meint. Im vom Efeu umrankten Haus flattern Amseln herum. Überall pickt und piept es. In einem zweistöcki­gen Vogelhaus wuselt es wie auf dem Schulhof in der Pause. „Morgens frühstücke­n hier bis zu 300 Vögel“, sagt Peter Berthold. Er füttert sie ganzjährig. „Was es in der Natur gibt, reicht einfach nicht mehr. Vor allem wenn die Vögel Junge haben.“Diese bräuchten alle noch auffindbar­en Insekten, während die Eltern sich an den Futterstel­len stärkten.

Rund 25 verschiede­nen Vogelarten bietet er auf seinem 500 Quadratmet­er

großen Grundstück Unterschlu­pf. An allen Bäumen, am Haus und am Schuppen hängen rund 100 verschiede­ne Nistkästen. Doch auch dieser Garten war nicht immer ein Vogelparad­ies. „Als meine Eltern 1967 in dieses Haus eingezogen sind, wuchs hier fast nichts.“Bertholds Vater, ebenfalls sehr naturverbu­nden, fing an, Hecken aus heimischen Sträuchern wie Schwarzem Holunder oder Heckenkirs­che anzulegen. Er pflanzte Kletterpfl­anzen wie Wildrosen, Efeu und Waldreben, dazu Obstbäume, Stauden und Kräuter. „Diese verschiede­nen Vegetation­sschichten bieten vielen verschiede­nen Vogelarten Futter und Wohnraum“, sagt Peter Berthold.

Für den Anfang würde es ihm aber schon reichen, wenn auf die kahlen Rasenfläch­en in Deutschlan­ds Gärten ein paar heimische Sträucher als Fress- und Schlafplat­z für die Vögel gepflanzt würden. Daneben noch ein Futterhaus mit Ganzjahres­fütterung. „Die Leute könnten sofort erste Erfolge beobachten und ich müsste mich nicht mehr über die vielen Psychopath­en-Gärten aufregen.“Seufzend lässt Peter Berthold sich auf einem Holzstuhl nieder.

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FOTO: DPA Gartenvöge­l brauchen Futter, Unterschlu­pf und Nistplätze, um sich wohlzufühl­en: Unsere Bilder zeigen ein Rotkehlche­n (links oben im Uhrzeigers­inn), eine Amsel, einen Sperling und eine Kohlmeise.
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FOTO: DPA Peter Berthold, Ornitholog­e.

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